Otto Schmidt Verlag

News


ArbG Suhl v. 25.10.2023 - 6 Ca 592/23
Will ein Arbeitgeber die Beschäftigung eines Arbeitnehmers von dessen gesundheitlicher Eignung abhängig machen, so hat er die Kriterien, die zu einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses führen sollen, genau festzulegen. Die Klausel muss die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschreiben, dass für den Arbeitgeber keine unangemessenen Beurteilungsspielräume bleiben.

Aktuell in der ZFA
Zu den Vorhaben der Ampel-Bundesregierung gehört die Schaffung eines Bundestariftreuegesetzes. Damit soll die Teilnahme an der öffentliche Auftragsvergabe des Bundes an die Einhaltung tariflicher Arbeitsbedingungen gebunden werden. Ein solches Gesetzgebungsprojekt muss sich an den Grenzen sowohl des Unionsrechts als auch des nationalen Verfassungsrechts messen lassen. Auf Unionsebene sind die Vorgaben des reformierten Entsenderechts sowie die primärrechtlich garantierte Dienstleistungsfreiheit maßgeblich. Im nationalen Verfassungsrecht steht der Schutz der Arbeitsvertragsfreiheit im Mittelpunkt. Daneben geht es um die Reichweite der Koalitionsfreiheit in ihrer positiven und negativen Ausprägung sowie um die Konsequenzen aus dem Demokratieprinzip.

LSG Baden-Württemberg v. 13.9.2023, L 8 U 1620/22
Eine sog. Verrichtung mit gemischter Motivationslage erfüllt nur dann den Tatbestand der versicherten Tätigkeit i.S.d. sog. Wegeunfalls, wenn das konkrete Geschehen hypothetisch auch ohne die private Motivation des Handelns vorgenommen worden wäre. Der Sturz bei einer Radtour mit einem Bekannten, der als Arbeitnehmer angeworben werden soll, erfüllt letztlich nicht die Voraussetzungen eines versicherten Arbeitsunfalls.

Das Rentenniveau und der Beitragssatz zur Rentenversicherung bleiben stabil. Das geht aus dem Rentenversicherungsbericht 2023 hervor. Grund ist die positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt.

LAG Sachsen-Anhalt v. 8.11.2023 - 5 Ta 31/22
Macht die Partei deutlich, dass auf jeden Fall ein unbedingter Antrag gewollt ist, kann nicht im Wege der Auslegung von einem Hilfsantrag ausgegangen werden. Ein Weiterbeschäftigungsantrag als unbedingter Antrag ist in der Regel mutwillig i.S.d. § 114 Abs. 2 ZPO. Jedenfalls bei einer anwaltlich vertretenen Partei besteht keine Hinweispflicht des Gerichts.

Am 24.11.2023 hat der Bundesrat dem Zukunftsfinanzierungsgesetz zugestimmt. Das Gesetz beinhaltet auch eine starke Erhöhung der Einkommensgrenzen bei der Arbeitnehmer-Sparzulage. Dadurch wird auch der Kreis der Anspruchsberechtigten erweitert.

Zukünftig erhalten Studierende in der Pflege für die gesamte Dauer ihres Studiums eine angemessene Vergütung. Der Bundesrat stimmte am 24.11.2023 dem vom Bundestag beschlossenen Pflegestudiumstärkungsgesetz zu. Ziel des Gesetzes ist es, mehr Menschen zur Aufnahme eines Pflegestudiums zu bewegen und langfristig die Akademiker-Quote in der Pflegeausbildung anzuheben.

Für das Jahr 2024 hat die Centrale für Mediation (CfM) erneut den mit 2.500 € dotierten Mediations-Wissenschaftspreis und den mit 1.000 € dotierte Förderpreis Mediation ausgelobt. Außerdem wurden die Bedingungen für die Verleihung des Sokrates-Preises neu gefasst. Mit dem Sokrates-Preis werden traditionell herausragende Persönlichkeiten für ihr Lebenswerk ausgezeichnet.

Aktuell im ArbRB
Die „moderne Arbeitswelt“ hat der Praxis nicht nur Remote Work, Desksharing und neue Fragen rund um den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) beschert, sondern wirkt sich auch massiv auf den Betriebsbegriff und die betriebliche Mitbestimmung aus. Welche Herausforderungen damit für moderne Betriebsratsarbeit verbunden sind, wird daher auch ein Schwerpunktthema des 6. Deutschen Arbeitsrechtstags der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im DAV (v. 31.1-2.2.2024 in Berlin) sein. Der Beitrag gibt erste Impulse für ein modernes Verständnis des traditionellen Betriebsbegriffs.

Ab 18.11.2023 greift die erste Stufe des neuen "Fachkräfteeinwanderungsgesetzes". So gilt dann etwa für Arbeitskräfte, die über die "Blaue Karte" einreisen, eine niedrigere Gehaltsschwelle. Fachkräfte aus nicht-reglementierten Berufen, deren ausländischer Abschluss in Deutschland anerkannt ist, können nun auch in anderen Branchen arbeiten.

Das Bundeskabinett hat die von Bundesminister Hubertus Heil vorgelegte Vierte Mindestlohnanpassungsverordnung beschlossen. Damit wird der gesetzliche Mindestlohn zum 1.1.2024 zunächst auf 12,41 € brutto je Zeitstunde angehoben und steigt in einem weiteren Schritt zum 1.1.2025 auf 12,82 € brutto je Zeitstunde.

ArbG Rostock v. 19.7.2023 - 4 BV 20/22
Bei einer Versetzung von Redakteuren einer Zeitung vom Homeoffice ins Büro nach dem Ende der Corona-Pandemie hat der Betriebsrat kein Zustimmungsverweigerungsrecht nach § 99 Abs. 2 BetrVG. Die Beteiligungsrechte des Betriebsrats müssen in Presseunternehmen insoweit zurücktreten, als durch ihre Ausübung die Freiheit des Verlegers zur Tendenzbestimmung und Tendenzverwirklichung ernsthaft beeinträchtigt und damit das Grundrecht der Pressefreiheit verletzt werden kann.

FG Münster v. 24.10.2023 - 1 K 1990/22 E
Jedenfalls bei vorheriger Vereinbarung eines Kapitalwahlrechts kommt die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 34 Abs. 1 EStG für die Einmalauszahlung einer Rente nicht in Betracht.

Hessisches LAG v. 18.10.2023 - 6 SaGa 882/23
Der bei den Skyliners bis zum 30.6.2024 unter Vertrag stehende Basketballprofi Nolan Adekunle blieb in dem von ihm eingeleiteten Eilverfahren auch vor dem Hessischen LAG ohne Erfolg, da sein Vertrag wirksam befristet worden sei. In diesem Verfahren hat er die Vertragsbeendigung zum 30.6.2023 und die Freigabe seiner Spielerlizenz durch die Skyliners geltend gemacht. Hintergrund ist der Abstieg der Skyliners in die 2. Basketball-Bundesliga und ein dem Spieler vorliegendes Angebot des Erstligisten Niners Chemnitz.

Thüringer LAG v. 24.10.2023 - 1 TaBV 25/21
Eine mangels Übermittlung der Tagesordnung verfahrensfehlerhafte Ladung zu einer Betriebsratssitzung kann durch die im Übrigen ordnungsgemäß geladenen Mitglieder und Ersatzmitglieder des Betriebsrats in der Betriebsratssitzung geheilt werden, wenn der Betriebsrat beschlussfähig i.S.d. § 33 Abs. 2 BetrVG ist und die Anwesenden einstimmig beschließen, über einen Regelungsgegenstand zu beraten und abzustimmen. Nicht erforderlich ist, dass an dieser Sitzung alle Betriebsratsmitglieder teilnehmen. Hierbei ist es nicht erforderlich, über die Ergänzung der Tagesordnung getrennt abzustimmen. Vielmehr ist es ausreichend, dass niemand der Beschlussfassung über den neuen Tagesordnungspunkt widerspricht.

Aktuell im ArbRB
Nach dem Überfall der Hamas auf israelisches Gebiet und den zwischenzeitlich erfolgten Gegenschlägen ist zu erwarten, dass es auch in deutschen Betrieben zu politischen Stellungnahmen kommt. Werden dabei die Grenzen der Meinungsfreiheit überschritten, stellt sich die Frage nach arbeitsrechtlichen Konsequenzen. Der Beitrag behandelt das schwierige Verhältnis von Meinungsfreiheit und Betriebsfrieden im Kontext politischer Äußerungen, ordnet gängige propalästinensische Parolen rechtlich ein und untersucht, wann Maßnahmen des Arbeitgebers und des Betriebsrats erfolgversprechend sind.

LAG Hamm v. 4.10.2023 - 17 Ta 252/23
Die Mandatierung eines Rechtsanwalts als zusätzlichen Prozessbevollmächtigten neben einem Gewerkschaftsvertreter ist im Berufungsverfahren grundsätzlich nicht mehr als zweckentsprechend i.S.v. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO anzusehen, wenn sie nach Eingang der Berufungsbegründung und der Berufungserwiderung und nach Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung erfolgt.

LAG Hamm v. 8.9.2023 - 13 Sa 20/23
Bei einer Kündigung in der Wartezeit ist die Substantiierungspflicht nicht an den objektiven Merkmalen der Kündigungsgründe des noch nicht anwendbaren § 1 KSchG, sondern allein an den Umständen zu messen, aus denen der Arbeitgeber subjektiv seinen Kündigungsentschluss herleitet. Dies folgt aus dem Grundsatz der subjektiven Determination.

LAG München v. 23.10.2023, 3 Ta 178/23
Streiten die Parteien über die Wirksamkeit eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots, ist der Gegenstandswert bzw. Streitwert nach dem wirtschaftlichen Interesse der Klagepartei festzusetzen. Mangels anderer Anhaltspunkte bemisst sich dieses bei einem Arbeitnehmer nach der vom Arbeitgeber während der Laufzeit des Wettbewerbsverbots zu zahlenden Entschädigung bzw., wenn eine solche nicht vereinbart ist, in Höhe der gesetzlichen.

Aktuell im ArbRB
Die Einführung von IT-Systemen im internationalen Konzern stellt die deutsche Personalabteilung häufig vor Probleme. Bei der Verarbeitung von Daten sind die Vorgaben des Datenschutzrechts zu beachten. Zugleich dauert die Einführung in Deutschland aufgrund der betrieblichen Mitbestimmung häufig länger als in anderen Ländern. Der Beitrag nimmt die genannten Problembereiche in den Blick und bietet Lösungsansätze für Digitalisierungsstrategien.

LAG Baden-Württemberg v. 28.7.2023 - 9 Sa 73/21
Der Arbeitnehmer kann nach Art. 17 Abs. 1 DSGVO nach Ende des Arbeitsverhältnisses regelmäßig die Löschung (Entfernung) einer Abmahnung aus der Personalakte verlangen, entschied LAG Baden-Württemberg. Es vertritt damit einen anderen Standpunkt als das sächsische LAG.

LAG Berlin-Brandenburg v. 26.10.2023 - 26 Ta (Kost) 6085/23
Nach § 8 Absatz 1 Satz 2 RVG sollen die in einem gerichtlichen Verfahren tätigen Anwältinnen und Anwälte ihre Vergütung nicht nur und erst dann geltend machen können, wenn der Auftrag erledigt oder die Angelegenheit beendet ist, sondern u.a. auch dann, wenn das Verfahren mehr als drei Monate geruht hat. Die Kammer schließt sich der Auffassung an, nach der insoweit auch ein drei Monate andauernder Stillstand des Verfahrens genügt. Entscheidend ist dabei aber, dass das Gericht zu erkennen gegeben hat, dass es das Verfahren von sich aus bis auf Weiteres nicht weiter betreiben will.

Das Bundeskabinett hat am 1.11.2023 den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes beschlossen, um mehr Rechtssicherheit bei der Vergütung von Betriebsratsmitgliedern zu schaffen.

BVerfG v. 22.9.2023 - 1 BvR 422/23
Das BVerfG hat einer Verfassungsbeschwerde stattgegeben, die sich gegen eine sozialgerichtliche Entscheidung über die Höhe der Belastungsgrenze für Zuzahlungen zu Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung richtet. Die Sache wird an das Sozialgericht zurückverwiesen.

BAG v. 21.6.2023 - 7 AZR 234/22
Der Antrag auf Bestimmung eines Termins zur streitigen Verhandlung iSd. § 54 Abs. 5 Satz 2 ArbGG kann erst wirksam gestellt werden, nachdem das Gericht das Ruhen des Verfahrens wegen des Nichterscheinens beider Parteien in der Güteverhandlung angeordnet hat.

LSG NRW v. 19.10.2023 - L 9 AL 43/22
Beschäftigten von ausländischen Fluggesellschaften, die aufgrund der Einschränkungen des Flugverkehrs während der Corona-Pandemie ihren Betrieb drastisch einschränken mussten, steht Kurzarbeitergeld in Millionenhöhe zu. Die Unterhaltung von "Heimatbasen" an deutschen Flughäfen ist für einen Anspruch ausreichend.

BSG v. 24.10.2023 - B 12 R 9/21 R
Ein Zahnarzt, der als sog. "Pool-Arzt" im Notdienst tätig ist, geht nicht deshalb automatisch einer selbstständigen Tätigkeit nach, weil er insoweit an der vertragszahnärztlichen Versorgung teilnimmt. Maßgebend sind vielmehr - wie bei anderen Tätigkeiten auch - die konkreten Umstände des Einzelfalls.

Aktuell im ArbRB
Nachdem in der August-Ausgabe (ArbRB 2023, 243) Steffan dargestellt hat, welcher Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zukommt, in welchen Fallkonstellationen dieser Beweiswert erschüttert sein kann und welche allgemeinen Reaktionsmöglichkeiten für den Arbeitgeber bestehen, vertieft und konkretisiert dieser Beitrag die unternehmensseitigen Handlungsoptionen und gibt Arbeitgebern bzw. ihren Vertretern ein Musterschreiben an die Hand.

BVerfG v. 18.10.2023 - 1 BvR 1796/23
Das BVerfG hat einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt, mit dem sich ein Anwaltsnotar gegen das Erlöschen seines Notaramtes durch Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze für Notare wendet. Wird die Aussetzung des Vollzugs eines Gesetzes begehrt, gelten für den Erlass einer einstweiligen Anordnung besonders hohe Hürden. Die hier vorgetragenen Nachteile, die dem Anwaltsnotar in der Zeit bis zur Entscheidung der Hauptsache entstehen, sind zwar gewichtig; sie erfüllen diese strengen Voraussetzungen jedoch nicht.

Die Regelsätze für Bürgergeld und Sozialhilfe steigen ab Januar 2024 um gut 12 %. Der Bundesrat stimmte am 20.10.2023 einer entsprechenden Verordnung der Bundesregierung zu. Sie kann daher wie geplant zum neuen Jahr in Kraft treten.

LSG Niedersachsen-Bremen v. 13.10.2023 - L 13 AS 185/23 B ER
Das LSG Niedersachsen-Bremen hat entschieden, dass das Jobcenter bei besonders schwer verfügbaren, behindertengerechten Wohnungen auch Kosten oberhalb der Angemessenheitsgrenze übernehmen muss.

LSG Baden-Württemberg v. 25.9.2023 - L 1 U 954/23
Die Verarbeitung zum Verkauf bestimmten eigenen Holzes durch einen Land- und Forstwirt ist auch dann in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung versichert, wenn der Versicherte daneben eine - nicht versicherte - gewerbliche Brennholzaufbereitung betreibt, in der er fremdes, zugekauftes Holz in der gleichen Weise bearbeitet wie das eigene. Die Verarbeitung eigenen Holzes ist nicht nur ein Nebenunternehmen der nichtlandwirtschaftlichen Brennholzaufbereitung, sondern Teil des versicherten land- und forstwirtschaftlichen Hauptunternehmens.

Das Kabinett hat am 11.10.2023 die Verordnung über die Sozialversicherungsrechengrößen 2024 beschlossen. Mit der Verordnung werden die maßgeblichen Rechengrößen der Sozialversicherung gemäß der Einkommensentwicklung im vergangenen Jahr turnusgemäß angepasst. Die Werte werden jährlich auf Grundlage gesetzlicher Bestimmungen mittels Verordnung festgelegt. Die den Sozialversicherungsrechengrößen 2024 zugrundeliegende Lohnentwicklung im Jahr 2022 betrug im Bundesgebiet 4,13 % und in den alten Bundesländern 3,93 %.

EuGH v. 19.10.2023 - C-660/20
Teilzeitbeschäftigte dürfen nicht schlechter behandelt werden, wenn es darum geht, eine erhöhte Vergütung wegen Überschreitung einer bestimmten Zahl an Arbeitsstunden zu erhalten. Das Bestehen identischer Schwellenwerte für die Auslösung dieser zusätzlichen Vergütung bedeutet für teilzeitbeschäftigte Piloten gemessen an ihrer Gesamtarbeitszeit einen längeren Flugstundendienst als für vollzeitbeschäftigte Piloten. Eine entsprechende nationale Regelung führt zu einer schlechteren Behandlung der teilzeitbeschäftigten Piloten und verstößt gegen das Unionsrecht.

BAG v. 18.10.2023 - 5 AZR 22/23
Vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer Arbeit auf Abruf, legen aber die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht fest, gilt grundsätzlich nach § 12 Abs. 1 Satz 3 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) eine Arbeitszeit von 20 Stunden wöchentlich als vereinbart. Eine Abweichung davon kann im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung nur dann angenommen werden, wenn die gesetzliche Regelung nicht sachgerecht ist und objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, die Parteien hätten bei Vertragsschluss übereinstimmend eine andere Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit gewollt.

Aktuell im ArbRB
Vergütet ein Arbeitgeber Beschäftigte verschiedenen Geschlechts, die eine gleiche oder gleichwertige Tätigkeiten ausüben, unterschiedlich, begründet dies die Vermutung einer Entgeltbenachteiligung wegen des Geschlechts. Das BAG hat entschieden, dass Verhandlungen über die Gehaltshöhe diese Vermutung nicht widerlegen können. Das bessere Verhandlungsgeschick eines Arbeitnehmers rechtfertigt danach keine höhere Vergütung. Der Beitrag beleuchtet diese wichtige BAG-Entscheidung, zeigt ihre Folgen für die Praxis auf und gibt Umsetzungstipps.

LAG Berlin-Brandenburg v. 9.10.2023 - 26 Ta (Kost) 6027/23
Bei der Bestimmung des Streitwerts nach § 51 Abs. 2 GKG kann der Angabe seitens der klagenden Partei eine indizielle Bedeutung zukommen, etwa dann, wenn angenommen werden kann, dass sie und ihr Prozessbevollmächtigter sich bei der Einreichung der Klage um eine realistische Einschätzung des Streitwerts bemühen, weil die Erfolgsaussicht der Klage noch ungewiss ist und die klagende Partei sich bei einem Unterliegen durch eine überhöhte Streitwertangabe im Ergebnis selbst belasten könnte. Ist die Sach- und Rechtslage hingegen eindeutig und besteht für die klagende Partei kein erkennbares Prozessrisiko, kann ihrer Streitwertangabe nur eine entsprechend geringere indizielle Bedeutung zukommen.

OLG Hamburg v. 31.8.2023 - 5 U 27/22
Unternehmen haften nicht für private Äußerungen von Mitarbeitern gegenüber der Konkurrenz auf Social-Media-Plattformen wie Facebook, Instagram und Linkedin. In solch einem Fall fehlt es bereits an einer wettbewerbswidrigen Handlung des Mitarbeiters, die dem jeweiligen Unternehmen gem. § 8 Abs. 2 UWG zugerechnet werden könnte. Dies gilt auch dann, wenn die Kommunikation öffentlich zugänglich ist.

BAG v. 9.5.2023 - 1 ABR 14/22
Der Betriebsrat hat nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 BetrVG Anspruch auf Auskunft über die Namen der schwerbehinderten und ihnen gleichgestellten Arbeitnehmer. Dem Auskunftsanspruch stehen keine datenschutzrechtlichen Gründe entgegen. Die Weitergabe der Daten an den Betriebsrat ist nach § 26 Abs. 3 iVm. § 22 Abs. 2 BDSG zulässig.

LAG Köln v. 12.9.2023 - 4 Sa 12/23
Hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast gilt, dass der Arbeitgeber darlegen – und notfalls beweisen – muss, wenn er dem Arbeitnehmer nur eine unterdurchschnittliche Leistung bescheinigen möchte. Kann der Arbeitgeber unbestritten vortragen, dass er üblicherweise die zweite Seite bei der Korrespondenz mit Dritten nicht auf Firmenpapier ausstellt, kann er nicht dazu verpflichtet werden, das Zeugnis des Arbeitnehmers „vollständig“ auf Geschäftspapier zu erteilen.

LAG München v. 2.8.2023, 3 Ta 142/23
Der Antrag auf Einsicht in die Personalakte gem. § 241 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG ist eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit i.S.v. § 48 Abs. 2.GKG, die mit 500 € zu bewerten ist, soweit sich das Interesse des Arbeitnehmers darauf beschränkt, den Inhalt der Personalakte kennenzulernen. Ein Antrag auf Übersendung der Kopie der Personalakte ist wegen wirtschaftlicher Identität mit einem Antrag nach Art. 15 Abs. 3 GS-DVO nicht gesondert zu bewerten, wenn er mit diesem in einer Klage geltend gemacht wird.

BAG v. 10.10.2023 - 3 AZR 250/22
Der eine betriebliche Invaliditätsrente zusagende Arbeitgeber darf die Leistung in einer Versorgungsordnung, die für eine Vielzahl vorformulierte Vertragsbedingungen (AGB) enthält, grundsätzlich davon abhängig machen, dass der Arbeitnehmer eine gesetzliche Erwerbsminderungsrente bezieht und rechtlich aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist.

Aktuell im ArbRB
Die Betriebsratsvergütung ist ein Dauerbrenner in der Beratungspraxis und steht derzeit ganz oben auf der Prioritätenliste vieler Unternehmen. Allerdings ist die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben in der Praxis herausfordernd, denn viele Detailfragen sind noch ungeklärt. Mit dem maßgeblichen Zeitpunkt für den Vergleich und mit der Vergleichbarkeit haben die Autorinnen sich bereits in ArbRB 2023, 249 befasst. Zu den Herausforderungen in der Praxis gehört aber auch die Frage, ob § 37 Abs. 4 BetrVG ausschließlich eine betriebsbezogenen Vergleichsgruppenbildung zulässt oder ob und – wenn ja, unter welchen Voraussetzungen – (auch) eine betriebsübergreifende Betrachtung erfolgen kann. Dieser Frage widmet sich der nachfolgende Beitrag.

LAG Düsseldorf v. 2.8.2023 - 12 TaBV 46/22
Verwendet die Arbeitgeberin bei der Stellenbesetzung nicht mitbestimmte Personalfragebögen oder Beurteilungsgrundsätze i.S.v. § 94 BetrVG begründet dies kein Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrats gem. § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG. Eine Betriebsvereinbarung über ein Schichtsystem enthält nicht zugleich Regelungen über eine Mindestbesetzung der Schichten.

FG Münster v. 5.9.2023 - 11 K 1588/23 Kg (PKH)
Für Klagen betreffend die für 2022 auszuzahlende Energiepreispauschale sind die Finanzgerichte zuständig. Allerdings muss das Finanzamt und nicht der Arbeitgeber verklagt werden.

LAG Köln v. 6.7.2023 - 6 Sa 94/23
Die fristlose Kündigung gegenüber einem Produktionsleiter, weil dieser den Abtransport von drei Europaletten veranlasst hatte, um diese bei einem Osterfeuer auf einem Sportplatz verbrennen zu lassen, ist unwirksam. Dafür ist der Wert der Paletten zu gering, dafür zeigt sich bei der Tat zu wenig kriminelle Energie, dafür ist die Tatbegehung zu wenig heimlich und dafür ist das Gesamtbild der Tat - Verbrennen von Verpackung beim Osterfeuer - zu banal.

BAG v. 21.9.2023 - 10 AZR 512/20
Eine aktive Nutzungspflicht für die DGB Rechtsschutz GmbH als prozessbevollmächtigtem Verband nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5, Satz 3 ArbGG besteht erst ab dem 1.1.2026. Auch der handelnde Rechtssekretär ist dazu nicht verpflichtet. Diejenigen Mitarbeiter des Verbands, die nicht über die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt verfügen, trifft (noch) keine Nutzungspflicht des ERV. Auch die unabhängig von seinem Arbeitsverhältnis bestehende Zulassung zur Rechtsanwaltschaft führt zu keiner solchen Verpflichtung.

BSG v. 27.9.2023 - B 2 U 8/21 R
Die Harnblasenkrebserkrankung eines Schweißers kann wegen der beruflichen Einwirkung aromatischer Amine trotz langjährigen Rauchens als Berufskrankheit anerkannt werden, wenn der Nikotinkonsum nach jahrelanger Abstinenz nicht mehr hinreichend wahrscheinlich die Krebserkrankung verursacht hat.

BGH v. 5.10.2023 - RiZ(R) 1/23
Das Dienstgericht des Bundes beim BGH hat entschieden, dass ein ehemaliger AfD-Abgeordneter und Richter nicht in die Justiz zurückkehren darf. Das Gericht hat dabei wesentliche Rechtsgrundsätze dazu aufgestellt, unter welchen Voraussetzungen die politische Betätigung eines Richters seine Versetzung gemäß § 31 DRiG im Interesse der Rechtspflege rechtfertigen kann.

ArbG Verden v. 19.9.2023 - 2 Ca 101/23
Reist ein Mitglied des Betriebsrats ohne Wissen des Arbeitgebers mit einem von diesem zur Verfügung gestellten Mietwagen zu einem gewerkschaftlich organisierten Beratungstreffen mit dem Bundesarbeitsminister und zu einem Treffen mit dem Ministerpräsidenten von Niedersachsen, statt an einem vom Arbeitgeber finanzierten Seminar teilzunehmen und rechnet er die entstehenden Tankkosten zudem über den Arbeitgeber ab, so rechtfertigt dieses Verhalten eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsvertrags.

Aktuell im ArbRB
Stellt der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer einen Dienstwagen zur Verfügung, den er nach der vertraglichen Abrede der Parteien auch privat nutzen darf, ist dies Teil des vertraglichen Vergütungsanspruchs des Arbeitnehmers. Die Zusage beinhaltet einen geldwerten Vorteil in Form eines Sachbezuges. Typische Streitpunkte in diesem Zusammenhang sind der Umfang der Nutzung (z.B. exzessiv hohe Fahrleistung, Fahrten durch Dritte) und auch die Frage, wann der Arbeitgeber den Dienstwagen herausverlangen, also die private Nutzungsmöglichkeit widerrufen kann. Der Beitrag untersucht, welche Regelungsmöglichkeiten sinnvoll bestehen.

BAG v. 24.5.2023 - 7 AZR 169/22
Eine einsatzabhängige Verlängerungsklausel ist nicht dahin ergänzend auszulegen oder anzupassen, dass im Hinblick auf das pandemiebedingte vorzeitige Ende der Spielzeit 2019/2020 in der Fußball-Regionalliga Südwest der Vertrag sich bei weniger als den festgelegten Einsätzen verlängert.

LAG Hamm v. 30.3.2023 - 18 Sa 1048/22
Auch die Vorlage irreführender ärztlicher Bescheinigungen kann eine Verletzung der Rücksichtnahmepflicht darstellen, die den Arbeitnehmer trifft. Dies gilt insbesondere für Nachweise iSd § 20a Abs. 2 S. 1 IfSG (a.F.). Die Vorlage einer aus dem Internet heruntergeladenen formularmäßigen ärztlichen „vorläufigen Impfunfähigkeitsbescheinigung“, die ohne ärztliche Untersuchung erstellt wurde und den falschen Eindruck erweckt, auf den individuellen Verhältnissen des Arbeitnehmers zu beruhen, kann eine Kündigung rechtfertigen (im Streitfall verneint, da Abmahnung erforderlich).

ArbG Lübeck v. 15.6.2023 - 1 Ca 323 öD/23
Nicht jedes unentschuldigte Verpassen einer Trauerfeier oder eines Gottesdienstes berechtigt die Kirchengemeinde zur außerordentlichen Kündigung eines langjährig beschäftigten Kirchenmusikers. Selbst wenn das Arbeitsverhältnis bereits mit Abmahnungen vorbelastet ist, müssen diese den Themenbereich des Kündigungsvorwurfs betreffen, um eine Kündigung zu rechtfertigen, entschied das ArbG Lübeck.

Aktuell im ArbRB
Die Überwachung von Mitarbeitern ist ein sensibles Thema. Was ist rechtlich zulässig, wenn der Arbeitgeber den Verdacht hat, dass ein Arbeitnehmer Arbeitsunfähigkeit vortäuscht, evt. sogar eine Straftat begangen hat oder seiner vertraglich geschuldeten Tätigkeit außerhalb des Betriebsgeländes nicht ordnungsgemäß nachgeht? Welche Maßnahmen dürfen Arbeitgeber ergreifen und in welchem gesetzlichen Rahmen ist eine Überwachung erlaubt? Im nachfolgenden Beitrag wird erläutert, unter welchen Voraussetzungen eine Videoüberwachung und die Observation durch einen Detektiv zulässig sind.

ArbG Aachen v. 2.9.2023 - 8 Ca 2199/22
Das ArbG Aachen hat entschieden, dass der Arbeitnehmer die Leasingraten eines Dienstrad-Leasings, das im Wege der Entgeltumwandlung finanziert wird, während des Krankengeldbezugs selbst zu tragen hat.

BGH v. 26.9.2023 - VI ZR 97/22
Der BGH hat dem EuGH Fragen zur Vorabentscheidung zur Auslegung von Bestimmungen der DSGVO hinsichtlich des Bestehens eines unionsrechtlichen Unterlassungsanspruchs der betroffenen Person, deren personenbezogene Daten von dem Verantwortlichen unrechtmäßig durch Weiterleitung offengelegt wurden, bzw. zu der insoweit bestehenden Möglichkeit eines Rückgriffs auf das nationale Recht und zum Begriff des immateriellen Schadens im Sinne von Art. 82 Abs. 1 DSGVO vorgelegt.

LAG Schleswig-Holstein v. 19.6.2023 - 2 Ta 40/23
Es ist Aufgabe des Prozessbevollmächtigten, nach einem dezidierten Auflagenbeschluss des Arbeitsgerichts mit Fristsetzung die nachgereichten Unterlagen auf Vollständigkeit zu überprüfen. Trotz eines entsprechenden Hinweisverlangens des Prozessbevollmächtigten bei fehlenden Unterlagen ist das Gericht nicht verpflichtet, nochmals auf fehlende Unterlagen hinzuweisen. Außerhalb der gesetzten Frist nachgereichte Unterlagen sind nach Abschluss der Instanz vom Arbeitsgericht nicht mehr zu berücksichtigen.

ArbG Berlin v. 20.9.2023 - 22 Ca 13070/22
Das ArbG Berlin hat die Klage der Juristischen Direktorin des RBB gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses abgewiesen. Der zuletzt abgeschlossene Dienstvertrag sei bereits wegen der darin enthaltenen Regelungen zu einem nachvertraglichen Ruhegeld vor Renteneintritt nichtig. Aber auch die vorsorglich ausgesprochene außerordentliche Kündigung sah das ArbG gleich aus mehreren Gründen als wirksam an.

BSG v. 21.9.2023 - B 3 KR 11/22 R
Ein Ar­beit­neh­mer kann wei­ter An­spruch auf Kran­ken­geld von sei­ner Kran­ken­kas­se haben, auch wenn die Arbeitsunfähigkeits-Folgefeststellung zwei Tage zu spät erfolgt, wenn er diese Verspätung nicht selbst verschuldet hat. Das BSG entschied, die Verspätung könne dem Arbeitnehmer dann nicht angelastet werden, wenn die Verzögerung durch eine Überlastung der Arztpraxis entsteht.

Thüringer LAG v. 8.8.2023 - 1 Sa 41/23
Wegen der gesetzgeberischen Ausgestaltung als Ausnahmetatbestand und unter Berücksichtigung der Risikoverteilung in einer Pandemie können bei einer behördlichen Quarantäneanordnung allenfalls wenige Tage einen verhältnismäßig nicht erheblichen Zeitraum i.S.d. § 616 Satz 1 BGB darstellen. Hierbei sollte als Richtgröße eine Grenze von maximal fünf Tagen angenommen werden. Nahezu sämtliche Fragen rund um die rechtliche Behandlung einer symptomlosen Infektion und einer darauf gestützten Quarantäne sind umstritten und bislang höchstrichterlich nicht geklärt. Infolgedessen wurde die Revision zugelassen.

LAG Hamm v. 24.8.2023 - 15 Sa 1033/22
Ein Verschulden der Arbeitsunfähigkeit durch einen nicht geimpften Arbeitnehmer iSv. § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG ist nicht anzunehmen, wenn die Corona-Infektion durch die Inanspruchnahme der empfohlenen Schutzimpfung nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit hätte verhindert werden können. Ein an COVID-19 erkrankter Arbeitnehmer ist infolge Krankheit dabei objektiv an seiner Arbeitsleistung verhindert, auch wenn er sich in Quarantäne begeben muss (Ausnahme: Homeoffice). Die erforderliche Monokausalität iSv. § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG ist gegeben, wenn die behördlich angeordnete Quarantäne Folge einer Arbeitsunfähigkeit ist.

Aktuell im ArbRB
Der Gesetzgeber hat bereits 2021 im Betriebsverfassungsgesetz Regelungen zum Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) durch den Arbeitgeber getroffen. Tatsächlich finden Anwendungen mit Künstlicher Intelligenz zunehmend Verbreitung und halten praktisch Einzug in Personalabteilungen. Neben dem gezielten Einsatz Künstlicher Intelligenz wird es absehbar Standardanwendungen geben, in die Elemente Künstliche Intelligenz notwendig eingebettet sein werden. Dies wirft zahlreiche Fragen zur betrieblichen Mitbestimmung auf.

ArbG Berlin v. 6.9.2023 - 22 Ca 1097/23
Das ArbG Berlin hat die fristlose Kündigung eines bei einer Bundesbehörde beschäftigten Arbeitnehmers wegen des Vorwurfs, dieser habe vorsätzlich die unbekleideten Brüste einer Arbeitskollegin ohne deren Einwilligung berührt, für wirksam erachtet.

LAG Baden-Württemberg v. 27.7.2023 - 3 Sa 33/22
Das LAG Baden-Württemberg hat einem ehemaligen Arbeitnehmer wegen der Verwendung von Video- und Fotoaufnahmen mit Abbildungen von ihm durch ein Unternehmen der Werbetechnikbranche über einen Zeitraum von 9 Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinweg Schadensersatz iHv 10.000 € zugesprochen.

Aktuell im ArbRB
Die Veröffentlichung von ChatGPT im November 2022 hat den Menschen erstmals flächendeckend vor Augen geführt, wozu Künstliche Intelligenz in der Lage ist. Auch das Arbeitsleben wird sich durch den Einsatz solcher Tools massiv verändern. Der Beitrag beschäftigt sich mit den arbeitsrechtlichen Herausforderungen, die sich aus der Nutzung dieses Tools im Arbeitsleben ergeben, und gibt Hinweise für die Praxis.

Die Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung Ferda Ataman warnt vor Diskriminierungsrisiken beim Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI). Algorithmische Entscheidungen werden zunehmend bei Bewerbungsverfahren oder Wohnungsvergaben eingesetzt. Wer diskriminiert wurde, kann das oft nicht nachweisen. Die Bundesbeauftragte schlägt daher Auskunftspflichten und die Einrichtung einer Schlichtungsstelle vor.

BSG v. 7.9.2023 - B 10 EG 2/22 R
Elterngeld Plus kann auch dann beansprucht werden, wenn ein Elternteil während der Partnerschaftsbonusmonate für längere Zeit erkrankt und keine Lohnfortzahlung mehr erhält.

ArbG Berlin v. 1.9.2023 - 21 Ca 1751/23
Das ArbG hat die Klage des Verwaltungsdirektors des RBB gegen die Beendigung seines Dienstverhältnisses zurückgewiesen. Nach Ansicht des Gerichts ist der zwischen den Parteien geschlossene Dienstvertrag aufgrund der überaus üppigen Regelungen zum nachvertraglichen Ruhegeld sittenwidrig und daher nichtig.

Der Bundespräsident hat den Richter am Bundesarbeitsgericht Prof. Dr. Günter Spinner zum Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht ernannt.

Die Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder (Datenschutzkonferenz) hat Anwendungshinweise zu dem Angemessenheitsbeschluss zum EU-US Data Privacy Framework veröffentlicht. Das Dokument enthält einerseits Informationen für die Datenexporteure, also die Verantwortlichen und Auftragsverarbeiter, die Daten in die USA übermitteln. Andererseits erfahren betroffene Personen, welche Rechtsschutz- und Beschwerdemöglichkeiten sie haben.

Der Bundespräsident hat die Richterin am Arbeitsgericht Dr. Sandra Wullenkord und den Richter am Arbeitsgericht Dr. Christoph Betz mit Wirkung vom 1. September 2023 zu Richtern am Bundesarbeitsgericht ernannt.

Hessisches LAG v. 28.8.2023 - 16 TaBVGa 97/23
Die Verweigerung des Zutritts des Betriebsratsvorsitzenden zum Betrieb durch Ausspruch eines Hausverbots stellt eine Behinderung der Betriebsratsarbeit dar. Nach den Vorgaben des BetrVG dürfen Betriebsratsmitglieder in der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht gestört oder behindert werden. Bei ganz gravierenden Pflichtverletzungen muss der Arbeitgeber selbst einen Antrag auf vorläufige Untersagung der Ausübung des Betriebsratsamts beim Arbeitsgericht stellen.

LAG Niedersachsen v. 30.8.2023 - 13 TaBV 46/22
Die Betriebsratswahl bei VW im Werk Wolfsburg im Jahre 2022 war vom ArbG u.a. wegen Missachtung des Vorrangs der Urnenwahl vor der Briefwahl für unwirksam erklärt worden. Anders als das ArbG entschied das LAG nun, dass zur Anfechtbarkeit führende Verstöße gegen das vorgeschriebene Wahlverfahren nicht vorlagen.

Mit Ablauf des 31. August 2023 ist die Vorsitzende Richterin am Bundesarbeitsgericht Prof. Dr. Anja Schlewing in den Ruhestand getreten.

Das BAG hat eine Mitteilung zum Fortgang ausgesetzter Verfahren, in denen über die kündigungsrechtlichen Folgen unterschiedlicher Fehler im Anzeigeverfahren gestritten wird, veröffentlicht. Der Aussetzungsgrund ist mittlerweile entfallen, da die EuGH-Entscheidung, die abgewartet werden sollte, inzwischen ergangen ist.

Aktuell im ArbRB
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen haben grds. einen hohen Beweiswert. Dies hindert die meisten Arbeitgeber daran, bei Zweifeln an der tatsächlichen Arbeitsunfähigkeit weitere Maßnahmen zur Aufklärung des Sachverhalts zu ergreifen oder die Entgeltfortzahlung einzustellen. Es bedarf allerdings nicht eines Gegenbeweises, sondern der Arbeitgeber muss „nur“ Umstände vortragen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs ergibt.

Das Bundeskabinett hat am 30.8.2023 die vom BMJ vorgelegten Eckpunkte für ein Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) beschlossen. Damit soll ein wesentlicher Beitrag zum Abbau von bürokratischen Hürden geleistet und ein Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt werden.

ArbG Paderborn v. 6.7.2023 - 1 Ca 54/23
Ein Ausgleich der inflationsbedingten Teuerungsrate muss nicht allen Arbeitnehmern gleichmäßig gewährt werden, wenn sachliche Gründe für eine Differenzierung bestehen. Die Geltung verschiedener Vertragsmodelle ist ein formeller Gesichtspunkt und ersetzt nicht den sachlichen Grund für die Differenzierung. Eine Gruppenbildung ist nur dann gerechtfertigt, wenn die Unterscheidung einem legitimen Zweck dient und zur Erreichung dieses Zwecks erforderlich und angemessen ist.

ArbG Lübeck v. 15.6.2023 - 6 Ca 1410/22
Nicht jedes unentschuldigte Verpassen einer Trauerfeier oder eines Gottesdienstes berechtigt die Kirchengemeinde zur außerordentlichen Kündigung eines langjährig beschäftigten Kirchenmusikers. Selbst wenn das Arbeitsverhältnis bereits mit Abmahnungen vorbelastet ist, müssen diese den Themenbereich des Kündigungsvorwurfs betreffen, um eine Kündigung zu rechtfertigen.

LAG Baden-Württemberg v. 28.8.2023 - 15 Ta 9/23
Eine nicht bemittelte Partei darf in der Regel im Rahmen eines Kündigungsprozesses auch einen Antrag auf Entfernung einer Abmahnung aus ihrer Personalakte stellen, ohne dass ihr dieses Prozessverhalten als mutwillig angelastet und ihr deshalb für diesen Antrag die Prozesskostenhilfe mit der Begründung versagt werden darf, sie hätte erst den Ausgang des Kündigungsprozesses abwarten müssen.

Aktuell in der ZFA
Zum Vorlagebeschluss des Sechsten Senats des BAG vom 27.1.2022 und zur Entscheidung des EuGH v. 13.7.2023 - C-134/22.

BSG v. 20.7.2023 - B 12 BA 1/23 R u.a.
Stellt sich die Tätigkeit einer natürlichen Person nach deren tatsächlichem Gesamtbild als abhängige Beschäftigung dar, ist ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht deshalb ausgeschlossen, weil Verträge nur zwischen dem Auftraggeber und einer Kapitalgesellschaft bestehen, deren alleiniger Geschäftsführer und Gesellschafter die natürliche Person ist.

LG Lübeck v. 10.8.2023 - 9 O 93/22
Ein Rechtsanwalt muss seinen Mandanten vor dem Abschluss eines Vergleichs die damit zusammenhängenden Vor- und Nachteile so gewissenhaft erklären, wie es ihm aufgrund seiner Informationen, Kenntnisse und Erfahrungen vorausschauend möglich ist. Dem Mandanten muss es somit möglich sein, eine eigenverantwortliche Entscheidung zu treffen. Voraussetzung dafür ist, dass er die Ausführungen und den Rat seines Anwalts auch versteht.

LSG Bayern v. 18.8.2023 - L 7 BA 72/23 B ER
Das LSG Bayern hatte in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren über die Rechtmäßigkeit der Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen zu entscheiden. Kern des Rechtsstreits war die Frage, ob die in dem betroffenen Fitnessstudio tätigen Trainer freie Mitarbeiter oder abhängig beschäftigt waren.

LAG Mecklenburg-Vorpommern v. 13.7.2023 - 5 Sa 139/22
Bei der Bestimmung der Lage der Arbeitszeit muss der Arbeitgeber nach Möglichkeit auch auf die Personensorgepflichten des Arbeitnehmers Rücksicht nehmen, sofern betriebliche Gründe oder berechtigte Belange anderer Arbeitnehmer/innen nicht entgegenstehen. Dass es anderen Mitarbeiterinnen gelingt, ihre arbeitsvertraglichen und ihre familiären Pflichten miteinander zu vereinbaren, rechtfertigt es nicht, diese durch die vermehrte Zuweisung ungünstiger Schichten zusätzlich zu belasten und gegenüber einer alleinerziehenden Arbeitnehmerin zu benachteiligen.

LAG Mecklenburg-Vorpommern v. 13.7.2023 - 5 Sa 1/23
Der Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist nicht allein deshalb erschüttert, weil diese einen Zeitraum innerhalb der Kündigungsfrist, insbesondere gegen Ende der Kündigungsfrist betrifft. Auch eine zu Beginn der Erkrankung angetretene rund zehnstündige Bahnfahrt eines Arbeitnehmers zum Familienwohnsitz, um dort die Hausärztin aufzusuchen, lässt ohne Hinzutreten weiterer Umstände die attestierte Arbeitsunfähigkeit nicht fragwürdig erscheinen.

BAG v. 24.8.2023 - 2 AZR 17/23
Ein Arbeitnehmer, der sich in einer aus sieben Mitgliedern bestehenden privaten Chatgruppe in stark beleidigender, rassistischer, sexistischer und zu Gewalt aufstachelnder Weise über Vorgesetzte und andere Kollegen äußert, kann sich gegen eine dies zum Anlass nehmende außerordentliche Kündigung seines Arbeitsverhältnisses nur im Ausnahmefall auf eine berechtigte Vertraulichkeitserwartung berufen.

BGH v. 21.8.2023 - NotZ(Brfg) 4/22
Die Altersgrenze für Notare ist mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar ist. Gem. § 47 Nr. 2, § 48a der BNotO erlischt das Amt des Notars mit dem Ende des Monats, in dem er das 70. Lebensjahr vollendet.

BGH v. 13.7.2023 - IX ZB 24/22
Die gem. § 63a des Niedersächsischen Besoldungsgesetzes (NBesG) an alle Besoldungsempfänger zu zahlende Corona-Sonderzahlung stellt keine unpfändbare Erschwerniszulage dar. Sieht eine abstrakt-generelle Regelung - wie § 63a NBesG - für alle Beschäftigten eine Zahlung des Dienstherrn vor, liegt darin nur dann eine Erschwerniszulage, wenn die tatsächlichen Verhältnisse bei allen Beschäftigten zu einer besonderen Belastung der Arbeitstätigkeit führen. Diese Anforderungen erfüllt § 63a NBesG nicht.

Aktuell im ArbRB
Die Entscheidung des EuGH vom 30.3.2023 (C-34/21) wirft erhebliche Zweifel daran auf, ob § 26 Abs. 1 Satz 1 BDSG als zentrale Rechtsgrundlage für die Verarbeitung personenbezogener Beschäftigtendaten Bestand haben kann. Die Autoren gehen auf die Folgen der Entscheidung für den Beschäftigtendatenschutz ein. Sie beschreiben zudem – basierend auf den ersten Stellungnahmen der Datenschutzaufsichtsbehörden – konkrete Maßnahmen, die Arbeitgeber zur Verringerung von Risiken ergreifen können.

OLG Düsseldorf v. 21.8.2023 - VI-6 U 1/23 (Kart)
Der 6. Kartellsenat des OLG Düsseldorf hat entschieden, dass die von der beklagten A-Verkehrsgesellschaft mbH gegen einen klagenden Busfahrer verhängte lebenslange Fahrersperre wegen Handynutzung am Steuer marktmissbräuchlich und deshalb unzulässig ist.

BAG v. 17.8.2023 - 6 AZR 56/23
Ist eine Betriebsänderung i.S.d. § 111 BetrVG geplant und schließen der Insolvenzverwalter und der Betriebsrat darüber einen Interessenausgleich mit Namensliste, wird nach § 125 Abs. 1 Nr. 1 InsO vermutet, dass die Kündigung des in der Namensliste aufgeführten Arbeitnehmers durch dringende betriebliche Erfordernisse i.S.v. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt ist. Im Zeitpunkt des Abschlusses des Interessenausgleichs muss sich die Betriebsänderung noch in der Planungsphase befinden, damit dem Betriebsrat entsprechend dem Zweck des § 111 BetrVG eine Einflussnahme auf die unternehmerische Entscheidung möglich ist.

LAG Hamm v. 4.4.2023 - 7 TaBV 177/22
Im Zustimmungsersetzungsverfahren zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung eines Betriebsratsmitglieds gem. § 103 Abs. 2 Satz 1 BetrVG können Kündigungsgründe, die während des laufenden Verfahrens entstanden sind, nur nachgeschoben werden, wenn der verfahrenseinleitende Antrag formwirksam bei Gericht eingereicht worden ist.

ArbG Suhl v. 27.7.2023 - 4 BVGa 2/23
Die Anweisung, Arbeitsbekleidung mit firmenfremdem Logo (wohl von Konkurrenzunternehmen) nicht tragen zu dürfen, betrifft nicht das Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer und ist deshalb nicht mitbestimmungspflichtig. Da das Mitbestimmungsrecht sich auf das sog. Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer im Betrieb bezieht, sind nicht nach § 87 Nr. 1 BetrVG mitbestimmungspflichtige Maßnahmen, die das sog. Arbeitsverhalten des Arbeitnehmers oder in sonstiger Weise lediglich das Verhältnis des Arbeitnehmers zum Arbeitgeber betreffen.

Die Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (BlnBDI) hat gegen ein Unternehmen Bußgelder iHv insgesamt 215.000 € verhängt. Das Unternehmen hatte u.a. unzulässigerweise sensible Informationen über den Gesundheitszustand einzelner Beschäftigter oder deren Interesse an einer Betriebsratsgründung dokumentiert. Der Bußgeldbescheid ist noch nicht rechtskräftig.

Aktuell in der ZFA
Zu den Vorhaben der Ampel-Bundesregierung gehört die Schaffung eines Bundestariftreuegesetzes. Damit soll die Teilnahme an der öffentliche Auftragsvergabe des Bundes an die Einhaltung tariflicher Arbeitsbedingungen gebunden werden. Ein solches Gesetzgebungsprojekt muss sich an den Grenzen sowohl des Unionsrechts als auch des nationalen Verfassungsrechts messen lassen. Auf Unionsebene sind die Vorgaben des reformierten Entsenderechts sowie die primärrechtlich garantierte Dienstleistungsfreiheit maßgeblich. Im nationalen Verfassungsrecht steht der Schutz der Arbeitsvertragsfreiheit im Mittelpunkt. Daneben geht es um die Reichweite der Koalitionsfreiheit in ihrer positiven und negativen Ausprägung sowie um die Konsequenzen aus dem Demokratieprinzip.

Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) hat den Entwurf für ein Digitale-Dienste-Gesetz veröffentlicht, zu dem Länder und Verbände nun Stellung nehmen können. Das Gesetz soll den Rechtsrahmen für digitale Dienste in Deutschland modernisieren. Bestandteil ist die Einführung von Buß- und Zwangsgeldvorschriften für Verstöße gegen den DSA.

LAG Köln v. 8.8.2023 - 4 Sa 371/23
Der Grundsatz der arbeitsrechtlichen Gleichbehandlung gilt auch für das Erzbistum. Zwar können die Kirchen auf Grund ihres verfassungsrechtlich garantierten Selbstordnungs- und Selbstverwaltungsrechts ein eigenständiges Arbeitsrecht erlassen. Bedienen sie sich allerdings der Privatautonomie zur Begründung von Arbeitsverhältnissen, so findet auf diese das staatliche Arbeitsrecht – mithin auch der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz – Anwendung.

LAG Berlin-Brandenburg v. 20.7.2023 - 26 Ta (Kost) 6017/23
Auch wenn die Parteien sich nicht auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu dem mit einer vorsorglichen Kündigung vorgesehenen Beendigungstermin einigen, kann meist davon ausgegangen werden, dass in einem Auflösungsvergleich sämtliche in das Verfahren eingeführte Beendigungstatbestände mitgeregelt worden sind. Gegenstand der Vergleichsverhandlungen sind regelmäßig alle Beendigungstatbestände.

BAG v. 28.3.2023 - 9 AZR 219/22
Arbeitstage, an denen ein Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt und zugleich von der Arbeitspflicht freigestellt ist, sind nicht als „gearbeitet“ i.S.d. § 10 Nr. 4.4 Satz 1 MTV zu werten. Das ergibt sich aus der Auslegung der Tarifnorm. Eine Freistellung von der Arbeitspflicht im Rahmen eines „Modells zur Verkürzung der Lebensarbeitszeit“ steht nicht Zeiten tatsächlich geleisteter Arbeit gleich.

OLG Karlsruhe v. 4.8.2023 - 4 U 64/23
Die fristlose Kündigung der früheren Geschäftsführerin des Klinikums Hochrhein GmbH aus Waldshut-Tiengen im Juli 2017 war unwirksam. Es lag kein zur fristlosen Kündigung berechtigender Sachverhalt vor.

LSG Baden-Württemberg v. 28.6.2023 - L 3 AS 3160/21
Das LSG Baden-Württemberg hatte für einen ALG II-Anspruch die Rechtmäßigkeit einer vereinfachten Vermögensprüfung aus der Zeit der Corona-Pandemie zu klären.

BAG v. 28.3.2023 - 9 AZR 133/22
Arbeitnehmer, die sich zu dem in § 2 Abs. 1 TV Corona-Sonderzahlung festgelegten Stichtag am 1.10.2020 in der Freistellungsphase ihrer Altersteilzeit befanden, können die Corona-Sonderzahlung beanspruchen. Der Tarifwortlaut bietet keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Corona-Sonderzahlung Beschäftigten vorbehalten sein soll, die – anders als Arbeitnehmer in der Freistellungsphase der Altersteilzeit im Blockmodell – eine tatsächliche Arbeitsleistung erbracht haben und dabei durch die Corona-Pandemie bedingten Belastungen am Arbeitsplatz ausgesetzt waren.

ArbG Berlin v. 28.6.2023 - 14 Ca 3796/22 u.a.
Ein Arzt hat während des behördlich angeordneten Ruhens seiner Approbation keinen Anspruch auf Vergütung und ist zur Rückzahlung bereits geleisteter Vergütung verpflichtet.

Aktuell in der ZFA
Die Verwendung des Tatbestandsmerkmals „Künstliche Intelligenz“ im Betriebsverfassungsgesetz erfordert wegen der Bezugnahme auf eine Informatik-Terminologie eine theoretische Analyse zum Bedeutungsgehalt und den Folgen in der Rechtsanwendung. Damit kommt dem Betriebsverfassungsrecht eine Vorreiterrolle bei der Begriffsbildung zu.

LAG München v. 23.3.2023, 3 Sa 497/22
§ 26 Abs. 2 a) TVöD-VKA findet auf den gesetzlichen Mindesturlaub keine Anwendung, wenn der Arbeitnehmer bis zum Ende des Urlaubsjahres und/oder des gesetzlichen Übertragungszeitraums krankheitsbedingt arbeitsunfähig ist. § 7 Abs. 3 BUrlG ist unionrechtskonform dahin auszulegen, dass der gesetzliche Urlaub nicht verfällt, wenn der Arbeitnehmer bis zum Ende des Urlaubsjahrs und/oder des Übertragungszeitraums krankheitsbedingt arbeitsunfähig ist und es ihm deshalb nicht möglich ist, den Urlaub zu nehmen.

Seit März 2023 greift die Energiepreisbremse für Strom und Gas, die zum Ende des vergangenen Jahres beschlossen wurde. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat dazu FAQ-Listen veröffentlicht, die am 25.7.2023 aktualisiert wurden. Dabei geht es auch um die Erklärung zur Arbeitsplatzerhaltungspflicht bzw. die Erklärung über das Nicht-Zustandekommen einer Kollektivvereinbarung.

LSG Baden-Württemberg v. 19.4.2023 - L 8 AL 1022/22
Von grober Fahrlässigkeit im Sinne des Sperrzeitrechts ist auszugehen, wenn einem Berufskraftfahrer wegen wiederholter Verkehrsverstöße die Fahrerlaubnis entzogen wird, da diese Rechtsfolge bei einfachster Betrachtung erkennbar ist. Die irrtümliche Annahme des Arbeitslosen, ein älterer Punkt sei inzwischen verfallen, so dass der neu hinzugetretene Punkt nicht unmittelbar zum Entzug der Fahrerlaubnis führen würde, ist insoweit irrelevant.

Aktuell in der ZFA
Das neue Nachweisrecht stellt die Arbeitgeber vor erhebliche Herausforderungen und Unklarheiten. Nicht nur das Unionsrecht, auch das nationale Recht machen es den Arbeitgebern schwer. Dennoch: Arbeitnehmer haben einen berechtigten Anspruch auf transparente Arbeitsbedingungen.

LAG Baden-Württemberg v. 18.7.2023 - 4 SaGa 3/23
Das LAG Baden-Württemberg hat der Berufung von ver.di im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes über eine Notdienstregelung für einen von der Gewerkschaft für insgesamt sechs Tage im Juli 2023 angekündigten Streik teilweise stattgegeben. Der Notdienst kann danach auf ein Mindestmaß beschränkt werden.

ArbG Elmshorn v. 26.4.2023 - 3 Ca 1501 e/22
Auch auf einer betrieblichen Weihnachtsfeier gibt es keinen Freifahrtschein für sexuell belästigende Äußerungen gegenüber Kolleginnen. Es handelt sich um Verletzungen der vertraglichen Pflichten des Arbeitnehmers gemäß § 7 Abs. 3 AGG, die eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich rechtfertigen können. Eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist kann dem Arbeitgeber unzumutbar sein.

LAG München v. 18.7.2023 - 7 Sa 71/23
Das LAG München hat die Kündigung einer Referentin für Rundgangführungen in der KZ-Gedenkstätte Dachau für wirksam erklärt. Die Referentin hatte auf einer Anti-Coronamaßnahmen-Demonstration dem Staat faschistoide Tendenzen unterstellt.

LAG München v. 5.6.2023 - 4 TaBV 51/22
Das LAG München hat entschieden, dass mit der Schließung einer Verkaufsfiliale eines großen Bekleidungsunternehmens in Regensburg der für die Filiale gewählte Betriebsrat sein Mandat verloren hat. Das Mandat könne nicht auf den neuen Betrieb ausgeweitet werden, da andernfalls den dortigen Mitarbeiter:innen ein Betriebsrat übergestülpt würde, den sie nicht gewählt haben.

LAG Berlin-Brandenburg v. 12.5.2023 - 12 Sa 1250/22
Der Arbeitgeber, der sich auf das Erlöschen der Urlaubsansprüche mit Ende von Urlaubsjahr und Übertragungszeitraum beruft, ist darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass der Arbeitnehmer während des gesamten Urlaubsjahres arbeitsunfähig erkrankt oder erwerbsgemindert war und deshalb die Versäumung der arbeitgeberseitigen Mitwirkungspflicht bei der Verwirklichung des Urlaubsanspruchs das Erlöschen von Urlaubsansprüchen nach § 7 Absatz 3 BUrlG nicht hindert.

OVG Berlin-Brandenburg v. 27.7.2023 - OVG 4 S 11/23
Das OVG Berlin-Brandenburg hat die Entscheidung der Polizei Berlin, einen 21-jährigen Kriminalkommissaranwärter aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf zu entlassen, für rechtmäßig erklärt und den Antrag des Polizeibeamten auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt.

ArbG Köln v. 13.1.2023 - 23 BV 67/22
Der Betriebsrat kann einer Einstellung widersprechen, wenn die in einer Betriebsvereinbarung vereinbarte Ausschreibungsfrist nicht eingehalten wurde.

Aktuell im ArbRB
Insbesondere in Zeiten des Fachkräftemangels gewinnt die Beschäftigung über die Altersgrenze hinaus an Bedeutung. Während 2011 nach Angaben des statistischen Bundesamtes noch 10 % der 65- bis 69-Jährigen arbeiteten, stieg der Anteil 2021 auf 17 % (s. https://ottosc.hm/destatis). Der Beitrag behandelt ausgehend von § 41 Satz 3 SGB VI die bei einer Weiterarbeit über das Rentenregeleintrittsalter hinaus zu berücksichtigenden individual- und kollektivrechtlichen Problemkreise.

BAG v. 30.3.2023 - 8 AZR 120/22
Geschäftsführer einer GmbH haften ggü. den Arbeitnehmern der GmbH nicht deshalb auf Schadensersatz nach § 823 Abs. 2 BGB, weil sie im Einzelfall nach § 21 Abs. 1 Nr. 9 MiLoG iVm. § 9 Abs. 1 Nr. 1 OWiG für Verstöße der GmbH gegen ihre Verpflichtung aus § 20 MiLoG, ihren Arbeitnehmern ein Arbeitsentgelt mindestens in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns zu zahlen, bußgeldrechtlich verantwortlich sind. Der Bußgeldtatbestand des § 21 Abs. 1 Nr. 9 iVm. § 20 MiLoG stellt – ungeachtet des § 9 Abs. 1 Nr. 1 OWiG – kein Schutzgesetz iSv. § 823 Abs. 2 BGB zugunsten der Arbeitnehmer der GmbH in ihrem Verhältnis zum Geschäftsführer der Gesellschaft dar.

LAG Köln v. 5.6.2023 - 5 Ta 26/23
Das ArbG Köln hat in einem Zwangsvollstreckungsverfahren entschieden, dass ein Arbeitgeber, der verpflichtet ist, dem Betriebsrat ein Laptop zur Verfügung zu stellen, dieser Verpflichtung nicht nachkommt, wenn er auf der festen Montage des Geräts besteht.

Aktuell im ArbRB
Immer mehr Unternehmen verlagern einen Teil ihrer geschäftlichen Aktivitäten ins Metaverse und unterhalten dort virtuelle Büros, Showrooms oder Produktionsstätten. Im Unterschied zur traditionellen Zusammenarbeit mit Arbeitskollegen, Kunden und Lieferanten findet die Interaktion im Metaverse nicht an einem realen Ort, sondern im virtuellen Raum, dem Metaverse statt. Die Nutzer des Metaverse bewegen sich dabei in einer Art erweiterten Realität, die es ihnen erlaubt, in eine immersive, gemeinsame virtuelle Umgebung einzutauchen und in Echtzeit zu agieren. Notwendige Voraussetzung dafür ist u.a. das Erstellen eines Avatars, durch den der Nutzer im Metaverse agiert. Was das Metaverse ist und welche arbeitsrechtlichen Fragen sich in Bezug auf die Gestaltung eines Avatars stellen, zeigen die Autoren im Folgenden auf.

VG Berlin v. 21.6.2023 - VG 36 K 384/22
Ein Bewerber für die Polizei, der in privaten Chatnachrichten verfassungsfeindliche Symbole empfangen und versendet hat, darf wegen fehlender charakterlicher Eignung abgelehnt werden. An Polizisten dürfen besonders hohe Anforderungen an die charakterliche Stabilität gestellt werden, weil sie sich jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung einsetzen und Menschen jeglicher Herkunft unabhängig von ihrer Religion achten und schützen müssen.

Der Abgabesatz zur Künstlersozialversicherung wird auch im Jahr 2024 unverändert 5,0 % betragen. Zur Künstler­sozialabgabe-Verordnung 2024 (KSA-VO 2024) wurde vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Ressort- und Verbändebeteiligung eingeleitet.

LAG Niedersachsen v. 11.5.2023 - 5 Sa 27/23
Weiß ein Arbeitgeber, dass ein befristet eingestellter Arbeitnehmer während der gesamten Vertragsdauer arbeitsunfähig sein wird, kann er die Befristung nicht mit dem Sachgrund der Vertretung rechtfertigen.

LAG Berlin-Brandenburg v. 23.6.2023 - 12 TaBV 638/22
Weist das Arbeitsgericht den Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit des Einigungsstellenspruchs rechtskräftig zurück, steht damit endgültig fest, dass der Spruch wirksam ist.  Die Verbindlichkeit der formell rechtskräftigen gerichtlichen Feststellung zur Wirksamkeit des Einigungsstellenspruchs ist unabhängig davon, ob in dem Wirksamkeitsprüfungsverfahren alle Unwirksamkeitsgründe thematisiert worden sind.

LAG Nürnberg v. 25.5.2023, 2 Ta 42/23
Erhebt der Arbeitgeber nach Ausspruch einer Kündigung, die der Arbeitnehmer mit einer Kündigungsschutzklage angegriffen hat, gegen den diesen Klage auf Unterlassung verbotener Konkurrenztätigkeit, ist der Gegenstandswert an dem Interesse des Arbeitgebers an der Unterlassung der Konkurrenztätigkeit auszurichten. Dabei ist insbesondere die von ihm befürchtete Umsatz- oder Gewinneinbuße zu berücksichtigen.

EuGH v. 13.7.2023 - C-134/22
Die Verpflichtung des Arbeitgebers, den Behörden in einem frühen Stadium beabsichtigter Massenentlassungen Informationen darüber mitzuteilen, hat nicht den Zweck, den Arbeitnehmern Individualschutz zu gewähren. Diese Mitteilung erfolgt nur zu Informations- und Vorbereitungszwecken und ermöglicht es der zuständigen Behörde lediglich, sich einen Überblick über die Gründe sowie die Folgen der geplanten Entlassungen zu verschaffen.

Die Europäische Kommission hat 10.7.2023 ihren Angemessenheitsbeschluss für den Datenschutzrahmen EU-USA angenommen. In dem Beschluss wird festgelegt, dass die Vereinigten Staaten ein angemessenes Schutzniveau – vergleichbar mit dem der Europäischen Union – für personenbezogene Daten gewährleisten, die innerhalb des neuen Rahmens aus der EU an US-Unternehmen übermittelt werden. Auf der Grundlage des neuen Angemessenheitsbeschlusses können personenbezogene Daten sicher aus der EU an US-Unternehmen übermittelt werden, die am Rahmen teilnehmen, ohne dass zusätzliche Datenschutzgarantien eingeführt werden müssen.

Aktuell im ArbRB
Im Zusammenhang mit den Diskussionen um eine angemessene Work-Life-Balance und längere Erholungsphasen im Arbeitsleben ist die Vier-Tage-Woche eines der zentralen Themen. Laut einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung wünschen sich rund 81 % der Vollzeitbeschäftigten in Deutschland eine Vier-Tage-Woche mit entsprechend niedrigerer Wochenarbeitszeit – allerdings überwiegend (73 %) bei vollem Lohnausgleich. Und einige Unternehmen testen bereits das Vier-Tage-Modell, so etwa das Klinikum Bielefeld im Pflegebereich (s. https://ottosc.hm/PilotPflege). Zu den positiven Erfahrungen gehören eine höhere Zufriedenheit und Loyalität der Arbeitnehmer, die in Zeiten des Fachkräftemangels an Bedeutung gewinnt, ein z.T. niedrigerer Krankenstand und eine höhere Produktivität, aber auch Kostenersparnisse durch eine geringere Nutzung von Büroraumen oder Fahrtkosten. Klar ist aber auch: Nicht für jeden Beruf ist die Vier-Tage-Woche umsetzbar. Im Folgenden wird untersucht, unter welchen arbeitsrechtlichen Voraussetzungen Unternehmen eine Vier-Tage-Woche einführen können und welche Normen bei der konkreten Ausgestaltung zu beachten sind.

ArbG Braunschweig v. 5.7.2023 - 3 Ca 138/23 u.a.
Das Arbeitsgericht Braunschweig hat am 5.7.2023 zwei Klagen freigestellter Betriebsratsmitglieder in vollem Umfang stattgegeben. In den Verfahren klagen freigestellte Betriebsratsmitglieder Vergütungsdifferenzen ein, nachdem die Volkswagen AG, ausgelöst durch eine Entscheidung des BGH vom 10.1.2023 - 6 StR 133/22 - Gehaltskürzungen vorgenommen hatte.

BAG v. 16.2.2023 - 8 AZR 450/21
Das BAG hat endlich die mit Spannung erwarteten Entscheidungsgründe zu seinem Urteil zur Entgeltgleichheit von Männern und Frauen vom 16.2.2023 veröffentlicht.

Ausländische Fachkräfte werden künftig leichter nach Deutschland kommen können. Dies sieht ein Gesetzesbeschluss des Bundestages vor, den der Bundesrat am 7.7.2023 durch Verzicht auf ein Vermittlungsverfahren gebilligt hat. Das Gesetz soll dem aktuellen Fachkräftemangel entgegenwirken.

Damit Unternehmen Kurzarbeitergeld für Ihre Beschäftigten erhalten können, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Auf die aktuelle Rechtslage ab dem 1.7.2023 hat die Bundesagentur für Arbeit in einer Presseinformation hingewiesen.

Zum 1. Juli wurde die Rentenanpassung umgesetzt. Die Renten steigen zum 1.7.2023 in Westdeutschland um 4,39 % und in den neuen Ländern um 5,86 %. Wegen der höheren Lohnsteigerung im Osten wird die Rentenangleichung Ost ein Jahr früher erreicht als gesetzlich vorgesehen. Damit gilt ab dem 1.7.2023 in West und Ost ein gleich hoher aktueller Rentenwert.

LAG Baden-Württemberg v. 27.1.2023 - 12 Sa 56/21
Bei erlaubter Privatnutzung eines dienstlichen E-Mail-Accounts darf eine verdachtsunabhängige Überprüfung durch den Arbeitgeber idR nicht verdeckt erfolgen. Vielmehr muss dem Arbeitnehmer angekündigt werden, dass und aus welchem Grund eine Verarbeitung von E-Mails stattfinden soll. Es muss ihm die Gelegenheit gegeben werden, private Nachrichten in einem gesonderten Ordner zu speichern, auf den kein Zugriff erfolgt. Wird einem Arbeitnehmer ein Smartphone als umfassendes Kommunikations- und Organisationsgerät überlassen und erfolgt im Hinblick auf bestimmte Kommunikationsformen (WhatsApp; SMS; Telefon) ausdrücklich eine einvernehmliche Mischnutzung, darf der Arbeitnehmer annehmen, dass sich die Erlaubnis auch auf andere Kommunikationsformen (E-Mail) bezieht.

Zahlreiche entscheidende Regelungen zum Bürgergeld treten zum Sommer 2023 in Kraft. Dabei wird vor allem der Eingliederungsprozess und der Themenkomplex Weiterbildung und Qualifizierung weiterentwickelt. Hinzu kommen zusätzliche Instrumente wie die ganzheitliche Betreuung und der gemeinsam erstellte Kooperationsplan, welche eine vertrauensvolle Zusammenarbeit „auf Augenhöhe“ unterstützen sollen. Zudem steigen die Freibeträge für Erwerbstätige.

Das Bundeskartellamt hat am 2.7.2023 die Funktion einer externen Meldestelle für Hinweisgeber nach dem neuen Hinweisgeberschutzgesetz übernommen. Das Hinweisgeberschutzgesetz soll sicherstellen, dass Hinweisgeber vor Benachteiligungen und Repressalien geschützt werden, wenn sie Informationen über Rechtsverstöße aus ihrem beruflichen Zusammenhang melden.

LAG Niedersachsen v. 8.3.2023 - 8 Sa 859/22
Meldet sich zunächst der Arbeitnehmer krank und erhält er erst sodann eine arbeitgeberseitige Kündigung, fehlt es idR an dem für die Erschütterung des Beweiswertes der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung notwendigen Kausalzusammenhang. Allein die Tatsache, dass ein Arbeitnehmer bis zur Beendigung eines Arbeitsverhältnisses arbeitsunfähig krankgeschrieben ist, am unmittelbar darauffolgenden Tag gesundet und bei einem anderen Arbeitgeber zu arbeiten beginnt, erschüttert idR den Beweiswert von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nicht.

Aktuell im ArbRB
Arbeitgebern fällt es zunehmend schwer, gute Mitarbeiter zu bekommen. Ursache hierfür ist u.a. die demografische Entwicklung und der allgemeine Fachkräftemangel. Eine Möglichkeit, um für Bewerber attraktiver zu werden, besteht darin, ihnen bei der Gestaltung des Arbeitsvertrags entgegenzukommen und z.B. einen verbesserten Kündigungsschutz anzubieten. Bei den vertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten muss danach unterschieden werden, ob es sich um einen unbefristeten oder befristeten Vertrag handelt.

LAG Niedersachsen v. 20.2.2023 - 1 Sa 702/22
Für die Berechnung des Mutterschutzlohns nach § 18 Satz 1 MuSchG ist nach § 18 Satz 2 MuSchG grundsätzlich auf das durchschnittliche Arbeitsentgelt der letzten drei abgerechneten Kalendermonate vor dem Eintritt der Schwangerschaft abzustellen. Dies gilt auch dann, wenn ein Teil der Vergütung variabel ausgestaltet ist und auf provisionspflichtigen Geschäften beruht. Provisionen, die erst während eines ärztlichen Beschäftigungsverbot nach § 16 MuSchG fällig werden, kommen nur dann und nur in dem Umfang zur Auszahlung, wie sie den nach § 18 Satz 2 MuSchG errechneten Mutterschutzlohn übersteigen.