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Krankheit im Arbeitsverhältnis: Hier ist auch der Gesetzgeber gefragt

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Eine alternde Gesellschaft, unbesetzte Stellen, Digitalisierung und Globalisierung der Arbeitswelt stellen die betriebliche Praxis vor zahlreiche neue Herausforderungen. Der Umgang mit erkrankten Beschäftigten und der Gesundheitsschutz entwickeln sich in diesem Kontext zu einem Schwerpunkt.

Nach einer von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin veröffentlichen Statistik sind in 2016 in Deutschland rund 674,5 Mio. Arbeitsunfähigkeitstage angefallen mit volkswirtschaftlichen Produktionsausfällen i.H.v. 75 Milliarden Euro. Bei den Ursachen der Erkrankungen sind Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems mit 22,8 % führend, direkt gefolgt von psychischen Erkrankungen und Verhaltensstörungen, die mit einem Anteil von 16,2 % bereits den zweiten Platz der Krankheitsursachen belegen.

Auch die gerichtliche Praxis der Arbeitsgerichte verzeichnet einen deutlichen Anstieg der Rechtsstreite, die das Thema „Krankheit im Arbeitsverhältnis“ betreffen. In der Datenbank „Juris“ waren Ende September 2018 allein zu dem Stichwort „krankheitsbedingte Kündigung“ 5.321 Entscheidungen dokumentiert, wobei – bemerkenswert – rund 50 % dieser Entscheidungen (2.682) auf den Zeitraum der letzten zehn Jahre entfallen. Vor diesem Hintergrund ist es zu begrüßen, dass das Schwerpunktheft des Arbeits-Rechtsberaters zum Thema Gesundheitsschutz und Krankheit im Arbeitsverhältnis zahlreiche Aspekte und Problemlagen beim Umgang mit erkrankten Beschäftigten in den Blickpunkt rückt.

Die Thematik hat auch die Bundespolitik erreicht. Im Koalitionsvertrag vom 12.3.2018 haben sich die Koalitionsfraktionen in Berlin vorgenommen, die Prävention durch Weiterentwicklung des Präventionsgesetzes zu verbessern, das betriebliche Eingliederungsmanagement zu stärken und den Arbeitsschutz mit Blick auf die Digitalisierung zu überprüfen. Insbesondere das durch die Entwicklung der letzten Jahre besonders relevante betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) bedarf einer Reform. Die Anforderungen an eine rechtssichere Gestaltung sind durch eine immer stärkere rechtliche Konturierung in der Rechtsprechung zur BEM-Gestaltung gestiegen. Die am 28.5.2018 in Kraft getretene Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) tut ein Übriges und hat neue Probleme aufgeworfen. Es wäre zu begrüßen, wenn Berlin durch die angedeutete Reform für eine praxisgerechte Struktur sorgen würde, um das BEM gerade auch in kleineren und mittleren Unternehmen zu etablieren und handhabbar zu machen.

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