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ArbRB-Blog

Wenn die Kündigung an der Vollmachtsurkunde scheitert … oder eben nicht

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Immer wieder scheitert der Ausspruch einer Kündigung an formalen Fehlern wie einer fehlenden Unterschrift oder einer fehlenden Vollmachtsurkunde. Legt der Bevollmächtigte dann keine Vollmachtsurkunde vor, ist der Arbeitnehmer berechtigt, die Kündigung gemäß § 174 S. 1 BGB als unwirksam zurückweisen. Eine Zurückweisung ist gemäß § 174 S. 2 BGB ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den Kündigungsempfänger von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte. Mit einer interessanten Variante hat sich das BAG in seinem im Urteil vom 25. September 2014 (2 AZR 567/13, ArbRB 2015, 8 [Boudon]) beschäftigt.

Handelt der Personalleiter, reicht es aus, wenn der Arbeitnehmer ausdrücklich oder konkludent von seiner Stellung als Personalleiter in Kenntnis gesetzt wurde. Ein konkludentes In-Kenntnis-Setzen liegt insbesondere vor, wenn der Arbeitgeber bestimmte Mitarbeiter in eine Stelle berufen hat, die üblicherweise mit dem Kündigungsrecht verbunden ist (ständige Rechtsprechung seit BAG, Urteil vom 30. Mai 1972 – 2 AZR 298/71 –, BAGE 24, 273-279). Deshalb sollte eine Neubesetzung der Personalleiterstelle den Arbeitnehmern immer sofort mitgeteilt werden!  Handelt ein Prokurist, so wird die Kenntnis des Arbeitnehmers nach § 15 Abs. 2 HGB fingiert, wenn die Prokura länger als zwei Wochen im Handelsregister eingetragen ist.

In dem Fall, mit dem sich das BAG beschäftigt hatte, fiel nun beides zusammen: Es kündigte der Personalleiter, der gleichzeitig Gesamtprokurist der Firma war, ohne eine Vollmachtsurkunde vorzulegen. Der betroffene Arbeitnehmer wies die Kündigung „mangels Nachweises der Vertretungsberechtigung des Unterzeichners“ unverzüglich zurück und erhob Kündigungsschutzklage.

Die Eintragung und Bekanntmachung als Gesamtprokurist im Handelsregister konnte die fehlende Vollmachtsurkunde nicht nach § 15 Abs. 2 HGB ersetzen. Die Gesamtprokura nach § 48 Abs. 2 HGB ermächtigt nur zur gemeinsamen Unterzeichnung mit dem Geschäftsführer oder einem anderen Prokuristen und nur so weit reicht auch die positive Publizität des Handelsregisters – das alleinige Vorgehen bei der Kündigung wurde dadurch nicht gedeckt.

Konnte der Kläger die Kündigung deshalb gemäß § 174 S. 2 BGB wirksam zurückweisen?

Das BAG verneint dies und stellt auf die Eigenschaft des Kündigenden als Personalleiter ab: „Eine Zurückweisung der Kündigung nach § 174 S. 2 BGB scheidet auch dann aus, wenn der kündigende Personalleiter zugleich (Gesamt) -Prokurist ist und die im Handelsregister publizierte Prokura sein – alleiniges – Handeln nicht deckt. Es genügt, dass der Kündigungsempfänger aufgrund der ihm bekannten – Stellung des Kündigenden als Personalleiter von einer ordnungsgemäßen Bevollmächtigung zum alleinigen Ausspruch von Kündigungen ausgehen muss.“ Da der Kläger bestritten hat, von der Personalleiterstellung gewusst zu haben, hat das BAG den Rechtsstreit zur weiteren Tatsachenaufklärung an das LAG Hamm zurückverwiesen.

Das BAG macht in der Entscheidung deutlich, dass, auch wenn sich zwei Positionen in Personalunion auf eine Person vereinigen, die jeweiligen Funktionen strikt zu trennen sind: „Die entsprechende Befugnis eines Personalleiters wird dadurch, dass er zugleich zum Gesamtprokuristen bestellt ist, nicht begrenzt. Für die unbeschränkte Vertretungsmacht eines Personalleiters zur Erklärung von Kündigungen spielt es keine Rolle, ob er in seiner Funktion als Gesamtprokurist – ansonsten – nur zur gemeinsamen Vertretung mit einem anderen Prokuristen oder einem gesetzlichen Vertreter des Arbeitgebers befugt ist.“

Die Entscheidung schafft Rechtssicherheit insbesondere für die Personalverantwortlichen und trägt deren Interessen Rechnung. Schließlich ernennt die Geschäftsführung/der Vorstand ihren Personalleiter nicht zum Prokuristen, um seine Befugnisse im Ergebnis auf einem anderen Gebiet zu beschränken. Im Gegenteil: Die Prokura soll zusätzliche Befugnisse verleihen, ohne die bereits bestehenden Personalleiterbefugnisse jedoch anzutasten.

Auch dass der Personalleiter die Kündigung mit dem Zusatz „ppa“, der unmittelbar auf die Prokura hinweist, unterschrieben hat, führt laut BAG zu keiner abweichenden Bewertung. Der Zusatz könne auch verwendet werden, wenn der Prokurist nicht im Rahmen der Gesamtprokura, sondern alleine und aufgrund interner Bevollmächtigung tätig wird. In der Praxis ist Personalleitern dennoch zu raten, auch durch ihre Unterschrift erkennen zu lassen, in welcher Funktion sie gerade handeln. So kommen keine Missverständnisse auf und wird Zurückweisungen nach § 174 S. 2 BGB vorgebeugt.

Die Kündigungsschutzklage wurde übrigens nach Zurückverweisung an das LAG Hamm als unbegründet abgewiesen (17 Sa 1617/14). Eine Gesamtschau der Umstände ergab, dass dem Kläger die Stellung des Kündigenden als Personalleiter bekannt gewesen sein musste, so dass eine Zurückverweisung der Kündigung nach § 174 S. 2 BGB ausgeschlossen war. Unter anderem sprachen Indizien, wie seine erkennbar hervorgehobene Position im Unternehmen, die Tatsache, dass er den Arbeitsvertrag mitunterschrieben hatte und dem Kläger auch die Kündigung persönlich aushändigte und dass der Kläger ihn als eine „Art Chef“ ansah, dafür, dass ihm dessen Stellung als Personalleiter bekannt war.

RA FAArbR Dr. Detlef Grimm ist Partner bei Loschelder Rechtsanwälte, Köln. Er gehört zum festen Autorenteam des Arbeits-Rechtsberaters und ist Mitautor des Arbeitsrecht Handbuchs (Hrsg. Tschöpe) sowie des Handbuchs Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst (Hrsg. Groeger).

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