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ArbRB-Blog

Vor Gericht und auf hoher See …

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… kann man bereits im Wege der Bild- und Tonübertragung „Verfahrenshandlungen vornehmen“ (§ 128a ZPO) oder als Besatzungsmitglied eines Seeschiffs an Sitzungen des Europäischen Betriebsrats teilnehmen (§ 41a EBRG). Ob Betriebsräte zusammenkommen müssen, um wirksame Beschlüsse fassen zu können, wird zurzeit rechtspolitisch diskutiert, der Ausschuss Arbeitsrecht des DAV hat sich richtigerweise für eine gesetzliche Regelung ausgesprochen, um dadurch die erforderliche Rechtssicherheit zu gewährleisten (Stellungnahme Nummer 18/2020 vom 24.3.2020).

In vertrauter Umgebung, nämlich im Home-Office, arbeiten zur Zeit viele Beschäftigte. Es ist zu vermuten, dass in nicht wenigen Fällen keine klaren Vereinbarungen darüber getroffen wurden. Die Punkte, die insoweit regelungsbedürftig sind, müssen hier weder genannt noch sollen sie gelöst werden. Kann ein Betriebsrat vom Arbeitgeber, der seinen Beschäftigten weitestgehend freigestellt hat, von zu Hause aus zu arbeiten, und der die Rahmenarbeitszeit, innerhalb derer die vertraglich vereinbarte Arbeit zu erbringen ist, erweitert hat, um Familie und Beruf besser miteinander vereinbaren zu können, den Abschluss einer Betriebsvereinbarung verlangen und notfalls über die Einigungsstelle erzwingen, wonach der Arbeitgeber nicht einmal mehr prüfen darf, ob die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Betriebes die Anwesenheit einiger weniger Arbeitnehmer in einem rollierenden System erfordert? Mit anderen Worten: Kann der Arbeitgeber durch eine solche Betriebsvereinbarung gezwungen werden, sein Direktionsrecht hinsichtlich des Orts der Arbeitsleistung für die aus seiner Sicht notwendige Mindestbesetzung ganz aufzugeben und insoweit ganz auf Freiwilligkeit zu setzen? Für den Betrieb existiert kein Vertretungsverbot nach § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG.

Meines Erachtens handelt es sich nicht um eine Frage der Ordnung des Betriebes, denn es geht nicht um das Ordnungsverhalten, sondern um das Arbeitsverhalten, genauer: um die Bestimmung des Ortes, an dem die vertraglich vereinbarte Arbeit zu erbringen ist. Auch wenn es sich beim Home-Office um eine Arbeitsstätte im Sinne des Arbeitsschutzrechts handelt und Arbeitnehmer bei einer Arbeit im Home-Office weiter dem Betrieb angehören, von dem aus ihre Arbeitskraft gelenkt wird, spricht mehr dafür, dass der private Wohnbereich nicht mehr dem Betrieb im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr.1 BetrVG zuzurechnen ist. Sicher spielen auf Seiten des Betriebsrats auch Überlegungen des Gesundheitsschutzes eine Rolle, ob dies aber rechtlich relevant ist, ist eine Frage des Einzelfalls. Ein Urteil darüber, ob die Gefahr einer Infizierung in einem Büro, in dem nur noch eine Handvoll Beschäftigter tätig ist, größer oder eher geringer ist als im Home-Office (Single-Haushalte ausgenommen), soll hier auch nicht abgegeben werden, dies ist Aufgabe von Virologen.

RA FAArbR Axel Groeger, Bonn
www.redeker.de

RA FAArbR Axel Groeger ist Partner bei Redeker Sellner Dahs, Bonn. Er gehört zum festen Autorenteam des Arbeits-Rechtsberaters und ist Herausgeber des Handbuchs Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst.

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