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Neue Fachliche Weisungen zum AÜG – Employer-of-Record-Dienstleistungen wieder zulässig!

avatar  Jonas Singraven

Die Bundesagentur für Arbeit hatte ihre Fachlichen Weisungen zum AÜG zum 15.10.2024 angepasst und  Employer-of-Record durch diese Anpassung weitgehend für illegal erklärt. Auf scharfe Kritik aus der juristischen Literatur und Praxis hat das BMAS als Rechtsaufsichtsbehörde der Bundesagentur für Arbeit nun reagiert und eine 180-Grad-Wendung veranlasst: Mit Wirkung zum 01.10.2025 wurde die Fachliche Weisung zum AÜG abermals angepasst und und Employer-of-Record-Dienstleistungen gelten wieder als zulässig. Diese konsequente Reaktion ist sehr erfreulich, denn Employer-of-Record-Dienstleistungen sind in einer Welt, die sich immer stärker global vernetzt, ausgesprochen wertvoll und wichtig!

1. Hintergrund

Wenn Mitarbeiter ohnehin remote aus dem Homeoffice arbeiten, ist es aus praktischer Sicht eigentlich gleichgültig, ob diese aus dem In- oder Ausland tätig sind. Mitarbeiter legal im Ausland anzustellen, ist für Unternehmen, die im Ausland nicht ansässig sind, allerdings mit erheblichen bürokratischen Herausforderungen verbunden. Zum einen müssen Lohn und Gehalt, d.h. insbesondere Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge nach den ausländischen Vorgaben abgerechnet werden, was die eigene Lohnabrechnung üblicherweise nicht leisten kann. Zum anderen muss ein Arbeitsvertrag nach ausländischem Recht geschlossen und administriert werden, wozu sich die eigene Rechts- und Personalabteilung üblicherweise nicht in der Lage sieht.

Die Lösung bieten Employer-of-Record-Dienstleistungen. Employer-of-Record-Dienstleister unterhalten als Unternehmensgruppe ausländische Gesellschaften in unterschiedlichen EU-Mitgliedsstaaten und weltweit. Will ein Unternehmen  Mitarbeiter im Ausland beschäftigen, können diese bei einer dort ansässigen Employer-of-Record-Gesellschaft angestellt werden. Der Employer-of-Record-Dienstleister kümmert sich dann um die Arbeitsvertragsgestaltung, Administration sowie die Lohnabrechnung im Ausland. Der Mitarbeiter wird hingegen remote für das deutsche Unternehmen tätig, so als wäre er ein normaler remote tätiger Arbeitnehmer. Die Gebühren für Employer-of-Record-Dienstleistungen sind üblicherweise überschaubar.

Rechtlich gesehen handelt es sich bei diesem Konstrukt in der Regel um Arbeitnehmerüberlassung. Die ausländische Employer-of-Record-Gesellschaft ist Verleiher, der deutsche Kunde Entleiher und der im Ausland remote arbeitende Mitarbeiter Leiharbeitnehmer. Allerdings ging die juristische Literatur bislang weitgehend einhellig und zurecht davon aus, dass lediglich das ausländische Arbeitnehmerüberlassungsrecht gilt, solange die Employer-of-Record-Gesellschaft im Ausland ansässig ist und auch der Mitarbeiter keine Dienstreisen nach Deutschland unternimmt, sondern remote nur aus dem Ausland arbeitet. Der territoriale Anwendungsbereich des AÜG war nicht eröffnet, auch dann nicht, wenn der Entleiher in Deutschland ist. Die ausländische Employer-of-Record-Gesellschaft benötigte deshalb nach ganz herrschender Meinung insbesondere keine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis nach deutschem Recht, sondern lediglich jene des ausländischen Sitzstaats, sofern Arbeitnehmerüberlassung dort ein erlaubnispflichtiges Gewerbe ist.

2. Fachliche Weisungen zum AÜG vom 15.10.2024

Die Bundesagentur für Arbeit hatte ihre Fachlichen Weisungen zum AÜG mit Wirkung zum 15.10.2024 geändert und auf einmal erklärt, dass das AÜG auch in derartigen Fällen angeblich auch im Ausland gelten soll. Dies hieße, dass die ausländischen Employer-of-Record-Gesellschaften eine Arbeitnehmerüberlassung nach deutschem Recht benötigten, wenn sie Mitarbeiter für in Deutschland ansässige Kundenunternehmen beschäftigten wollen. Eine solche Arbeitnehmerüberlassung besaßen diese ausländischen Employer-of Record-Gesellschaften jedoch im Rahmen der marktüblichen Geschäftsmodelle nicht. Auf telefonische Nachfrage bei den zuständigen Agenturen für Arbeit konnte uns auch nicht erklärt werden, wie diese Employer-of Record-Gesellschaften eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis in Deutschland sinnvoll beantragen und erwerben können.

Wenn man diese Rechtsauffassung ernst nahm, wäre die Inanspruchnahme von Employer-of-Record-Dienstleistungen aus Deutschland heraus eine Ordnungswidrigkeit nach § 16 Abs. 1 Nr. 1a AÜG. Viele deutsche Unternehmen nahmen die Problematik ernst und das Employer-of-Record-Geschäftsmodell wurde auf dem deutschen Markt ernsthaft gefährdet (vgl. eingehend hier).

Diese geänderte Weisungslage sorgte zu Recht für scharfe Kritik aus der juristischen Literatur und Praxis. Richtigerweise war diese als europarechtswidrig zu bewerten (eingehend  Bissels/Singraven, ArbRAktuell 2024, 557).

3.Fachliche Weisungen zum AÜG vom 01.10.2025

Glücklicherweise hat das BMAS diese Kritik ernst genommen und innerhalb eines Jahres entschieden reagiert. Die kritischen Passagen aus den Fachlichen Weisungen zum AÜG wurden mit Wirkung zum 01.10.2025 komplett entfernt. Nunmehr heißt es unter § 1.2.3.(2):

„Der Verleiher sitzt im EU/EWR-Ausland (oder einem Drittstaat). Der Entleiher sitzt in Deutschland. Der Leiharbeitnehmer bleibt im EU/EWR-Ausland (oder einem Drittstaat) und wird ausschließlich online für Entleiher in Deutschland tätig, ohne auch nur einmal nach Deutschland zu reisen, um dort zu arbeiten. Der Erlaubnisvorbehalt des § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG erstreck[t] sich mangels ausreichenden Inlandsbezugs nicht auf diese Fälle. Höchstrichterliche Rechtsprechung liegt zu diesen Konstellationen bislang nicht vor.“

Damit sind Employer-of-Record-Dienstleistungen wieder unbestritten zulässig und können von Deutschland aus in Anspruch genommen werden, ohne dass man im rechtlichen Graubereich agieren muss. Vermieden werden sollte allerdings, dass der im Ausland beschäftigte Mitarbeiter Dienstreisen nach Deutschland unternimmt und hier arbeitet. Die Kehrtwende ist sehr zu begrüßen.

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