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Kündigung „zum nächstmöglichen Termin“ unbestimmt und unwirksam?

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Das LAG Düsseldorf hat im Urteil vom 28.8.2014 (5 Sa 1251/13) eine ordentliche Kündigung „zum nächstmöglichen Termin“ als unbestimmt und damit unwirksam angesehen.

Bis zu einem Urteil des 5. Senats des BAG vom 1.9.2010 (5 AZR 700/09, NZA 2010, 1409 = ArbRB 2010, 359; bestätigt durch BAG v. 15.5.2013 – 5 AZR 130/12, NZA 2013, 1076 = ArbRB 2013, 300) konnte man davon ausgehen, dass eine Kündigung auch ohne Angabe eines Kündigungstermins wirksam ist, ebenso, wenn das Kündigungsschreiben einen fehlerhaften Kündigungstermin enthalten hatte. Das Arbeitsverhältnis sollte stattdessen zum nächstzulässigen Termin enden (so die Rspr. des 2. Senats: BAG v. 15.12.2005, 2 AZR 148/05, NZA 2006, 791, 792 ff = ArbRB 2006, 205).

Nach der neueren Rechtsprechung des 5. Senats muss bestimmbar sein, zu welchem Termin das Arbeitsverhältnis enden soll. Dies ist dann zu bejahen, wenn zur diesbezüglichen Klärung weder umfassende tatsächliche Feststellungen noch die Beantwortung schwieriger Rechtsfragen erforderlich sind (zuletzt der 2. Senat des BAG v. 10.4.2014 – 2 AZR 647/13, NJW 2014, 3533 = ArbRB 2015, 7; BAG v. 23.5.2013 – 2 AZR 54/12, NZA 2013, 1197, 1202 = ArbRB 2013, 328). Eine Kündigung mit dem Inhalt „Hiermit kündige ich“ wäre danach unwirksam, weil sie nicht auslegungsfähig und auch der Wille einer Beendigung zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht angedeutet ist (Thüsing/Laux/Lembke-Wege, KSchG, 3. Auflage 2014, § 622 BGB, Rz. 9b; anders HWK-Quecke, 6. Aufl. 2014, § 1 KSchG Rz. 27, der die Erklärung als ordentliche Kündigung zum nächstmöglichen Termin auslegt).

Nach h.M. ist die auch Kündigung „zum nächstmöglichen Termin“ oder der Zusatz „hilfsweise kündige ich zum nächstmöglichen Termin“ wirksam (BAG v. 20.6.2013 – 6 AZR 805/11, NZA 2013, 1134 = ArbRB 2013, 295; Thüsing/Laux/Lembke-Wege, a.a.O., Rz. 9c; HWK-Quecke, § 4 KSchG Rz. 6).

Das LAG Düsseldorf bezweifelt, dass der Begriff des „nächstmöglichen Termins“ für den Arbeitnehmer bestimmbar gewesen wäre. Es meint, der Arbeitnehmer müsste dazu verschiedene Vorschriften kennen (das BGB [dort § 622]) und auch noch die Frage tarifvertraglicher oder vertraglicher Kündigungsfristen klären. Im zu entscheidenden Fall ging es dazu noch um die Frage, ob der Gekündigte unter dem Geltungsbereich des Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe fiel, was aus Sicht des LAG eine differenzierte Prüfung zum Geltungsbereich des BRTV-Bau vorausgesetzt hätte. Das sei für den Kläger nicht möglich gewesen, weshalb die einschlägige Kündigungsfrist nicht bestimmbar gewesen wäre. Noch nicht einmal „Fakten und Begleitumstände“ seien im Kündigungsschreiben genannt, aus denen sich die Frist hätte ermitteln lassen. Die Kündigungserklärung sei daher unbestimmt, die Kündigung somit unwirksam.

Das LAG hat die Revision zugelassen, weil es sich um eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung handele. In einem Urteil vom 10.4.2014 (2 AZR 647/13, NZA 2015, 162 = = ArbRB 2015, 7) hat das BAG eine Kündigung „zum nächstzulässigen Termin“ oder „nächstmöglichen Zeitpunkt“ typischerweise dahingehend verstanden, dass der Kündigende die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu dem Zeitpunkt erreichen will, der sich bei der Anwendung der einschlägigen gesetzlichen, tarifvertraglichen und/oder vertraglichen Regelungen als rechtlich frühestmöglicher Beendigungstermin ergibt. Eine Kündigung ist (so Leitsatz 2 des Urteils) jedenfalls dann hinreichend bestimmt, wenn dem Arbeitnehmer die Dauer der Kündigungsfrist bekannt ist oder „für ihn ohne umfassende tatsächliche Ermittlungen oder die Beantwortungen schwieriger Rechtsfragen feststellbar ist“. Nicht hinreichend bestimmt ist die Kündigung, wenn die Kündigungserklärung mehrere Termine für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nennt und für den Erklärungsempfänger nicht erkennbar ist, welcher Termin gelten soll.

In dem vom BAG 2014 entschiedenen Fall war im Arbeitsvertrag auf den Manteltarifvertrag für den Hessischen Einzelhandel Bezug genommen worden. Dort ergab sich die Kündigungsfrist. Allerdings war zwischen den Parteien unklar, welche Betriebszugehörigkeit als maßgebliches Kriterium der Fristberechnung zugrunde zu legen war. Der 2. Senat stellte im Urteil vom 10.4.2014 (2 AZR 647/13) darüber hinaus überhaupt in Frage, ob es an der hinreichenden Bestimmtheit der Kündigung fehlen würde, wenn die Ermittlung der Kündigungsfrist nicht leicht feststellbar ist oder „umfassende tatsächliche Ermittlungen“ oder „die Beantwortung schwieriger Rechtsfragen“ erfordert.

Hierzu lässt sich auch die weitere Rechtsprechung des 2. Senats (v. 15.12.2005 – 2 AZR 148/05, NZA 2006, 791 = ArbRB 2006, 205) heranziehen: Regelmäßig wird eine Kündigung mit fehlerhafter Kündigungsfrist als eine solche zum richtigen Kündigungstermin ausgelegt werden können.

Gegen das Urteil des LAG Düsseldorf ist beim BAG Revision eingelegt worden (Az. 6 AZR 782/14).

Bis zur Klärung durch das BAG bleibt für die Praxis, eine auslegbare oder umdeutbare Formulierung zu wählen: „Das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis kündigen wir unter Einhaltung der geltenden Kündigungsfrist zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Nach unserer Bewertung ist dies der 31.12.2015.“ Eine solche Formulierung sollte auch im Falle einer neben der außerordentlichen Kündigung hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung gewählt werden.

RA FAArbR Dr. Detlef Grimm ist Partner bei Loschelder Rechtsanwälte, Köln. Er gehört zum festen Autorenteam des Arbeits-Rechtsberaters und ist Mitautor des Arbeitsrecht Handbuchs (Hrsg. Tschöpe) sowie des Handbuchs Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst (Hrsg. Groeger).

Ein Kommentar

  1. Veröffentlicht 29.3.2015 um 16:44 | Permalink

    Das LAG Düsseldorf hat leider für weitere Unklarheit gesorgt.Hatte man das Gefühl, die sehr differenzierten,
    nicht völlig deckunsgleichen Ansichten des 5. und des 2. Senats halbwegs verstanden und in die Praxis umgesetzt zu habenzu haben, droht durch die – zu Recht vom LAG zugelassene – Revision neues Ungemach für Arbeitgeber. Zunächst wird man gespannt sein, welcher Senat darüber entscheidet.
    Im übrigen fragt man sich, ob und warum die Parteien oder das LAG – oder alle Drei? – die Möglichkeit der Umdeutung ausser Acht gelassen haben. Wenn schon eine, z.B. wegen der Versäumung der 2-Wochen- Frist des § 626 Abs. 2 BGB, unwirksame ausserordentliche Kündigung in ordentliche Kündigung umgedeutet werden kann (vgl.dazu KR/ Friedrich § 626 Rz. 77 mwN), muss das m.E. erst Recht für eine fristgerechte Kündigung wegen „falscher“ Frist gelten.

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