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Nachtarbeit wird aufgewertet

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Das Bundesarbeitsgericht hat in drei Entscheidungen (10 AZR 423/14, 10 AZR 29/15 und 10 AZR 156/15) eindeutig klargestellt, dass Nachtarbeiter (soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen) nach § 6 Abs. 5 ArbZG grundsätzlich einen Anspruch auf einen Nachtarbeitszuschlag in Höhe von 25% auf den Bruttostundenlohn und Dauernachtarbeiter auf 30% Nachtarbeitszuschlag haben. Soweit noch eine Wahlschuld besteht, kann der Arbeitgeber diesen Zuschlag auch mit einer entsprechenden Anzahl bezahlter freier Tage gewähren. Dabei können im Einzelfall Abweichungen nach oben oder unten erfolgen.

§ 6 Abs. 5 ArbZG regelt, dass, soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, der Arbeitgeber für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren hat. Nachtarbeit ist die Zeit von 23 bis 6 Uhr (§ 2 Abs. 3 ArbZG) und Nachtarbeitnehmer der, der eine solche Nachtarbeit an mindestens 48 Tagen im Kalenderjahr leistet (§ 2 Abs. 5 Nr. 2 ArbZG). Dauernachtarbeit ist gegeben, wenn ein Arbeitnehmer nahezu ausschließlich in dieser Zeit arbeitet.

Der Arbeitgeber zahlte an die Dauernachtarbeiter in den streitgegenständlichen Zeiträumen nur einen Nachtarbeitszuschlag zwischen ca. 11% und 20%. Das Bundesarbeitsgericht hat in der Vergangenheit bereits festgestellt, dass im Regelfall der Nachtarbeitszuschlag  25% betrage (BAG – 5 AZR 148/04).  Bei einem Einsatz in Dauernachtschicht sollte einen Zuschlag von 30% angemessen sein (BAG – 9 AZR 180/02). Der 10. Senat stellte nun nochmals eindeutig klar, dass es sich dabei um Regelsätze handelt. Damit wird die Nachtarbeit seitens des Bundesarbeitsgerichtes aufgewertet. Abweichungen von diesen Regelsätzen nach unten sind beispielsweise bei spürbar geringerer Arbeitsbelastung aufgrund umfangreicher Arbeitsbereitschaft oder umfangreichem Bereitschaftsdienst möglich. Auch ein höherer Ausgleich kann bei besonderen Belastungen angemessen seien.

Da es sich bei der Regelung des § 6 Abs. 5 ArbZG um eine Wahlschuld handelt, kann der Arbeitgeber grundsätzlich wählen, ob er einen Nachtzuschlag ausbezahlt oder dies in Freizeit gewährt. Bezahlt er monatlich einen Zuschlag aus, muss er aufgrund eingetretener Konkretisierung bei nicht angemessener Zahlung die weiteren Leistungen ebenfalls ausbezahlen. Für die Zukunft wird die Wahlmöglichkeit durch die Auszahlung nicht eingeschränkt.

Eine Verringerung der Regelsätze aufgrund eines  hohen Lohns oder eines bezahlten Zuschlags für andere Zeiten (hier von 21 bis 23 Uhr) kommt nicht in Betracht. Auch hat der Senat nochmals klargestellt, dass bei der Freizeitgewährung grundsätzlich der gleiche Rahmen gilt, so dass ein Dauernachtarbeiter im Regelfall für jeweils 80 geleistete Nachtarbeitsstunden in der Zeit zwischen 23:00 und 6:00 Uhr 24 Stunden bezahlte Freizeit (zB. drei freie Tage à acht Arbeitsstunden) erhält.

Macht ein Arbeitnehmer zukünftige Ansprüche geltend, kann er dies, da der Anspruch noch nicht entstanden ist, nicht mit einem zukünftigen Leistungsantrag, sondern nur mit der Feststellungsklage geltend machen.

Insgesamt wertet das Bundesarbeitsgericht durch diese Klarstellungen die Nachtarbeit und deren für die gesamte Gesellschaft sehr wesentlichen Beitrag auf. Auch schafft es für Unternehmen Rechtsklarheit, da eine Orientierung an dem vorgegebenen Regelwerten von 25% bzw. 30% erfolgen kann. Die Rechtsprechung sollte sich nun auf diese Vorgaben einstellen. Die in diesen Verfahren beteiligten Gerichte hatten den Anspruch der Dauernachtarbeiter sehr unterschiedlich bewertet. Auch bleibt abzuwarten, wie die Praxis diese Vorgaben umsetzen wird. Das wichtige Thema der Nachtarbeit hat damit zwar eine klare Orientierung erhalten, wird aber auch in der Zukunft spannend bleiben.

 

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