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Verwerfung der Berufung durch Beschluss – Ende des Rechtsstreits?

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Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Für die Zulässigkeit des Rechtsmittels ist eine hinreichende Darstellung der Gründe, aus denen sich die Rechtsfehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung ergeben soll, erforderlich. Dies soll gewährleisten, dass der Rechtsstreit für die Berufungsinstanz durch eine Zusammenfassung und Beschränkung des Rechtsstoffs ausreichend vorbereitet wird. Formale und nicht auf den konkreten Streitfall bezogene Berufungsbegründungen sollen ausgeschlossen werden. Der Berufungsführer hat die Beurteilung des Streitfalls durch den Erstrichter zu überprüfen und darauf hinzuweisen, in welchen Punkten und aus welchem Grund er das angefochtene Urteil für unrichtig hält. Es reicht nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch den Erstrichter mit formelhaften Wendungen zu rügen oder lediglich auf das Vorbringen erster Instanz zu verweisen.

Im arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren kann der Vorsitzende eine unzulässige Berufung allein, also ohne Beteiligung der ehrenamtlichen Richter, durch Beschluss verwerfen (vgl.  § 66 Abs. 2 Satz 2 ArbGG). Insofern weicht das arbeitsgerichtliche Verfahren vom Zivilprozess ab, wo eine Verwerfung der Berufung im Beschlusswege die Entscheidung des gesamten Spruchkörpers voraussetzt. Hinzu kommt, dass im arbeitsgerichtlichen Verfahren eine Rechtsbeschwerde grundsätzlich nur dann statthaft ist, wenn sie in dem Beschluss über die Verwerfung der Berufung ausdrücklich zugelassen wurde (vgl. § 77 ArbGG).

Der Staatsgerichtshof des Landes Baden-Württemberg verlangt daher, dass – „um der hierin angelegten Missbrauchsgefahr zu begegnen“ – die genannten Vorschriften in einer Weise angewendet werden, die den Verfahrensgrundrechten der Rechtsuchenden in besonderer Weise Rechnung trägt (StGH Urt.  v. 3.11.2014 – 1 VB 8/14 http://stgh.baden-wuerttemberg.de/de/entscheidungen/). Bei einer Zurückweisung der Berufung nach § 66 Abs. 2 Satz 2 ArbGG sei zu beachten, dass die der Verfahrensbeschleunigung und Rechtsmittelvereinfachung dienende Alleinentscheidungsbefugnis des Vorsitzenden nach der Gesetzesbegründung darauf beruhe, dass für eine Kammerentscheidung kein sachliches Bedürfnis bestehe, weil nicht materielle Rechtsfragen, sondern formale Kriterien im Vordergrund stünden (vgl. BT-Drs. 16/7716, S. 25). Kommt es damit für die Prüfung der Zulässigkeit der Berufung nicht auf die Erfüllung formaler Kriterien an, sondern stehen – etwa bei der eine Analyse des erstinstanzlichen Urteils erfordernden Prüfung der hinreichenden Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung – materielle Rechtsfragen im Vordergrund, soll für die Verwerfung einer Berufung nach § 66 Abs. 2 Satz 2 ArbGG regelmäßig kein Raum sein. Stellt der Berufungsführer in hinreichender Weise klar, dass die arbeitsgerichtliche Entscheidung hinsichtlich einer bestimmten Frage zur Ãœberprüfung gestellt werden soll und aus welchen rechtlichen Erwägungen heraus die Entscheidung für unrichtig gehalten wird, genügt dies. Ob diese Ausführungen in sich schlüssig oder rechtlich haltbar sind, ist für die Frage der Zulässigkeit der Berufung ohne Bedeutung. Ebenso wenig steht der Zulässigkeit der Berufung entgegen, dass der vorgetragene Rechtsstandpunkt nicht in allen Facetten beleuchtet wird. Jedenfalls kann vom Rechtsmittelführer nicht mehr an Begründung verlangt werden, als vom Ausgangsgericht in diesem Punkt selbst aufgewendet worden ist (vgl. BAG, Urt. v. 28.5.2009 – 2 AZR 223/08).

Das LAG Düsseldorf hat entschieden, dass das Landesarbeitsgericht streng am Gesetzeszweck eine Ermessensentscheidung zu treffen hat, ob mit mündlicher Verhandlung und mit ehrenamtlichen Richtern oder ohne mündliche Verhandlung und alleine durch den Vorsitzenden entschieden werden soll. Da der Beschluss ohne ehrenamtliche Richter ergangen ist, hat es die Rechtsbeschwerde zum BAG zugelassen (LAG Düsseldorf Beschl. v. 19.11.2014 – 12 Sa 981/14).

Mit der – von der herrschenden Meinung abgelehnten – Möglichkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluss des Landesarbeitsgerichts befasst sich Ulrici (NZA 2014, Heft 22, S. 1245 ff).

RA FAArbR Axel Groeger, Bonn
www.redeker.de

 

RA FAArbR Axel Groeger ist Partner bei Redeker Sellner Dahs, Bonn. Er gehört zum festen Autorenteam des Arbeits-Rechtsberaters und ist Herausgeber des Handbuchs Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst.

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