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Freistellung ist kein Freibrief

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Streitigkeiten rund um die Freistellung von Betriebsratsmitgliedern beschäftigen die Arbeitsgerichte häufig. In einem Beschluss vom 24.02.2016 (7 ABR 20/14) hat sich das BAG mit der Frage beschäftigt, ob freigestellte Mitglieder des Betriebsrats verpflichtet sind, sich beim Arbeitgeber abzumelden, wenn sie außerhalb des Betriebes Betriebsratsaufgaben nachgehen. Das BAG hat diese Frage bejaht. Auch dann, wenn die Betriebsratsarbeit erforderlich ist, müssen sich freigestellte Betriebsratsmitglieder unter Angabe der voraussichtlichen Dauer der Betriebstätigkeit abmelden und sich bei der Rückkehr im Betrieb zurückmelden.

Ausgangspunkt war eine über die Abrechnung von Dienstreisen bekannt gewordene auswärtige Besprechung mit Rechtsanwälten des Betriebsrats. Das Unternehmen forderte die Betriebsräte auf, sich bei Verlassen des Betriebes innerhalb der Arbeitszeit an- und abzumelden und auch die voraussichtliche Dauer der Betriebsratstätigkeit anzugeben. Vorgegebener Adressat der Ab- und Rückmeldung war die Geschäftsführung, nur im Abwesenheitsfall die Personalabteilung.

Nachdem der Antrag des Betriebsrats, nicht zu diesen Angaben verpflichtet zu sein, in den Vorinstanzen erfolgreich gewesen war, hatte der Arbeitgeber beim BAG überwiegend obsiegt. Nach § 37 Abs. 2 BetrVG sind nicht freigestellte Mitglieder des Betriebsrats von ihrer beruflichen Tätigkeit zu befreien, wenn und soweit es nach Umfang und Art des Betriebes zur ordnungsgemäßen Durchführung der Aufgaben erforderlich ist. Das Betriebsratsmitglied ist zur Ab- und Rückmeldung verpflichtet. Dabei handelt es sich um eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht i.S.v. § 241 Abs.2 BGB (so das BAG im Beschluss v. 29.06.2011 – 7 ABR 135/99, Rz. 20 für nicht freigestellte Betriebsratsmitglieder). Sinn der Meldepflicht ist die Dispositionsmöglichkeit im Hinblick auf den Arbeitsausfall.

Das gilt auch – obwohl der Arbeitgeber keine Organisationsmaßnahmen durchführen kann – bei freigestellten Betriebsratsmitgliedern (§ 38 Abs. 1 BetrVG). Das BAG hebt dabei das Gebot zur vertrauensvollen Zusammenarbeit in Rz. 14 des Beschlusses hervor.

Unrecht hatte der Arbeitgeber hier aber, soweit er der Auffassung war, das Betriebsratsmitglied müsse auch den Ort der beabsichtigten Betriebsratstätigkeit im Voraus bekanntgeben. Hier genügt die nachträgliche Inkenntnissetzung, ggf. im Zusammenhang mit der Erstattung der Reisekosten.

Angaben zur Art der Betriebsratsaktivität kann der Arbeitgeber nach h.M. nicht verlangen (vgl. HWK-Reichold, 7. Auflage 2016, § 38 BetrVG, Rz. 27). Auf Verlangen des Arbeitgebers muss der Betriebsrat aber – so Reichold a.a.O. und Fitting, § 38 BetrVG, Rz. 82 – den Nachweis führen, dass er außerhalb des Betriebes tatsächlich Betriebsratsaufgaben wahrgenommen hat (a.A. DKKW/Wedde, 15. Auflage 2016, § 38 Rz. 65). Dies dient letztlich auch der vertrauensvollen Zusammenarbeit, indem es Zweifel über die sachgerechte Verwendung der Arbeitszeit des freigestellten Betriebsratsmitglieds gar nicht erst aufkommen lässt.

RA FAArbR Dr. Detlef Grimm ist Partner bei Loschelder Rechtsanwälte, Köln. Er gehört zum festen Autorenteam des Arbeits-Rechtsberaters und ist Mitautor des Arbeitsrecht Handbuchs (Hrsg. Tschöpe) sowie des Handbuchs Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst (Hrsg. Groeger).

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