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ArbRB-Blog

Ausgewählte arbeitsrechtliche Aspekte bei der Einführung von Desksharing

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Die von Arbeitgebern zum Teil umfassend gewährten Möglichkeiten der mobilen Arbeit haben auch nach dem Abklingen der Pandemie dazu geführt, dass sich die Bindung an feststehende Arbeitsorte und Arbeitszeiten weiter auflöst und dauerhafte Arbeitsplätze deutlich weniger genutzt werden. Dies führt vermehrt zu Überlegungen, Büroraum zu reduzieren mit der Folge, dass nicht mehr für alle Arbeitnehmer:innen Arbeitsplätze im Betrieb vorhanden sind.

Dadurch gewinnt Desksharing an Bedeutung. Das bedeutet, dass sich zukünftig mehrere Arbeitnehmer:innen die vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel und Arbeitsplätze teilen. In diesem Zusammenhang gibt es sowohl im Verhältnis Arbeitgeber-Arbeitnehmer, aber auch im Verhältnis zum Betriebsrat verschiedene arbeitsrechtliche Aspekte bei der Einführung von Desksharing zu beachten.

Entscheidung über das „Ob“ von Desksharing ist allein Sache des Arbeitgebers

Es ist eine freie unternehmerische Entscheidung des Arbeitgebers, alle oder nur einen Teil der Arbeitsplätze nicht mehr individuell zuzuordnen. Es gibt keinen individuellen Anspruch eines Arbeitnehmers auf einen bestimmten Arbeitsplatz im Betrieb. Vielmehr ist es Sache des Arbeitgebers, insoweit mitbestimmungsfrei festzulegen, welche und wie viele Arbeitsmittel und Arbeitsplätze er der Belegschaft zur Verfügung stellen will.

Trotzdem kann der Betriebsrat zu beteiligen sein

Sofern jedoch ein neues Bürokonzept damit eingehergeht und beispielsweise Open-Space-Landschaften eingeführt werden, handelt es sich dabei im Sinne des Gesetzes um „Um- oder Erweiterungsbaumaßnahmen“. Ãœber solche Planungen ist der Betriebsrat gemäß § 90 BetrVG rechtzeitig und unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen zu unterrichten. Mit dem Betriebsrat sind die vorgesehenen Maßnahmen und ihre Auswirkungen auf die Arbeitnehmer:innen so rechtzeitig zu beraten, dass seine Vorschläge und Bedenken bei der Planung berücksichtigt werden können.

Die Einführung von Desksharing wird regelmäßig mit einer sog. Clean-Desk-Policy verbunden, das heißt, Arbeitnehmer:innen werden dazu verpflichtet, den ihnen zur Verfügung gestellten Arbeitsplatz vor Verlassen so zu hinterlassen, dass dieser danach für andere Arbeitnehmer:innen ohne weitere Vorbereitungsmaßnahmen nutzbar ist. Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass eine solche Anweisung nicht unter das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG (Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb) fällt. Dieses Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats könnte aber dann eingreifen, wenn der Arbeitgeber regeln will, dass nur eine gewisse Anzahl von persönlichen Gegenständen (wie Pflanzen und dergleichen) mit in den Betrieb gebracht werden darf.

Häufig sollen Arbeitnehmer ein elektronisches Buchungstool nutzen, um sich einen freien Arbeitsplatz vorab zu buchen. Hier ist das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG (Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen) betroffen und vor dessen Einführung dementsprechend die Mitbestimmung des Betriebsrats durch Abschluss einer Vereinbarung oder einer ergänzenden Vereinbarung zu einer bestehenden Rahmen-IT-Betriebsvereinbarung abzuschließen.

Auch können Mitbestimmungsrechte unter dem Gesichtspunkt des Gesundheitsschutzes betroffen sein (§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG). Nicht selten wird von Betriebsräten in diesem Zusammenhang wegen der etwas geänderten Arbeitsform eine gesonderte Gefährdungsbeurteilung dieser Arbeitsplätze gefordert.

Reichtweite des Direktionstrechts und Annahmeverzug

Die Planung der erforderlichen Arbeitsplätze erfordert sehr viel Sorgfalt. Denn in der Regel kann der Arbeitgeber die Arbeitnehmer nicht auf die Nutzung der mobilen Arbeit verweisen, falls mehr Arbeitnehmer:innen an einem Tag einen festen Arbeitsplatz nachfragen, als Arbeitsplätze im Betrieb vorhanden sind. Unter Anwendung des Direktionsrechts wird der Arbeitgeber hier die Möglichkeit haben, zumindest vorübergehend bei solchen Ausnahmesituationen auch auf die Nutzung von Meetingräumen zu verweisen oder kurzfristig mehr Arbeitsplätze in bestehenden Büroräumen einzurichten. Andernfalls könnte der Arbeitgeber durch die fehlende Zurverfügungstellung eines geeigneten Arbeitsplatzes in Annahmeverzug geraten.

Ebenso wie mobiles Arbeiten aus dem Arbeitsleben nicht hinwegzudenken ist, wird sich Desksharing in den Betrieben weiter etablieren.

RA FAArbR Markus Künzel,
Partner und Leiter der Praxisgruppe Arbeitsrecht
BEITEN BURKHARDT Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, München

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