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Partner in Anwaltskanzleien – Arbeitnehmer?

avatar  Martin Reufels

Es ist ein Manko des deutschen Arbeitsrechts, dass zentrale Begriffe unseres Rechtsgebiets nicht gesetzlich definiert sind. Der im Einigungsvertrag erteilte Auftrag, ein Arbeitsvertragsgesetzbuch zu schaffen, in dem derartige Definitionen enthalten gewesen wären, ist bekanntlich nicht umgesetzt worden. Andere Rechtsordnungen sind hier ein Stück weiter, sogar diejenigen Rechtsordnungen, die eigentlich Kodifizierungen kritisch gegenüber stehen (vgl. die Arbeitnehmerdefinition im Englischen Employment Rights Act 1996, Sec. 230(3) ERA).

Nachdem sich die Frage, welche Tätigkeiten eine Arbeitnehmerstellung vermitteln, in der Rechtsprechung lange Zeit „in ausgefahrenen Bahnen“ bewegte, hat sich in den letzten zwei Jahren einiges bewegt. Die gemeinschaftsautonome Auslegung des Arbeitnehmerbegriffs führt zum einen dazu, dass auch Organe von Kapitalgesellschaften in den Arbeitnehmerstatus zu rücken beginnen (vgl. EuGH 11.11.2010 – Danosa), jedenfalls wenn es darum geht, den Anwendungsbereich des auf EU-Richtlinien beruhenden Arbeitsschutzes zu bestimmen. Zum anderen macht diese Entwicklung auch nicht vor Personengesellschaften halt, und hier sind auch Anwaltskanzleien in den Blick zu nehmen. Bisher stand es außer Frage, dass Partner einer BGB-Gesellschaft oder einer Partnerschaftsgesellschaft keine Arbeitnehmer, sondern Selbstständige sind. In Großbritannien ist dies jetzt in Zweifel gezogen worden. Das Employment Appeal Tribunal in London hat im Fall einer Equity-Partnerin einer Sozietät, die einerseits (gesellschaftsrechtlicher) Vollpartner war, andererseits aber eine bestimmte Vergütungszuweisung erhielt, als Arbeitnehmer angesehen (EAT 25.4.2012 – UKEAT 0568/11/RN, 0168/12 RN).

Zwar wurde diese Entscheidung vom englischen Court of Appeals wieder aufgehoben, jedoch zeigt auch diese Entwicklung, dass Gesellschafter von Personengesellschaften und auch Organe von Kapitalgesellschaften in Zukunft wohl häufiger in den Anwendungsbereich des Arbeitsrechts gezogen werden. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 24. März 2012 (II ZR 163/10) zum Geschäftsführer der Kölner Kliniken ist ein weiteres Beispiel hierfür.

Es bleibt abzuwarten, wohin diese Entwicklung führen wird.

 

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