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ArbRB-Blog

Streik ohne Ende?

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Nach den Streiks im öffentlichen Dienst bleiben nun die Flugzeuge der Lufthansa am Boden. Das ist lästig und trifft viele Unbeteiligte. Aber sind die aktuellen Arbeitsniederlegungen deswegen auch unverhältnismäßig?

Unbefangen betrachtet würde man meinen, dass im öffentlichen Dienst von einem Scheitern der Verhandlungen im Zeitpunkt der Warnstreiks nicht ausgegangen werden konnte. Arbeitgeber und Gewerkschaften hatten erst zweimal zusammengesessen, um über Lohn- und Gehaltserhöhungen zu verhandeln. Das „Ultima-Ratio-Prinzip“ wird allerdings bei Warnstreiks formal ausgelegt: die Verhandlungen gelten bereits dann als gescheitert, wenn eine Arbeitskampfmaßnahme eingeleitet wird (Wieland in Tschöpe, AHB-Arbeitsrecht, Teil 4 C Rz. 49). Keine Plausibilität, sondern allein die subjektive Einschätzung der Gewerkschaft genügt für das Scheitern der Verhandlungen. Die Arbeitgeberseite trägt allerdings auch manchmal zu der Misere bei, wenn sie sich weigert, ein eigenes Angebot vorzulegen.

Andere Fragen stellen sich aus Anlass des Lufthansa-Streiks. Nicht selten war in den vergangenen Tagen zu hören, dass ein Streik bei derart überhöhten Forderungen unverhältnismäßig sei. Nun gehören Lufthansa-Piloten zwar zweifelsohne zu den „Besserverdienern“. Dies führt aber nicht zur Rechtswidrigkeit ihrer Streikforderungen. Denn das Streikrecht dient nicht nur der Durchsetzung der Interessen von Geringverdienern. Zudem lehnt das BAG eine inhaltliche Kontrolle von unverhältnismäßigen Forderungen – auch von „exorbitant hohen Forderungen“ – im Rahmen des Art. 9 Abs. 3 GG schlichtweg ab (BAG, Urt. v. 24.4.2007 – 1 AZR 252/06, ArbRB 2007, 352 [Mues], ArbRB online).

Fraglich ist allerdings, ob im Bereich der Daseinsvorsorge nicht über eine Einschränkung des Streikrechts nachgedacht werden müsste. Professor Dr. Gregor Thüsing u.a. fordern für diesen Sektor schon seit längerem eine Verpflichtung zur Ankündigung von Streiks sowie von ernsthaften Verhandlungen der Tarifvertragsparteien vor einem Streikaufruf (nachzulesen in einem Interview mit Thüsing im Deutschlandfunk http://www.deutschlandfunk.de/piloten-streik-streikrecht-an-interessen-der-allgemeinheit.694.de.html?dram:article_id=281886). Ob ein solches Ansinnen mehr Erfolgsaussichten hat als die im Koalitionsvertrag angekündigte „verfassungskonforme Regelung der Tarifeinheit“, bleibt abzuwarten.

RA FAArbR Axel Groeger, Bonn
www.redeker.de

RA FAArbR Axel Groeger ist Partner bei Redeker Sellner Dahs, Bonn. Er gehört zum festen Autorenteam des Arbeits-Rechtsberaters und ist Herausgeber des Handbuchs Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst.

Ein Kommentar

  1. Veröffentlicht 10.4.2014 um 08:49 | Permalink

    Da passt die Entscheidung des BAG vom 26.3.2014, 1 BvR 3185/09: Streikbegleitende Flashmob-Aktionen der Gewerkschaften sind zulässig wie die Faust aufs Auge: Streik ohne Ende und ohne Grenzen. Man lese nur die Begründung des Beschlusses zum Flashmob als solchen und zur Teilnahme Dritter.

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