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Schadensersatz bei rechtswidriger Versetzung

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Das Hessische Landesarbeitsgericht hat einen Arbeitgeber verurteilt, einem Arbeitnehmer nach einer rechtswidrigen Versetzung die Kosten für eine von ihm angemietete Zweitwohnung und für einen Teil der Heimfahrten zu erstatten. Eine Verpflichtung des Arbeitgebers, die Heimfahrten wie Arbeitszeit zu vergüten, hat es jedoch abgelehnt.

Der Arbeitnehmer war im Stammbetrieb des Arbeitgebers in Südhessen beschäftigt. Ab November 2014 versetzte der Arbeitgeber ihn für mindestens zwei Jahre in die ca. 480 km entfernte sächsische Niederlassung. Der Arbeitnehmer folgte der Aufforderung, klagte jedoch erfolgreich gegen die Versetzung. Während seines Einsatzes in der sächsischen Niederlassung mietete er dort eine Zweitwohnung an. Außerdem pendelte er mit seinem Privatfahrzeug regelmäßig sonntags und freitags zwischen Hauptwohnsitz und Zweitwohnung.

Das Landesarbeitsgericht hielt einen Schadensersatzanspruch für begründet. Der Arbeitgeber hatte rechtswidrig schuldhaft seine Verpflichtung gegenüber dem Arbeitnehmer verletzt, § 241 Abs. 2 BGB. Wegen der allgemein bestehenden Schadensminderungspflicht des Geschädigten sei der Arbeitnehmer jedoch grundsätzlich gehalten, die durch die rechtswidrige Versetzung verursachten Kosten möglichst gering zu halten. Es erschien dem Landesarbeitsgericht sachgerecht, dass der Arbeitgeber lediglich die Kosten 2. Klasse für eine Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln alle zwei Wochen zu erstatten hat. Durch die hierdurch bedingten Reisezeiten habe der Arbeitnehmer jedoch keinen (messbaren) materiellen Schaden erlitten, sondern er habe (lediglich) Zeit aufwenden müssen. Der Freizeit komme als solcher kein Vermögenswert zu. Sie sei nicht kommerzialisiert.

Dem Landesarbeitsgericht erschien es jedoch zu weitgehend, aus § 670 BGB analog eine allgemeine Erstattungspflicht des Arbeitgebers für Fahrtkosten, die durch ein wöchentliches Pendeln entstehen, abzuleiten, wenn der Arbeitnehmer betriebsbedingt örtlich versetzt wird. Das wöchentliche Pendeln zum Erstwohnsitz liege primär im Interesse des Arbeitnehmers, nicht des Arbeitgebers. Sofern die Versetzung rechtmäßig sei und der Arbeitgeber keine Vorgaben in Bezug auf den Wohnort macht, könnte die Annahme einer solchen Verpflichtung leicht zu einer unangemessenen finanziellen Überforderung des Arbeitgebers führen. Es würde Bedenken begegnen, wenn aus allgemeinen Grundsätzen (§ 670 BGB analog) auch für Fälle der vorliegenden Art stets eine umfassende Erstattungspflicht des Arbeitgebers aus dem Gesetz hergeleitet würde. Dies würde i.E. bedeuten, dass vertragliche Abreden zu den Themen Dienstwohnung, erhöhte Fahrtkosten, Umzugskosten etc. (gar) nicht erforderlich wären. Dies wiederum erschiene nicht sachgerecht, weil angemessene Lösungen gerade in individuellen Vereinbarungen getroffen werden können.

Das Urteil (Hessisches Landesarbeitsgericht v. 10.11.2017 – 10 Sa 964/17, ArbRB online) ist noch nicht rechtskräftig (dazu Groeger, jM 2016, 413; ausführlich Krause, Strömungen des Annahmeverzugs im Arbeitsverhältnis, ZfA 2018, 126).

RA FAArbR Axel Groeger, Bonn
www.redeker.de

RA FAArbR Axel Groeger ist Partner bei Redeker Sellner Dahs, Bonn. Er gehört zum festen Autorenteam des Arbeits-Rechtsberaters und ist Herausgeber des Handbuchs Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst.

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