Otto Schmidt Verlag

Hessisches LAG v. 2.5.2025 - 10 Ta 402/25

Amtsgericht für Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 765a ZPO auch bei Vollstreckung aus arbeitsgerichtlichen Titeln zuständig

Für einen Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 765a ZPO ist auch dann das Amtsgericht als Vollstreckungsgericht zuständig, wenn es um die Vollstreckung aus arbeitsgerichtlichen Titeln geht.

Der Sachverhalt:
Die Parteien streiten über die Frage, ob der Schuldnerin aufgrund besonderer Umstände Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO zu gewähren ist. Die Gläubigerin erstritt gegen die Schuldnerin vor dem ArbG mit Urteil vom 18.12.2024 einen Titel, aus dem sie die Zwangsvollstreckung betreibt. Gegen das Urteil hat sie Berufung eingelegt, das Verfahren ist derzeit beim LAG anhängig.

Mit Schreiben vom 10.4.2025 stellte die Schuldnerin einen Antrag auf Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO. Sie ist der Ansicht, es würde sie unbillig hart treffen, wenn sie im Wege der Vollstreckung die Versicherungsscheine herausgeben müsse. Durch den Obergerichtsvollzieher sei für Dienstag, den 15.4.2025 die Vollstreckung angekündigt worden. Mit der Herausgabe der Versicherungsscheine würde die Hauptsache praktisch vorweggenommen. Sie vertritt die Auffassung, dass nicht das AG, sondern das ArbG für den Antrag zuständig sei. Dies folge aus den Verweisungsvorschriften in den §§ 62 Abs. 1 Satz 2 und 46 Abs. 2 ArbGG.

Das ArbG Offenbach wies den Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung zurück. Für den Antrag nach § 765a ZPO sei das AG als Vollstreckungsgericht, nicht aber das ArbG zuständig. Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin hatte vor dem LAG keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das ArbG hat zutreffend entschieden, dass das Arbeitsgericht für einen Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 765a ZPO nicht zuständig ist.

Für einen Antrag auf Vollstreckungsschutz wegen eines Verstoßes gegen gute Sitten gem. § 765a ZPO ist dem Wortlaut nach das Vollstreckungsgericht zuständig. Gem. § 764 Abs. 1 ZPO fungieren die Amtsgerichte als Vollstreckungsgerichte. Dabei handelt es sich nach § 802 ZPO um eine ausschließliche Zuständigkeit.Im Arbeitsgerichtsprozess wird hiervon durch die Regelung in § 62 ArbGG nicht abgewichen.

Nach § 62 Abs. 2 Satz 1 ArbGG finden die Vorschriften des Achten Buchs der ZPO auf die Zwangsvollstreckung arbeitsgerichtlicher Titel grundsätzlich Anwendung. Der Verweis auf die Regeln der ZPO über die Zwangsvollstreckung ist nicht so zu verstehen, dass die dort geregelten Organe der Zwangsvollstreckung durch entsprechende Institutionen bzw. Organe der Arbeitsgerichtsbarkeit ersetzt werden. Nur soweit im Rahmen der Zwangsvollstreckung das Prozessgericht zuständig ist, sind die Arbeitsgerichte zuständig. Das gilt im Wesentlichen für Vollstreckungsmaßnahmen gem. der §§ 887 bis 890 ZPO. Im Übrigen verbleibt es bei der Zuständigkeit der Amtsgerichte, z.B. wenn es um die Pfändung von Forderungen geht, darüber hinaus ist der Gerichtsvollzieher nach allgemeinen Regeln zuständig.

Das bedeutet, dass wie bei anderen Maßnahmen der Zwangsvollstreckung, jeweils danach zu differenzieren ist, ob das Prozess- oder das Vollstreckungsgericht zuständig ist. Da für einen Antrag nach § 765a ZPO nach allgemeinen Regeln das Amtsgericht als Vollstreckungsgericht zuständig ist, gilt dies auch, soweit es um die Vollstreckung arbeitsgerichtlicher Urteile geht. § 765a ZPO wird nach h.M. so ausgelegt, dass selbst wenn eine Zwangsvollstreckung nach den §§ 887 ff ZPO zu erfolgen hat, gleichwohl nicht das Prozessgericht, sondern immer noch das Vollstreckungsgericht über einen Antrag nach § 765a ZPO zu entscheiden hat. Vorliegend kommt es hierauf nicht an, weil es um eine Herausgabevollstreckung geht, für die funktional der Gerichtsvollzieher zuständig ist.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 20.05.2025 16:57
Quelle: LaReDa

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