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ArbRB-Blog

Aktuelles zur betrieblichen Mitbestimmung

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Heute möchte ich Ihnen einige in den letzten Wochen und Monaten veröffentlichte Beschlüsse des BAG und zweier Landesarbeitsgerichte zu aktuellen Fragen rund um Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats vorstellen.

1.         Für das nächste Jahr relevant ist der Beschluss des LAG Köln vom 25.4.2013 (7 TaBV 77/12), wonach die Frage, ob der Arbeitgeber den Rosenmontag generell als normalen Arbeitstag oder als zusätzlichen bezahlten Feiertag behandelt, nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 und/oder Nr. 3 BetrVG unterliegt. Der klagende Betriebsrat verlangte, dass der Arbeitgeber es unterlässt, den Rosenmontag ohne Mitbestimmung des Betriebsrats als Arbeitstag zu bestimmen. Das LAG Köln stellt heraus, dass Regelungen über den Umfang der betrieblichen Wochen- bzw. Jahreszeitverpflichtung nicht der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG unterfallen, weil diese Regelungen sich auf „Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage“ beziehen. Der Umfang der Arbeitspflicht sei vom Mitbestimmungsrecht nicht erfasst.

Auch eine vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der Arbeitszeit nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG habe nicht vorgelegen, weil nicht das am Arbeitstag maßgebliche Zeitvolumen und/oder die betriebsübliche Arbeitszeit betroffen sei. Das LAG Frankfurt hatte zwar im Jahr 1993 (Beschluss vom 20.7.1993 – 5 TaBV 5/93) ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG bejaht, wenn der Arbeitgeber von einer betrieblichen Übung abweicht und dann Arbeitsleistung für den Rosenmontag anordnet. Im Fall des LAG Köln hatte eine solche betriebliche Übung nicht bestanden, die Mitarbeiter hatten noch nie an einem Rosenmontag frei gehabt, sondern es hatte sich immer um reguläre Arbeitszeit gehandelt.

2.         Mediationsgespräche zwischen Arbeitnehmern sind – auch nach dem Inkrafttreten des MediationsG – in aller Munde. Das LAG Nürnberg (Beschluss vom 27.8.2013 – 5 TaBV 22/12) hatte sich mit dem Unterlassungsanspruch des Betriebsrats eines Konzertorchesters gegen Mediationsgespräche zwischen den Musikern der ersten Geigen zum Thema der Verteilung der Sitzplätze hinter dem Pult (die informell statusbestimmend sein soll) befasst. Die Leitung des Orchesters hatte eine solche Mediation für die Musiker der ersten Geigen verpflichtend angeordnet.

Es handelt sich nach Auffassung des LAG Nürnberg nicht um Arbeitszeit bzw. Arbeitsleistung i.S.d.    § 87 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BetrVG, weil die Teilnahme an der Mediation nicht vom Direktionsrecht nach  § 106 Satz 1 und 2 GewO umfasst sei. Dies wiederum sei Folge dessen, dass die Mediation nach § 1 MediationsG freiwillig sei. Auch wenn die Anordnung des Arbeitgebers rechtswidrig gewesen sei, weil die Mediation nicht zwingend angeordnet werden könne, folge hieraus kein Mitbestimmungsrecht, sondern allenfalls eine eigene Rechtsposition des Arbeitnehmers, der sich gegen die Anordnung wehren könne. Die Nichtteilnahme dürfe keine nachträglichen Folgen für den Arbeitnehmer haben.

Dass Mediationen freiwillig sind, hatten zuvor schon verschiedene andere Arbeitsgerichte entschieden, so dass man von einer gewissen Festigung ausgehen kann. Zudem gilt nun § 1 Abs. 1 MediationsG. Danach ist die Mediation ein vertrauliches strukturiertes Verfahren, bei dem die Parteien mit Hilfe eines oder mehrerer Mediatoren freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beilegung ihres Konfliktes anstreben.

3.         Das BAG hat seine Rechtsprechung bestätigt (Beschluss vom 15.10.2013 – 1 ABR 25/12), dass die vom Betriebsrat zuvor verlangte Pflicht zur innerbetrieblichen Ausschreibung (§ 93 BetrVG) auch dann besteht, wenn der Arbeitgeber sich entschieden hat, den Arbeitsplatz mit einem Leiharbeitnehmer zu besetzen. Der Antrag eines Betriebsrats, dem Arbeitgeber die Einstellung von Leiharbeitnehmern zu untersagen, sofern zuvor eine innerbetriebliche Stellenbeschreibung nicht durchgeführt worden ist, war erfolgreich.

Mitbestimmungsrechte werden noch verstärkt, wenn Personalauswahlrichtlinien bestehen (§ 95 BetrVG), wonach bei gleicher Qualifikation interne Bewerber vorrangig zu berücksichtigen sind. Im Streitfall hatte der Arbeitgeber die Auffassung vertreten, § 93 BetrVG sei dann jedenfalls teleologisch zu reduzieren, wenn mit Bewerbungen von im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmern auf die in Frage kommenden Arbeitsplätze „offenkundig“ nicht zu rechnen sei, etwa weil man wegen der geringen Anforderungen an die frei werdenden Stellen und die daraus folgende niedrige tarifliche Eingruppierung von vorneherein nicht mit innerbetrieblichen Bewerbungen rechnen könne (Rz. 26). Dieser Argumentation erklärt das BAG eine klare Absage, wie ich meine auch ganz allgemeiner Natur, weil es darauf abstellt, dass lediglich der innerbetriebliche Stellenmarkt für die von der Ausschreibungspflicht erfassten Arbeitsplätze nicht verschlossen sein darf. Da 30 andere befristete Arbeitsverhältnisse in diesem Bereich geendet hätten, hätten sich zumindest diese Mitarbeiter auf die von den Leiharbeitnehmern später dann besetzten Stellen bewerben können.

Man muss mitnehmen, dass die Argumentation, niemand habe sich auf die frei werdenden Stellen beworben, wohl nicht verfangen wird. Die Pflicht zur innerbetrieblichen Stellenbeschreibung ist im Hinblick auf den Zustimmungsverweigerungstatbestand des § 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG sehr ernst zu nehmen.

4.         Immer wieder verlangen Betriebsräte Mitwirkung und Beteiligung bei Abmahnungen. Dies auch außerhalb des öffentlichen Dienstes, wo früher eine solche Beteiligung im BAT geregelt war.

Das BAG hat in einem Beschluss vom 17.9.2013 (1 ABR 26/12) seine ständige Rechtsprechung bestätigt, wonach der Betriebsrat weder aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG noch aus sonstigen Tatbeständen dieser Norm noch unter Bezug auf § 80 Abs. 2 Satz 1 und 2 BetrVG die Vorlage einzelner oder sämtlicher Abmahnungsschreiben des Betriebes verlangen kann. Dies hatte er in Bezug auf alle Abmahnungen, mit Ausnahme derjenigen des Bereichs der leitenden Angestellten im Rechtsstreit verlangt. Das BAG kommt zum Ergebnis, dass mangels betriebsverfassungsrechtlicher Aufgabe, aus der ersichtlich sei, dass die Vorlage des Abmahnungsschreibens erforderlich sein könnte, kein Anspruch aus § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG besteht, weil dies einen Aufgabenbezug des Betriebsrats voraussetzt. Auch sonst unterliege die Abmahnung nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats, etwa nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG. Es handele sich um die Ausübung des arbeitsrechtlichen Rügerechts, nicht mehr und nicht weniger.

Man wundert sich, wie diese schon lange entschiedene Fragestellung noch einmal zum BAG gelangen konnte. Angesichts der gefestigten Rechtsprechung stellt sich die Frage  nach der Erforderlichkeit der Rechtsanwaltsvergütungsaufwände und für das Beschlussverfahren auf Seiten des Betriebsrats (§ 40 BetrVG).

RA FAArbR Dr. Detlef Grimm ist Partner bei Loschelder Rechtsanwälte, Köln. Er gehört zum festen Autorenteam des Arbeits-Rechtsberaters und ist Mitautor des Arbeitsrecht Handbuchs (Hrsg. Tschöpe) sowie des Handbuchs Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst (Hrsg. Groeger).

3 Kommentare

  1. avatar KDK
    Veröffentlicht 19.3.2014 um 11:53 | Permalink

    Danke für die Infos! Nur unter 3. sollte man die Kirche im Dorf lassen. Gesetze werden m.W. noch immer „teleologisch reduziert“ und nicht „theologisch“…. 🙂

  2. Veröffentlicht 19.3.2014 um 11:57 | Permalink

    Herzlichen Dank für den Hinweis auf meinen Schreibfehler. Das passiert, wenn man kurz vor dem Sprung zu einem Termin bloggt. Ich bin aber der Meinung, dass die Arbeitsgerichtsbarkeit durchaus manchmal „theologisch“ auslegt, …

  3. avatar KDK
    Veröffentlicht 19.3.2014 um 15:13 | Permalink

    „…dass die Arbeitsgerichtsbarkeit durchaus manchmal “theologisch” auslegt, …“

    Da haben Sie sicher recht. …und das führt nicht selten dazu, dass man vom Glauben abfällt…

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