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Sag mir, wie hältst Du es mit dem Fußball? – Die Zulässigkeit der Frage nach dem „Fansein“ im Bewerbungsgespräch

avatar  Wolfgang Kleinebrink

In wenigen Tagen beginnt die neue Saison der Fußball-Bundesliga. Viele Fans werden ihr bereits entgegenfiebern. Für Arbeitgeber kann dies die Frage aufwerfen, ob sie in einem Bewerbungsgespräch danach fragen dürfen, ob der jeweilige Bewerber Anhänger oder gar Mitglied eines bestimmten Fußballvereins ist. Nicht ausgeschlossen ist nämlich, dass sich für ihn aus der Antwort mögliche Folgerungen für das eventuelle Arbeitsverhältnis ergeben können.

Nicht auszuschließen ist, dass Arbeitnehmer, die einem Fußballverein treu sind, der häufiger auch einmal verliert oder gar absteigt, um dann später wieder in die höhere Liga aufzusteigen, auch im Beruf leichter mit Niederlagen umgehen können, d.h. „resilienter“ sind als Anhänger von Vereinen, die regelmäßig nur den Erfolg kennen. Möglicherweise möchte der Arbeitgeber, der in einer Stadt mit einem Fußballverein sein Unternehmen hat, auch ungern Mitarbeiter haben, die Fans eines anderen Vereins sind, der traditionsgemäß in erheblicher Konkurrenz mit dem Heimatverein steht. Vielleicht will ein Arbeitgeber mit einer solchen Frage aber auch nur das Bewerbungsgespräch auflockern.

Es stellt sich aber die Frage, ob eine solche Frage nach dem „Fansein“ im Bewerbungsgespräch überhaupt zulässig ist. Schaut man sich die Diskriminierungsmerkmale des § 1 AGG an, kommt allein eine mögliche Diskriminierung aus Gründen der Weltanschauung in Betracht. Liegt aber allein im „Fansein“ eine solche Weltanschauung? Ändert sich an der Beurteilung etwas, wenn der eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG einklagende erfolglose Bewerber sich darauf beruft, er lebe buchstäblich für seinen Verein, da er jedes Spiel besuche, alle Familienmitglieder Mitglieder des Vereins seien, sein Auto die Vereinsfarben aufweise und seine Söhne die Vornamen der bekanntesten Spieler des Vereins tragen würden?

Eine gesetzliche Definition des Begriffs der Weltanschauung fehlt. Höchstrichterlich ist ebenfalls noch nicht bestimmt worden, was hierunter zu verstehen ist. Das BAG nimmt lediglich an, dass eine Sympathie für ein Land oder eine zu freundliche Einstellung gegenüber der Regierung dieses Landes ersichtlich nicht die Annahme einer Weltanschauung darstellen (BAG v. 20.6.2013 – 8 AZR 482/12, ArbRB 2013, 361). Man wird hierunter diejenigen Lehren verstehen müssen, die Antworten mit universellen Geltungsanspruch auf die Grundfragen menschlicher Existenz zu geben behaupten (Schaub/Ahrendt, § 36 Rz. 10). Ein religiöser Bezug ist nicht unbedingt erforderlich. Das „Fansein“ bezieht sich aber nur auf einen Teilbereich des menschlichen Lebens, unabhängig davon, wie intensiv man es lebt. Von daher stellt eine entsprechende Frage im Bewerbungsgespräch keine rechtswidrige Diskriminierung im Sinne des AGG dar.

Liegt keine Diskriminierung wegen der Weltanschauung nach dem AGG vor, ist damit aber noch nicht gesagt, dass die Frage zulässig ist. Entscheidend ist dann nämlich, ob der Arbeitgeber an der wahrheitsgemäßen Beantwortung ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse hat. Da es sich bei der Frage nach dem „Fansein“ um die Erhebung eines personenbezogenen Datums handelt, muss die wahrheitsgemäße Beantwortung zur Begründung des Arbeitsverhältnisses iSd. § 26 Abs. 1 BDSG erforderlich sein. Die Beantwortung der Frage muss für den angestrebten Arbeitsplatz und die zu verrichtende Tätigkeit selbst von Bedeutung sein (BAG v. 7.7.2011 – 2 AZR 396/10, ArbRB 2012, 42 [Müller-Mundt]). Nur in diesem Fall müssen die Belange des Bewerbers zurücktreten (s. auch BAG v. 5.10.1995 – 2 AZR 923/94, DB 1996, 580).

Dies wird man bei der Fanfrage grds. verneinen müssen. Es ist bisher nicht wissenschaftlich erwiesen, dass tatsächlich ein Zusammenhang zwischen Faneigenschaft und Arbeitsleistung besteht. Ebenso kann auch nicht aus einem solchen „Fansein“ automatisch auf ein Konfliktpotenzial im Verhältnis zu Arbeitnehmern, die anderen Fußballvereinen anhängen, geschlossen werden. Erst recht besteht kein Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis, wenn der Arbeitgeber die Frage nur stellen will, um das Gespräch aufzulockern.

Der Bewerber muss die Frage folglich nicht beantworten. Da ihm aus einem Schweigen aber Nachteile erwachsen können, ist er berechtigt, die unzulässige Frage falsch zu beantworten, ohne dass sich daraus ein Anfechtungsrecht des Arbeitgebers nach §§ 119,123 BGB ergibt oder eine verhaltensbedingte Kündigung sozial gerechtfertigt wäre (vgl. BAG v. 7.7.2011 – 2 AZR 396/10, ArbRB 2012, 42 Müller-Mundt). Der Bewerber hat damit gleichsam ein „Recht zur Lüge“.

Zu einem anderen Ergebnis wird man ausnahmsweise dann kommen können, wenn der Bewerber sich für eine Tätigkeit bei einem Fußballverein bewirbt. In diesem Fall kann die Frage dazu dienen festzustellen, ob die notwendige Identifikation mit dem Club besteht, so dass sie erforderlich iSd. § 26 Abs. 1 BDSG ist.

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