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Die Zeugnisschlussformel – Selbstbindung durch außergerichtliche Korrespondenz denkbar

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Zum Ende eines Arbeitsverhältnisses treten regelmäßig Fragen im Zusammenhang mit der Formulierung eines Arbeitszeugnisses auf. Neben der üblichen Zeugnissprache zur Bewertung der Arbeitsleistung und des Verhaltens des Arbeitnehmers sind Schlussformeln mit einer Dankes- und Wunschformel weit verbreitet. Einklagbar sind solche abschließenden Sätze nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht. Ein Urteil des LAG München vom 15. Juli 2021 (Az. 3 Sa 188/21) lässt jedoch offen, ob unter Umständen eine Selbstbindung des Arbeitgebers an eine bestimmte Formulierung der Schlussformel durch außergerichtliche Korrespondenz im Rahmen des Trennungsprozesses in Betracht kommt.

Dass auf eine Zeugnisschlussformel kein einklagbarer Anspruch besteht, entspricht der ständigen Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 11.12.2012, Az. 9 AZR 227/11; Urteil vom 20.02.2002, Az. 9 AZR 44/00; krit. HWK-Gäntgen, 10. Aufl. 2022, § 109 GewO, Rz. 28b). Das gilt nach dem Urteil des BAG vom 25.01.2022 (Az. 9 AZR 146/21) auch dann, wenn dem Arbeitnehmer im Zeugnis eine (leicht) überdurchschnittliche Leistung attestiert wird. Wer mehr zum verdeckten Code bei fehlender oder eingeschränkter Schlussformel wissen möchte, sei auf HWK-Gäntgen, 10. Aufl. 2022, § 109 GewO, Rz. 28a f. verwiesen.

Dieser Auffassung hat sich das LAG München in seinem Urteil vom 15.07.2021 (Az. 3 Sa 188/21) angeschlossen und auch bei einer guten Verhaltens- und Leistungsbewertung einen Anspruch auf einen Ausdruck des Bedauerns des Ausscheides und guter Wünsche für die Zukunft im Arbeitszeugnis abgelehnt.

Die Klägerin in diesem Verfahren war der Ansicht, sie habe einen Anspruch auf Erteilung eines Endzeugnisses mit folgender Schlussformel:

„Frau […] verlässt unser Unternehmen auf eigenen Wunsch zum 31.12.2019, was wir sehr bedauern. Wir bedanken uns für die stets gute Zusammenarbeit und wünschen Frau […] beruflich wie privat alles Gute und viel Erfolg.“

Die Klägerin hatte das Arbeitsverhältnis selbst gekündigt und im Anschluss zwei E-Mails ihrer Vorgesetzten mit den folgenden Formulierungen erhalten:

„Es ist schade, dass wir uns so getrennt haben. […] Ich wünsche Dir dennoch alles erdenklich Gute für die berufliche und private Zukunft und bedanke mich aufrichtig für die Zusammenarbeit über die Jahre. Hab Dich wohl und eine baldige Besserung.“

und:

„Ich komme daher Deinem Wunsch nach, Dich vor Vertragsende von der Arbeit freizustellen. Ich wünsche Dir alles Gute und verbleibe mit freundlichem Gruß.“

Der Global Director Finance & IT und der Head of Global HR schrieben der Klägerin per E-Mail:

„Die Freistellung erfolgt ab dem 14.11.2019. Wir danken Ihnen für Ihre bisherige Mitarbeit.“

In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BAG hat das LAG München den Anspruch der Klägerin auf Erteilung der von der Klägerin begehrten Zeugnisschlussformel abgelehnt. Ein solcher folge weder aus § 109 Abs. 1 und Abs. 2 Gewerbeordnung, noch aus der Rücksichtnahmepflicht gemäß § 241 Abs. 2 BGB i. V. m. § 109 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 GewO.

Bemerkenswert ist aber, dass das LAG München einen Anspruch auf eine bestimmte Schlussformulierung aufgrund treuwidrigen, widersprüchlichen Verhaltens i. S. d. § 242 BGB nicht per se ausgeschlossen hat. Ein solcher sei im zu entscheidenden Einzelfall nicht gegeben, weil die Vorgesetzte nicht berechtigt sei, das Zeugnis zu unterzeichnen und insoweit für den Arbeitgeber zu handeln. Das Schreiben des Global Director Finance & IT und des Head of Global HR enthielt hingegen lediglich einen Dank für die bisherige Mitarbeiterin der Klägerin. Insofern liege kein widersprüchliches Verhalten vor.

Im Übrigen bestehe kein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin darauf, dass in persönlichen Schreiben geäußerte Wünsche Inhalt eines Zeugnisses werden würden, das sich vor allem an Dritte richtet.

Das Urteil des LAG München reiht sich in die ständige Rechtsprechung des BAG ein, wonach ein Anspruch auf irgendeine – oder gar auf eine dem Wortlaut nach ganz bestimmte – Zeugnisschlussformel nicht besteht. Es mahnt Arbeitgeber aber zugleich zur Obacht bei der Formulierung außergerichtlicher Korrespondenz im Rahmen von Trennungsprozessen, um etwaige Ansprüche des Arbeitnehmers infolge widersprüchlichen Verhaltens i. S. d. § 242 BGB zu vermeiden. Das LAG schliesst eine Selbstbindung nicht aus

Dr. Detlef Grimm                                                                     Dr. Christina Esser

RA FAArbR Dr. Detlef Grimm ist Partner bei Loschelder Rechtsanwälte, Köln. Er gehört zum festen Autorenteam des Arbeits-Rechtsberaters und ist Mitautor des Arbeitsrecht Handbuchs (Hrsg. Tschöpe) sowie des Handbuchs Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst (Hrsg. Groeger).

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