Otto Schmidt Verlag

ArbRB-Blog

Compliance-Wahnsinn ?

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Das Handelsblatt betitelt seinen Aufmacher in der WE-Ausgabe v. 22./23./24.6.2012 (http://www.handelsblatt.com/)  mit: „Die neuen Mächtigen“  , beklagt den „Compliance-Wahnsinn“ und begründet damit die – angebliche – Herrschaft der Anwälte in deutschen Unternehmen.

Im mehreren Artikeln kommen Kollegen (keine -innen) mit Bild und Zitat zu Wort, die sich  als  Compliance-Experten darstellen. Kein einziger Arbeitsrechtler findet sich darunter, immerhin wird in dem einzigen Artikel zum Arbeitsrecht mit dem – irreführenden – Titel „Im Zweifel für den Ankläger“  Jobst-Hubertus Bauer – beiläufig –  zitiert, der vor Entwarnung warnt. Ist Compliance arbeitsrechtlich also nur ein Randproblem?

„Compliance“ kommt als Rechtsbegriff  in Gesetzen nicht vor. Betriebswirtschaftlich beschreibt er etwas Selbstverständliches, nämlich  allgemeine Regeltreue oder -konformität. Im Gesellschaftsrecht, im Strafrecht, aber auch im Arbeitsrecht steht  das Problem in Gestalt eines Systems zur Prävention zur Lösung an. So geben z.B. „codes of condukt“ (Ethikregeln) verbindliche Vorgaben für das Verhalten unter Beschäftigten vor. Sie unterliegen der betrieblichen Mitbestimmung (BAG v. -22.7.2008 – 1 ABR 40/07 u. v. 17.5.2011 – 1 ABR 121/09, ArbRB online) und sind schon deswegen arbeitsrechtlich relevant.

Verstöße gegen geltendes Recht, oder eben „Compliance“ als Inbegriff der gültigen Normen, lösen Sanktionen aus. Diese können auch Vorgesetzte aus dem Gesichtspunkt der Garantenstellung treffen, die Verstöße in ihrem Verantwortungsbereich nicht ahnden( zur Haftung des „compliance officers“: BGH v. 17.7.2009 – 5 StR 394/08)  ArbRB 2009, 328(Reufels); ferner:  Hess.LAG v. 25.1.2010 – 17 Sa 21/09, ArbRB online). Neben einer Kündigung (vgl. dazu auch Häcker, ArbRB 2010, 216 ff.) kommt die Pflicht zum Schadensersatz in Betracht.

Und dabei haben wir es nur mit dem „normalen Wahnsinn“ zu tun, Compliance liefert hier nur das Etikett. Etwas  „Wahnsinn“ kann beim Verdacht von Compliance-Verstößen  im konkreten Fall und dessen Aufklärung  aufkommen. Bei der Abgrenzung von bloßem Klatsch von tatsächlichen Mißständen stößt man schnell an Grenzen ( dazu auch: Oberthür, ArbRB 2011, 184 ff.;Rudkowski, NZA 2011/612 ff).

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