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„Pacta sunt servanda!“ – Das gilt auch für Arbeitnehmer

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Den Satz „Pacta sunt servanda!“ lernen junge Juristen schon im Studium. Manchmal wünsche ich mir im Arbeitsalltag, dass auch andere Berufsgruppen dies im Rahmen ihrer Ausbildung erläutert bekommen würden.

Wenn ein Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis kündigt, so kann er sich (fast) sicher sein, dass der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage erhebt. Mir drängt sich in letzter Zeit aber der Eindruck auf, dass Arbeitnehmer es ihrerseits mit der Einhaltung der Verträge nicht so genau nehmen. Hierzu werden sie dann auch noch durch zukünftige Arbeitgeber angehalten.

Ein Beispiel: Momentan werden Lehrer gesucht. Private Schulträger vereinbaren auch im Interesse ihrer Schüler oft, dass Arbeitsverträge ordentlich nur zum Halbjahr oder zum Ende des Schuljahres kündbar sind. Auf der Suche nach neuen Lehrern bietet der Staat nun aber häufig sehr kurzfristig die Verbeamtung an. Was tun nun die angestellten Lehrer, die den Kindern im Rahmen der Erziehung auch die Einhaltung von Regeln beibringen sollen? Sie wollen kurzfristig aus ihrem Arbeitsverhältnis ausscheiden und sind verärgert, wenn der Arbeitgeber auf die Einhaltung des Vertrags besteht.

Oder: Meine Mandantin beschäftigt seit vielen Jahren eine Fachkraft. Ersatz ist nicht leicht zu finden. Der Tarifvertrag sieht vor, dass das Arbeitsverhältnis in Abhängigkeit von der Betriebszugehörigkeit unter Einhaltung gewisser Kündigungsfristen kündbar ist. Aber der Arbeitnehmer kündigt und beruft sich dabei auf die kurze Grundkündigungsfrist des § 622 Abs. 1 BGB. Auf den Hinweis, dass dies nicht möglich sei, reagiert der Arbeitnehmer gleich noch mit einer fristlosen Kündigung. Es ist damit zu rechnen, dass der Arbeitnehmer nach Ablauf der kurzen Grundkündigungsfrist nicht mehr zur Arbeit erscheinen wird.

Als Anwälte wissen wir, dass wir hier wenig tun können. Ein Schaden, wenn der Arbeitnehmer vorfristig das Unternehmen verlässt, lässt sich häufig schlecht darlegen. Auch andere juristische Mittel versprechen wenig Erfolg. Sollte der Arbeitgeber wegen Arbeitsverweigerung kündigen, so hätte der Arbeitnehmer sogar sein Ziel des kurzfristigen Ausscheidens erreicht. Und schlussendlich besteht immer noch die Gefahr, dass der Arbeitnehmer bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses erkrankt.

Hier schließt sich mein Wunsch an. Arbeitnehmer sollten die Einhaltung von Verträgen als ebenso selbstverständlich ansehen, wie sie dies auch von ihrem Arbeitgeber erwarten. Und zukünftige Arbeitgeber sollten die Arbeitnehmer nicht auch noch durch kurzfristige Stellenangebote, welche Kündigungsfristen ignorieren, zum Vertragsbruch anhalten.

RA FAArbR Dr. Stefan Sasse, Magdeburg
www.goehmann.de

RA FAArbR Dr. Stefan Sasse ist Partner bei Göhmann Rechtsanwälte, Magdeburg. Er gehört zum festen Autorenteam des Arbeits-Rechtsberaters und ist Mitautor des Handbuchs Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst (Hrsg. Groeger).

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