Prof. Dr. Dr. hc. Ulrich Preis ist am 24. April 2025 an den Folgen eines Schlaganfalls im Alter von nur 68 Jahren verstorben – viel zu früh!
Der Autor dieses Nachrufs hat ihn vor gar nicht langer Zeit bei einem seiner unzähligen Vorträge mit der Bemerkung angekündigt, ihn vorzustellen, hieße, die berühmten Eulen nach Athen zu tragen. In diesem Sinn sind denn auch die nachfolgenden Zeilen nicht nur dem Arbeitsrechtler Ulrich Preis gewidmet, sondern auch dem Menschen.
Wir haben einen großartigen Rechtswissenschaftler verloren, der als Autor, Herausgeber und Vortragender die Entwicklung des deutschen Arbeitsrechts über mehrere Jahrzehnte maßgeblich mitgeprägt hat. Auch dem Otto-Schmidt-Verlag war er mit etlichen Werken (insb. mit Preis, Der Arbeitsvertrag, Preis/Sagan, Europäisches Arbeitsrecht, und mit seinen beiden Lehrbüchern zum Individual- und Kollektivarbeitsrecht) eng verbunden. Dabei zeichnete ihn aus, dass er weder dem Arbeitgeber- noch dem Arbeitnehmerlager zuzuordnen war. Vielmehr argumentierte er – der exakten juristischen Methodik verpflichtet – gradlinig an der Sache orientiert und bemühte sich um ausgleichende Positionen. Lobbyismus lag ihm fern; hinter seinen zahlreichen Gutachten und Stellungnahmen, die er oft an hochrangiger Stelle und zu brisanten Fragen abgab, stand stets eine persönliche Überzeugung. Diese vermochte er, auch wenn die Problematik komplex war, sprachlich verständlich auf den Punkt zu bringen.
Mit viel Energie engagierte er sich in führender Position im Deutschen Arbeitsgerichtsverband, setzte sich für eine Kodifizierung des Arbeitsvertragsrechts ein und stritt als Dekan zweier juristischen Fakultäten, zunächst an der Fernuniversität Hagen bzw. Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, später an der Universität zu Köln, für gute Lern-, Lehr- und Forschungsbedingungen. Der Kölner Universität war der ansonsten überzeugte Düsseldorfer besonders verbunden. Dem von seinem Lehrer Prof. Dr. Dres. h.c. Peter Hanau übernommenen Forschungsinstitut für Sozialrecht blieb er – nach zwischenzeitlicher Erweiterung zum Institut für deutsches und europäisches Arbeits- und Sozialrecht – trotz reizvoller Alternativen bis zu seiner Emeritierung treu.
Es war ihm ein Anliegen, bei Studierenden ein Interesse für arbeitsrechtliche Fragestellungen zu wecken und ihnen dabei ein Bewusstsein für den gesellschaftlichen Kontext und ihre Verantwortung als angehende Juristen zu vermitteln. Er förderte seine Mitarbeitenden, Doktorandinnen und Doktoranden sowie Habilitandinnen und Habilitanden, und half ihnen, eigene Talente zu entdecken, indem er ihnen Kompetenz zutraute, sie ernst nahm und nahbar war.
Seine internationale Anerkennung belegt nicht zuletzt die 2013 verliehene Ehrendoktorwürde durch die Universität Athen.
Als überzeugter Christ übernahm er Verantwortung in der evangelischen Kirche, u.a. als Vorsitzender der Arbeitsrechtlichen Schiedskommission im Bereich der Evangelischen Kirche und Diakonie in Rheinland-Westfalen-Lippe. Dort konnte er tun, was ihm am Herzen lag: Aussöhnen und Vermitteln.
Das tat er auch ganz praktisch, indem er etwa 2018 als Mitschlichter im Arbeitskampf des Universitätsklinikums Essen erfolgreich zwischen den Tarifparteien vermittelte. Deshalb hat er sich besonders gefreut, dass ihn die Stadt Köln in diesem Jahr mit dem Hans-Böckler-Preis ehren wollte. Dieser wird an Persönlichkeiten verliehen, die sich in besonderem Maße um die Verbesserungen der Arbeits- und Lebensbedingungen, die Bildung und Weiterbildung und den sozialen Zusammenhalt verdient gemacht haben.
Neben all diesen beruflichen Verpflichtungen versuchte er stets, für seine Frau und seine vier Kinder da zu sein, gute Freundschaften zu pflegen, ein offenes Ohr für so manche Nöte seiner Mitmenschen zu haben und – last but not least – mit Begeisterung in einer Band Musik zu machen. Gleichwohl haben diese wichtigen Anliegen zeitweise unter seinem Schaffensdrang gelitten, weshalb er sich besonders auf die Zeit des (Un-)Ruhestands freute.
Ulrich Preis war ein Mensch, der gerne gelebt hat und gelacht hat. Er wusste die guten Seiten des Lebens zu genießen, ohne die Schattenseiten zu leugnen. Selbst wenn man seine christliche Auferstehungshoffnung teilt, hinterlässt uns sein Tod ratlos und sehr traurig.
RA Dr. Ralf Steffan, Köln, Mitglied des ständigen Autorenteams des Arbeits-Rechtsberaters (ArbRB), Mitautor bei Gaul, Arbeitsrecht der Umstrukturierung und Henssler/Moll/Bepler, Der Tarifvertrag.
Hinweis: Einen guten Überblick über die Bandbreite des Schaffens von Ulrich Preis hält die Homepage des Instituts für Deutsches und Europäisches Arbeits- und Sozialrecht der Universität zu Köln unter https://ideas.jura.uni-koeln.de/prof-preis#c46010 bereit.