Otto Schmidt Verlag

Hessisches LAG v. 12.9.2025 - 12 Ta 600/25

Rechtshängiger Weiterbeschäftigungsantrag oder lediglich Androhung einer Antragstellung?

Wird ein Weiterbeschäftigungsantrag im Kündigungsschutzprozess mit einer Formulierung wie: "Sollte die Beklagte im Gütetermin nicht zu Protokoll des Gerichtes erklären, dass sie den Kläger weiterbeschäftigen wird, sofern ein der Klage stattgebendes Urteil ergeht, stellen wir folgenden weiteren Antrag…" kann regelmäßig nicht von einem rechtshängigen Weiterbeschäftigungsantrag ausgegangen werden. Es handelt sich lediglich um die Androhung einer Antragstellung. Dies folgt aus der Auslegung der Ankündigung, die nicht am Wortsinn zu haften hat, sondern an dem in der Erklärung verkörperten Willen.

Der Sachverhalt:
In dem zugrunde liegenden Hauptsacheverfahren begehrte der Kläger die Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis durch eine ordentliche Kündigung der Beklagten nicht beendet ist, die Feststellung des Fortbestehens seines Arbeitsverhältnisses, die Verurteilung der Beklagten, ihm ein qualifiziertes Zwischenzeugnis zu erteilen und der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen. Weiterhin erstrebte der Kläger hilfsweise für den Fall seines Obsiegens mit dem Kündigungsschutzantrag, die Beklagte zu verurteilen, ihn als Senior Account Manager weiter zu beschäftigen, falls die Beklagte im Gütetermin nicht zu Protokoll des Gerichts erklärten sollte, dass sie den Kläger weiterbeschäftigten werde, sofern ein der Klage stattgebendes Urteil ergeht.

In der Folge stellte das ArbG das Zustandekommen eines Vergleichs nach § 278 Abs. 6 ZPO fest, ohne dass zuvor ein Gütetermin stattgefunden hat. Es setzte den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit gem. § 33 RVG entsprechend seiner zuvor erfolgten Anhörung auf rd. 70.800 € für das Verfahren und auf rd. 86.700 € für den Vergleich fest. Die Prozessbevollmächtigten des Klägers (fortan: Beschwerdeführer) legten gegen den Festsetzungsbeschluss in eigenem Namen Beschwerde ein. Sie sind der Auffassung, der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit sei für das Verfahren auf rd. 88.400 € und für den Vergleich auf weitere rd. 112.600 €, also auf insgesamt rd. 201.100 € festzusetzen.

Das LAG änderte den Beschluss des ArbG teilweise ab und setzte den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit gem. § 33 RVG für den Vergleich auf rd. 120.400 € fest. Im Übrigen hatte die Beschwerde keinen Erfolg.

Die Gründe:
Die Beschwerde ist überwiegend unbegründet.

Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit war für den Vergleich auf rd. 120.000 € festzusetzen. Weiterhin hat das ArbG den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit gem. § 33 RVG für das Verfahren zutreffend auf vier Bruttomonatsgehältern à rd. 17.700 € festgesetzt. Der bedingt gestellte Weiterbeschäftigungsantrag ist schon deshalb nicht zu berücksichtigen, weil er nicht rechtshängig geworden ist.

Wird ein Weiterbeschäftigungsantrag im Kündigungsschutzprozess - wie hier - mit einer Formulierung wie: "Sollte die Beklagte im Gütetermin nicht zu Protokoll des Gerichtes erklären, dass sie den Kläger weiterbeschäftigen wird, sofern ein der Klage stattgebendes Urteil ergeht, stellen wir folgenden weiteren Antrag …" kann regelmäßig nicht von einem rechtshängigen Weiterbeschäftigungsantrag ausgegangen werden. Es handelt sich lediglich um die Androhung einer Antragstellung. Dies folgt aus der Auslegung der Ankündigung, die nicht am Wortsinn zu haften hat, sondern an dem in der Erklärung verkörperten Willen.

Wollte man die Androhung bereits als rechtshängigen Antrag ansehen, so wäre dieser Antrag unzulässig. Einerseits handelte es sich nicht um eine innerprozessuale Bedingung, weil ihr Eintritt nicht von einer Entscheidung des Gerichts, sondern des Prozessgegners abhinge, andererseits wäre der Antrag nicht hinreichend bestimmt, da beispielsweise nicht erkennbar ist, wie der Antrag zu bewerten wäre, wenn es nicht zu einem Gütetermin kommt oder dort ein Versäumnisurteil ergeht.

Da nicht davon ausgegangen werden kann, dass eine Partei willentlich einen unzulässigen Antrag stellt, ist, soweit keine Anhaltspunkte für einen gegenteiligen Willen erkennbar sind, lediglich von der Androhung einer Antragstellung auszugehen. 

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 29.09.2025 11:32
Quelle: LaReDa

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