Otto Schmidt Verlag

Thüringer LAG v. 27.8.2025 - 4 Sa 18/23

Zur Eingruppierung eines Musikers des Thüringer Polizeiorchesters

Das Thüringer LAG hat sich vorliegend mit dem Einzelfall der zutreffenden Eingruppierung eines Musikers des Thüringer Polizeiorchesters befasst.

Der Sachverhalt:
Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers. Im Jahr 2013 schrieb der Beklagte u.a. eine Stelle als Schlagzeuger für das Polizeiorchester Thüringen aus. In der Ausschreibung waren ein abgeschlossenes Musikhochschulstudium als wünschenswert und eine "Vergütung nach TV-L" erwähnt. Der Kläger war seit dem 2.3.2013 bei dem Beklagten als Schlagzeuger angestellt. In den unter dem 2.12.2013 geschlossenen Vertrag heißt es u.a.:

"§ 2
Für das Arbeitsverhältnis gelten, solange der Arbeitgeber hieran gebunden ist,
- der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TV-L),
- der Tarifvertrag zur Überleitung des Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Länder) sowie
- die Tarifverträge, die den TV-L und TVÜ-Länder ergänzen, ändern oder ersetzen,
in der Fassung, die für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder und für den Freistaat Thüringen jeweils gilt.

§ 3
Die Probezeit nach § 2 Abs. 4 TV-L beträgt sechs Monate.

§ 4
Der Beschäftigte ist in der Entgeltgruppe E 9 TV-L eingruppiert (§ 12 Abs. 2 TV-L).
Der Arbeitgeber ist berechtigt, dem Beschäftigten aus dienstlichen Gründen eine andere Tätigkeit im Rahmen der Entgeltgruppe zuzuweisen."

Der Beklagte fertigte eine Tätigkeitsdarstellung- und Bewertung. In der heißt es unter Ziffer 8, dass ein Arbeitsvorgang vorläge, der der Entgeltgruppe 9 zuzuordnen sei und unter der Rubrik Fallgruppe ist eingetragen "Nr. 2" unter 8.3 heißt es unter der Rubrik Entgeltgruppe "E 9 Nr. 2 TV-L. i.V.m. der Regelung der Eingruppierung der Beschäftigten des PMKTH". Wegen seines Erziehungsurlaubes erhielt der Kläger mehrere Mitteilungen über die Entwicklung seiner Stufenlaufzeiten. Mit Schreiben vom 8.9.2014 und 12.8.2016 teilte der Beklagte ihm mit, dass er jeweils 3 Jahren nach Einstellungstermin und Vergütung in der Stufe 3 in die Stufe 4 aufsteigen würde. Im nachfolgenden Schreiben vom 17.3.2017, 22.5.2018 und 13.11.2019 teilte der Beklagte dem Kläger jeweils mit, das erst nach 9 Jahren in der Stufe 3 in die Entgeltstufe 4 vorrücken wurde. Der Kläger erhält Vergütung nach der Entgeltgruppe 9a TV-L und begehrt mit seiner Eingruppierungsfeststellungsklage die Eingruppierung in die Entgeltgruppe 9b TV-L.

Das ArbG wies die Klage ab; der Kläger sei von den Entgeltgruppen im besonderen Teil der Anlage zum TV-L nicht erfasst und eine Eingruppierung nach den allgemeinen tariflichen Tätigkeitsmerkmalen scheide aus, weil die Tätigkeit eines Orchestermitglieds keinen Bezug zu Verwaltungstätigkeit habe. Die Berufung des Klägers hatte vor dem LAG keinen Erfolg. Die Revision zum BAG wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Der Kläger hat keinen Anspruch darauf festgestellt zu wissen, dass er nach der Entgeltgruppe 9b der Anlage zum TV-L (kurz: EG 9b) eingruppiert ist.

Es kann offenbleiben, ob die Bezugnahme im Arbeitsvertrag zur wirksamen Einbeziehung des TV-L inkl. der Eingruppierungsvorschriften und der in den Anlagen festgehaltenen Tätigkeitsmerkmale geführt hat. Hierauf kommt es für die Entscheidungsfindung nicht an, weil selbst, wenn dies zugunsten des Klägers unterstellt wird, sich keine Eingruppierung in die EG 9b ergibt. Streitgegenstand ist allein eine Eingruppierung nach den Tätigkeitsmerkmalen der Anlage zum TV-L und dort in die EG 9b. Nicht Streitgegenstand ist Feststellung einer Vergütungspflicht in Höhe der üblichen Vergütung i.S.v. § 612 BGB und Streitgegenstand ist auch nicht eine andere Eingruppierung nach Eingruppierungsrichtlinien des Beklagten für Orchestermusiker. Der Vorsitzende hat in Hinweisen zwar diese Möglichkeiten der Vergütungsermittlung angesprochen; der Kläger hat seine Klage allerdings diesbezüglich nicht umgestellt. Nach der Rechtsprechung des BAG handelt es sich aber um verschiedene Streitgegenstände, sodass hier nur der Streitgegenstand wie oben beschrieben zu prüfen war.

Damit wäre die Klage von vornherein unbegründet, wenn die Eingruppierungsvorschriften des TV-L keine Anwendung auf das Arbeitsverhältnis finden würden. Unterstellt sie würden Anwendung finden und weiter unterstellt, der Kläger wäre, da die besonderen Tätigkeitsmerkmale offensichtlich unter den Parteien auch nicht eingreifen, nach den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen einzugruppieren, hätte die Klage dennoch keinen Erfolg.

Für Beschäftigte, die bereits vor dem 1.1.2019 vom Geltungsbereich des TV-L erfasst waren erfolgte eine Überleitung in die neuen Entgeltgruppen nach § 29b TVÜ-Länder. Daraus folgt, dass zunächst zu ermitteln ist, in welche Vergütungsgruppe der bis zum 31.12.2018 geltenden Entgeltordnung der Kläger einzugruppieren gewesen wäre, immer unter der unterstellten Voraussetzung, der TV-L und seine Entgeltordnung mit den Tätigkeitsmerkmalen der Anlage zum TV-L hätten auf das Arbeitsverhältnis Anwendung gefunden. Dabei gilt, kurzgefasst: nur Angestellte, die in der Entgeltgruppe 9 Fallgruppe 1 und 2 in der bis zum 31.12.2018 geltenden Fassung eingruppiert gewesen sind, wären nach § 29b Abs. 1 TVÜ-Länder in die vom Kläger begehrte Entgeltgruppe 9b zu überzuleiten gewesen. Andere Angestellte, die bis zum 31.12.2018 in der Entgeltgruppe 9 Fallgruppe 3, die Fallgruppe mit der besonderen längeren Stufenlaufzeit in der Stufe 3, eingruppiert gewesen sind, waren nach § 29b Abs. 2 TVÜ-Länder grundsätzlich ohne Überprüfung der Eingruppierung bei unveränderter Tätigkeit in die Entgeltgruppe 9a überzuleiten. Da der Kläger diese Entgeltgruppe erhält, kann seine Klage demnach nur Erfolg haben, wenn er Tatsachen vorträgt, die seine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 9 Fallgruppe 1 oder 2 TV-L in der bis zum 31.12.2018 geltenden Fassung darlegt.

Dies hat der Kläger nicht getan. Hierauf hat das Gericht mit Verfügung vom 13.3.2025 hingewiesen, sodass kein erneuter Hinweis diesbezüglich zu erteilen und die Sache entscheidungsreif war. Die entsprechende Anwendung der Grundsätze über die sogenannte korrigierende Rückgruppierung, wie vom Gericht noch im Hinweis vom 19.3.2025 erwogen und in der mündlichen Verhandlung erörtert, führen hier nicht zum Erfolg der Klage.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 16.09.2025 11:35
Quelle: Rechtsprechungsdatenbank Thüringen

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