Otto Schmidt Verlag

LAG Mecklenburg-Vorpommern v. 24.4.2024 - 5 SHa 1/25

Örtliche Zuständigkeit bei bei streitgenossenschaftlich verklagter Arbeitgeberin und Ruhegeldkasse

Die Auswahl unter den in Betracht kommenden Gerichten erfolgt nach Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Prozesswirtschaftlichkeit, wobei das bestimmende Gericht ein Auswahlermessen hat. Bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts kann eine vom Kläger zwischen den Streitgenossen gebildete Rangfolge von Bedeutung sein.

Der Sachverhalt:
Der im September 1941 geborene Kläger war seit 1972 bei der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft (DAG) beschäftigt und von 1980 bis 1995 als Leiter eines Berufsbildungszentrums tätig. Zum 1.9.1996 wechselte er dann in den diplomatischen Staatsdienst. Sein Arbeitsverhältnis bei der DAG ruhte währenddessen. Die DAG hatte dem Kläger ein unbeschränktes Rückkehrrecht eingeräumt.

Im März 2001 war die Beklagte zu 1) aus einem Zusammenschluss von fünf Gewerkschaften, zu denen auch die DAG gehörte, gegründet worden. Das Arbeitsverhältnis des Klägers beim Auswärtigen Amt endete am 31.8.2001. Ab dem 1.9.2001 war er der Bundesverwaltung der Beklagten zu 1) zugeordnet und erhielt von dort die Vergütung. Das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) endete zum 31.12.2001 gegen Zahlung einer Abfindung. Seit dem 1.2.2003 bezieht der Kläger eine betriebliche Altersversorgung über die Beklagte zu 2), Ruhegehaltskasse für Beschäftigte der DAG.

Mit Schreiben vom 18.7.2024 teilte die Beklagte zu 1) dem Kläger mit, eine Anpassung der Versorgungsleistungen zum 1.7.2024 aus wirtschaftlichen Gründen nicht vornehmen zu können und die Ruhegehälter zum 1.1.2025 nur um 25 % des gesetzlichen Anpassungssatzes (d.h. um 1,14 %) erhöhen zu wollen. Dem widersprach der Kläger. Er war der Ansicht, dass die wirtschaftliche Lage der Beklagten zu 1) für die Anpassung seiner Betriebsrente keine Bedeutung habe, da die Finanzierung der Betriebsrenten aus dem Vermögen der Beklagten zu 2) erfolge. Mit Schreiben vom 25.1.2025 hat sich der Kläger an das Arbeitsgericht Schwerin gewandt, in dessen Bezirk er wohnt.

Die Beklagte zu 1) rügte die örtliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichts Schwerin und beantragt unter Bezugnahme auf ihre Einstandspflicht aus § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG, den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht Berlin zu verweisen. Berlin sei zudem Erfüllungsort für die Zahlung der Betriebsrente. Die Beklagte zu 2) beantragte, den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht Hamburg zu verweisen. Sie berief sich darauf, nicht passivlegitimiert zu sein, da sie weder Arbeitgeberin des Klägers gewesen sei noch Arbeitgeberentscheidungen nach § 16 BetrAVG treffe.

Das Arbeitsgericht Schwerin hat sich für örtlich nicht zuständig erklärt. Das LAG hat als örtlich zuständiges Gericht das Arbeitsgericht Berlin bestimmt.

Die Gründe:
Unter den Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit und der Prozesswirtschaftlichkeit ist das Arbeitsgericht Berlin als örtlich zuständiges Gericht zu bestimmen.

Im Bezirk des Arbeitsgerichts Berlin hat die letzte Arbeitgeberin des Klägers, die Beklagte zu 1), ihren allgemeinen Gerichtsstand. Diese hatte die vom Kläger angegriffene Entscheidung getroffen und ihm die begehrte Anpassung der Betriebsrente versagt. Der Kläger ging selbst davon aus, dass sich die Klage "primär" gegen die Beklagte zu 1) richte, da sie die aus seiner Sicht zu geringe Erhöhung der Betriebsrente vorgegeben hatte.

In der Klageschrift vom 25.1.2025 hatte der Kläger auf § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG Bezug genommen, nach dem ein Arbeitgeber für die Erfüllung der von ihm zugesagten Leistungen auch dann einzustehen hat, wenn die Durchführung nicht unmittelbar über ihn erfolgt. Zudem war gegenüber der Beklagten zu 1) jedenfalls deren Passivlegitimation nicht im Streit, während die Beklagte zu 2) diese in Zweifel zog. Die Beklagte zu 2) hatte der Kläger nur sekundär, nämlich im Falle des Obsiegens gegenüber der Beklagten zu 1), in Anspruch genommen.

Prozesswirtschaftliche Gesichtspunkte sprachen ebenfalls für das Arbeitsgericht Berlin. Sofern noch weitere Betriebsrentner gerichtlich gegen die eingeschränkte Anpassung im Juli 2024 vorgehen, ist damit zu rechnen, dass zumindest ein Teil der Klagen dort erhoben wird und ggf. gemeinsam verhandelt werden kann.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 14.05.2025 12:32
Quelle: Landesrecht M-V

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