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Equal Pay und AGG

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Das BAG hat im Urteil vom 16.02.2023 (8 AZR 450/21, ArbRB 2023, 67 [Marquardt]), zu dem aktuell nur die Pressemitteilung vorliegt, festgestellt, dass eine Frau Anspruch auf gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit hat, wenn der Arbeitgeber männlichen Kollegen aufgrund des Geschlechts ein höheres Entgelt zahlt. Allein die unterschiedliche Gehaltshöhe indiziere die Vermutung der Benachteiligung aufgrund des Geschlechts gemäß § 22 AGG, die der Arbeitgeber widerlegen müsse. Forderungen des männlichen Kollegen nach mehr Gehalt rechtfertigten keine Abweichung vom Equal-Pay-Grundsatz.

Das BAG hat daher den Anspruch auf gleiches Gehalt nach Art. 157 AEUV, §§ 3 Abs. 1, 7 EntgTranspG begründet und zugleich eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG in Höhe von 2.000,- € festgesetzt. Allein die Behauptung des Arbeitgebers, der männliche Arbeitskollege habe besser verhandelt und diesem Verhandlungsdruck habe der Arbeitgeber nachgegeben, reiche nicht aus, die Vermutung der Benachteiligung gemäß § 22 AGG zu widerlegen.

So einleuchtend die Leitsätze sind, so schwierig kann die Beurteilung der Benachteiligung in der Praxis sein, wie die Diskussion auf der Frühjahrstagung der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im DAV in München am 24.03.2023 gezeigt hat.

Klar ist noch, dass sachliche und geschlechtsneutrale Gründe vorgebracht werden können, wenn diese eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen, zum Beispiel berufsrelevante Kenntnisse oder Erfahrungen (Betriebszugehörigkeitsdauer oder ähnliches). Auch können ggf. leistungsbezogene Kriterien herangezogen werden.

Spannend ist aber, inwieweit Gehaltsbänder und -spannen oder allgemein Marktanforderungen weiterhin ein zusätzliches Kriterium für eine unterschiedliche Behandlung sein können.

Und wie sind etwa Fälle zu entscheiden, in denen es zum Beispiel einzelne männliche Kollegen gibt, die ein höheres Gehalt haben als andere männliche Kollegen und weibliche Kolleginnen, jedoch der Median der Gehaltshöhe dieser Gruppe der männlichen Kollegen auch durch die Höhe des Gehalts der weiblichen Kollegin erreicht oder überschritten wird?

Oder muss ein Arbeitgeber in Fällen, in denen er aufgrund der Marktanforderungen gezwungen ist, einem männlichen Bewerber eine höhere Vergütung zuzusagen, um diesen überhaupt zu bekommen, dann nachfolgend die Gehaltshöhe der bereits bestehenden weiblichen Kolleginnen, die gleiche oder gleichwertige Arbeit ausführen, anheben?

Sicher ist, dass Arbeitgebern in Zukunft dringend empfohlen werden muss, einen hohen Rechtfertigungs- und Dokumentationsaufwand zu treiben, wenn sie denn unterschiedliche Vergütung für gleiche oder gleichwertige Arbeit in ihren Betrieben rechtfertigen wollen.

 


Rechtsanwalt Dr. Peter Meyer ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner der Kanzlei Weimann & Meyer, Berlin und Mitglied des Geschäftsführenden Ausschusses der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein.


 

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