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Ist Betriebsratstätigkeit Arbeitszeit im Sinne des ArbZG?

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Nach § 37 Abs. 2 BetrVG sind Mitglieder des Betriebsrats von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien, wenn und soweit es nach Umfang und Art des Betriebs zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Nach § 37 Abs. 3 S. 1 BetrVG hat ein Betriebsratsmitglied zum Ausgleich für Betriebsratstätigkeit, die aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen ist, Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts.

Jedoch ist die Frage, ob Betriebsratstätigkeit Arbeitszeit im Sinne des ArbZG bislang nicht höchstrichterlich entschieden. Das LAG Niedersachsen hat die Frage verneint (Beschluss vom 20.4.2015 – 12 TaBV 76/15, ArbRB online). Mit überzeugender Begründung, denn ansonsten könnten die alleinige Verantwortung des Arbeitgebers gegenüber der zur Durchführung des Arbeitszeitgesetzes berufenen Aufsichtsbehörden einerseits und die Autonomie des Betriebsrats bei der eigenen Wahrnehmung seiner Aufgaben anderseits zu schwer auflösbaren Konfliktsituationen führen. Einerseits würde in die Unabhängigkeit der Amtsführung des Betriebsrates eingegriffen, wenn dem Arbeitgeber zugestanden würde, den Betriebsrat in der heißen Phase einer Verhandlung „quasi ins Bett zu schicken“. Andererseits könnte der Arbeitgeber in eine schwer auflösbare Konfliktsituation geraten, wenn ein selbstbewusster und kampfstarker Betriebsrat sehenden Auges die Grenzen des Arbeitszeitgesetzes überschreitet, ohne dabei auf fürsorgliche Hinweise des Arbeitgebers zur Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes zu achten.

Das LAG Niedersachsen bevorzugt eine vermittelnde Lösung. Danach sind die Maßstäbe des Arbeitszeitgesetzes bei der Ausübung des Direktionsrechtes durch den Arbeitgeber in Zusammenschau der Betriebsratstätigkeit und der dienstlichen Verpflichtungen mittelbar zu beachten. Nimmt ein Betriebsratsmitglied an einer außerhalb seiner persönlichen Arbeitszeit stattfindenden Betriebsratssitzung teil und ist es ihm deswegen unmöglich oder unzumutbar, seine vor oder nach der Betriebsratssitzung liegende Arbeitszeit einzuhalten, so hat er gem. § 37 Abs. 2 BetrVG einen Anspruch auf bezahlte Arbeitsbefreiung. Eine Unzumutbarkeit liegt in der Regel dann vor, wenn bei Zusammenrechnung der für die Betriebsratstätigkeit aufgewendeten Zeiten mit den persönlichen Arbeitszeiten die werktägliche Höchstarbeitszeit nach § 3 ArbZG überschritten werden würde.

RA FAArbR Axel Groeger, Bonn
www.redeker.de

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Hinweis der Redaktion: Vertiefende Informationen zum Thema finden Sie im Tschöpe, Arbeitsrecht-Handbuch (Teil 2 A Rz. 81 ff.):

 

 

RA FAArbR Axel Groeger ist Partner bei Redeker Sellner Dahs, Bonn. Er gehört zum festen Autorenteam des Arbeits-Rechtsberaters und ist Herausgeber des Handbuchs Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst.

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