ArbG Berlin v. 10.7.2025, 59 Ca 10500/24 u.a.
Weitere Entscheidungen zu Abmahnungen von Mitgliedern der ver.di-Betriebsgruppe der Freien Universität
Abmahnungen gegenüber Mitgliedern der ver.di-Betriebsgruppe bei der Freien Universität Berlin wegen eines kritischen Aufrufs im Internet sind abermals unrechtmäßig. Es handelte sich bei den verwendeten Formulierungen zwar um polemisch zugespitzte Kritik, die aber nicht anlasslos und nicht mit dem Ziel der persönlichen Kränkung der angegriffenen Präsidiumsmitglieder geäußert wurde.
Der Sachverhalt:
Die Kläger in den Verfahren Az.: 59 Ca 10500/24 und 59 Ca 10638/24 sind Mitglieder der ver.di-Betriebsgruppe bei der Freien Universität Berlin. Der Vorstand der Betriebsgruppe hatte Ende Januar 2024 auf der eigenen Internetpräsenz einen Aufruf zur Teilnahme an einem Aktionstag u.a. gegen die AfD veröffentlicht. Darin war der Universität vorgeworfen worden, sich tarifwidrig, mitbestimmungsfeindlich und antidemokratisch zu verhalten und dadurch den Rechtsruck und den Aufstieg der AfD zu befördern.
Die Beklagte hat daraufhin gegenüber den Klägern Abmahnungen erteilt. Diese wurden wegen desselben Geschehens und gestützt auf dieselben Vorwürfe erteilt wie gegenüber weiteren Mitgliedern der ver.di-Betriebsgruppe, zu denen das Arbeitsgericht Berlin bereits Urteile gefällt hat. Dabei hatte auch in einem weiteren Parallelfall die klagende Partei erstinstanzlich obsiegt (22 Ca 11081/24). Eine vierte Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin, das zugunsten der beklagten Universität geurteilt hatte (Urt. v. 5.12.2024 - 58 Ca 4568/24), ist zwischenzeitlich auf die Berufung der klagenden Partei vom LAG Berlin-Brandenburg (Urt. v. 2.7.2025 - 23 SLa 94/25) abgeändert und die Arbeitgeberin auch hier zur Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte der klagenden Partei verurteilt worden.
Das Arbeitsgericht hat den beiden Klagen stattgegeben. Die beklagte Universität hat hiergegen Berufungen eingelegt (Az.: 7 SLa 1249/25 und 7 SLa 1250/25).
Die Gründe:
Die Abmahnungen gegenüber den klagenden Mitgliedern der ver.di-Betriebsgruppe bei der Freien Universität Berlin wegen deren Aufrufs im Internet waren unrechtmäßig.
Wie das LAG Berlin-Brandenburg (Urt. v. 2.7.2025 - 23 SLa 94/25) bereits entschieden hat, ist in den abgemahnten Äußerungen - wie schon die anderen erstinstanzlichen Entscheidungen - keine Verletzung der Nebenpflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Arbeitgeberin aus dem Arbeitsverhältnis zu erkennen gewesen. Es waren in dem Aufruf keine unrichtigen Tatsachen wiedergegeben worden. Vielmehr traf es im Kern zu, dass die beklagte Universität Reinigungsarbeiten ausgegliedert und fremdvergeben hatte und diese ungünstigeren tariflichen Bedingungen unterfielen.
Auch hatte die Beklagte tatsächlich tarifliche Zuschläge nicht oder nicht rechtzeitig gezahlt und in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Personalrats anerkannt. Die Grenze zur sog. Schmähkritik, die vom Grundrecht auf freie Meinungsäußerung aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG nicht mehr gedeckt wird, ist nicht überschritten worden. Es handelte sich bei den verwendeten Formulierungen zwar um polemisch zugespitzte Kritik, die aber nicht anlasslos und nicht mit dem Ziel der persönlichen Kränkung der angegriffenen Präsidiumsmitglieder geäußert wurde.
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