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BVerfG stärkt erneut Bewerberrechte

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Jeder Bewerber um ein öffentliches Amt hat nach Art. 33 Abs. 2 GG Anspruch darauf, dass über die Besetzung der Stelle allein aufgrund der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung der Bewerber entschieden wird.

BVerwG und BAG  haben zur Sicherung dieses Bewerbungsverfahrensanspruchs auf der Grundlage der Rechtsprechung des BVerfG bestimmte Anforderungen an das Auswahlverfahren entwickelt. Danach steht es der öffentlichen Verwaltung keineswegs frei, ein einmal eingeleitetes Verfahren wieder abzubrechen. Vielmehr muss der Abbruch eines Auswahlverfahrens durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt sein (BAG v. 18.8.2010 – 9 AZR 347/09, ArbRB 2010, 329 [Groeger], abrufbar in der ArbRB-Datenbank ArbRB online).

Das BVerfG hat in einer jetzt veröffentlichten Entscheidung die Rechte der Bewerber diesbezüglich weiter gestärkt (BVerfG 1. Kammer d. 2. Senats v. 28.11.2011 – 2 BvR 1181/11). Danach muss der maßgebliche Grund für den Abbruch jedenfalls dann, wenn er sich nicht evident aus dem Vorgang selbst ergibt, schriftlich dokumentiert werden. Die Bewerber würden grundsätzlich nur dadurch in die Lage versetzt, z.B. durch rechtzeitige Akteneinsicht, sachgerecht darüber zu befinden, ob die Entscheidung des Dienstherrn ihren Bewerbungsverfahrensanspruch berührt und ob Rechtsschutz in Anspruch genommen werden sollte.

Das beklagte Land hatte damit erfolglos eingewandt, dass im ersten Auswahlverfahren von ursprünglich 5 Bewerbern 3 ihre Bewerbungen wieder zurückgezogen hätten. Zwar sei beabsichtigt gewesen, das Besetzungsverfahren mit den restlichen 2 Bewerbern durchzuführen. Nachdem unerwartet auch der Mitbewerber seine Bewerbung zurückgezogen und nur noch die Bewerbung des Beschwerdeführers vorgelegen habe, sei entschieden worden, das Verfahren abzubrechen und zur Erweiterung des Bewerberkreises neu auszuschreiben. Nach einem generellen Erlass des Landes konnte ein Auswahlverfahren zugunsten einer Neuausschreibung abgebrochen werden, wenn nur eine Bewerbung vorliegt und zu erwarten ist, dass sich das Bewerberfeld erweitern wird. Dies erfasse aber nicht die – nach dem unbestrittenen Vorbringen des Beschwerdeführers im Eilverfahren vorliegende – Konstellation der auf Anregung des Dienstherrn erfolgten Rücknahme von Bewerbungen und damit der künstlichen Verknappung des Bewerberfelds. Dass der Abbruch mit dem Ziel erfolgt wäre, nach der zurückgezogenen Bewerbung des aussichtsreichsten Kandidaten den ursprünglichen Bewerberkreis unter Einbeziehung derjenigen, denen vorher eine Rücknahme ihrer Bewerbungen nahegelegt worden war, wiederherzustellen, war vom Land nicht vorgetragen und damit auch nicht fachgerichtlich geprüft worden. Das BVerfG weist darauf hin, dass es der Behörde offensteht, das Auswahlverfahren für die Zukunft aus sachlichen Gründen zu beenden. Selbst in diesem Fall müsste es jedoch zu einem neuen Auswahlverfahren kommen, über das wohl der Beschwerdeführer explizit zu unterrichten ist.

Dem BVerfG ist zuzustimmen, dass die Rechtsschutzmöglichkeiten der Bewerber in unzumutbarer Weise eingeschränkt würden, wenn die maßgeblichen Erwägungen erstmals im Rahmen eines Eilverfahrens über die Besetzung der betroffenen Stelle noch dargelegt werden könnten. Dasselbe gilt für die Auswahlerwägungen und die Anforderungen an die Stelle, die ebenfalls im Verfahren dokumentiert werden müssen.

RA FA ArbR Axel Groeger, Redeker Sellner Dahs, Bonn
www.redeker.de

RA FAArbR Axel Groeger ist Partner bei Redeker Sellner Dahs, Bonn. Er gehört zum festen Autorenteam des Arbeits-Rechtsberaters und ist Herausgeber des Handbuchs Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst.

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