Otto Schmidt Verlag

ArbRB-Blog

Das Aktivrentengesetz: Für Arbeitgeber ist dieses Gesetz allein ohne große Bedeutung

avatar  Wolfgang Kleinebrink

Zum Entwurf eines Gesetzes zur steuerlichen Förderung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Rentenalter (Aktivrentengesetz), der vom 7.11.2025 datiert ist (BT-Ds. 21/2673), fand am 14.11.2025 die erste Lesung im Bundestag statt.

1. Inhalt des Gesetzesentwurfs: Aktivrente

Der Entwurf beinhaltet einen Steuervorteil für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Wer die gesetzliche Regelaltersgrenze erreicht und weiterarbeitet, kann seinen Arbeitslohn bis zu 2.000 Euro im Monat steuerfrei erhalten (sog. Aktivrente). Damit soll Arbeiten im Alter attraktiver werden, um insbesondere den Bedarf an zusätzlichen Arbeitskräften zu decken. Die Regelung schafft durch die Steuerfreistellung für Einnahmen aus nichtselbstständiger Beschäftigung, für die der Arbeitgeber Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet, finanzielle Anreize. Das Gesetz soll zum 1. Januar 2026 in Kraft treten.

2. Arbeitsrechtliche Bedeutung

Mit dem Gesetz zur Einführung einer Aktivrente allein wird das angestrebte Ziel, zusätzliche Arbeitskräfte aus dem Bereich der Altersrentner zu gewinnen, nicht erreicht. Dieses Gesetz ändert an den arbeitsrechtlichen Beschränkungen, die bei einer Beschäftigung von Personen über das gesetzliche Renteneintrittsalter hinaus bestehen, nichts.

Arbeitgeber sind bei einer Weiterbeschäftigung von rentenberechtigten Personen daran interessiert, lediglich einen befristeten Arbeitsvertrag zu vereinbaren.

Nach § 41 Abs. 1 Satz 3 SGB VI besteht die Möglichkeit, mit einem noch im Arbeitsverhältnis stehenden Arbeitnehmer, dessen Arbeitsvertrag die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze vorsieht, den Beendigungszeitpunkt hinauszuschieben. Im Umkehrschluss folgt hieraus, dass diese Möglichkeit ausscheidet, wenn eine solche „Hinausschiebenvereinbarung“ erst abgeschlossen wird, nachdem der Arbeitnehmer bereits ausgeschieden ist.

Daneben bestehen die in § 14 Abs. 1 TzBfG enthaltenen Befristungsmöglichkeiten mit Sachgrund, die allerdings entweder selten vorliegen oder für den Arbeitgeber nicht flexibel genug sind. Die für einen Arbeitgeber interessanteste Möglichkeit, die in § 14 Abs. 2 TzBfG geregelte Befristung ohne Sachgrund, scheitert daran, dass mit demselben Arbeitnehmer schon ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG enthält dieses sog. Vorbeschäftigungsverbot. Die erweiterten Möglichkeiten, die § 14 Abs. 3 TzBfG ausnahmsweise für befristete Arbeitsverhältnisse ohne Sachgrund vorsieht, greifen bei dieser Personengruppe kaum.

3. Zwischenfazit

Das Aktivrentengesetz verschafft Unternehmen entgegen seiner Zielsetzung nicht dringend benötigte zusätzliche Arbeitskräfte.

4. Der Zusammenhang mit dem Gesetzesentwurf zur Stabilisierung des Rentenniveaus

Die Bedeutung des Gesetzesvorhabens zur Aktivrente erschließt sich für Arbeitgeber erst, wenn man den Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Stabilisierung des Rentenniveaus und zur vollständigen Gleichstellung der Kindererziehungszeiten vom 1.10.2025 mitberücksichtigt (BT-Ds. 21/1929). Der Bundestag hat am 16. Oktober 2025 erstmals über diesen Entwurf beraten. Im Anschluss an die Aussprache wurde die Vorlage zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen. Die Federführung liegt beim Ausschuss für Arbeit und Soziales. Eine öffentliche Anhörung durch den Ausschuss für Arbeit und Soziales hat am 10.11.2025 stattgefunden.

Die für Arbeitgeber notwendige – und im Aktivrentengesetz nicht enthaltene – Flexibilisierung beim Vorbeschäftigungsverbot enthält dieses Gesetzesvorhaben (allerdings unzureichend, zur Kritik bereits: Kleinebrink, ArbRB-Blog v. 11.9.2025). Es handelt sich um ein Zustimmungsgesetz. Es soll ebenfalls zum 1.1.2026 in Kraft treten.

  • 41 Abs. 2 SGB VI lautet:

„§ 14 Absatz 2 Satz 2 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes gilt nicht für Arbeitnehmer, die die Regelaltersgrenze erreicht haben, wenn bei befristeten Arbeitsverhältnissen nach § 14 Absatz 2 Satz 1 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes beim selben Arbeitgeber

  1. die Voraussetzungen des § 14 Absatz 2 Satz 1 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes eingehalten werden und
  2. keine der folgenden Grenzen überschritten wird:
  3. a) eine Höchstdauer von insgesamt acht Jahren und
  4. b) die Anzahl von zwölf befristeten Arbeitsverträgen.
  • 14 Absatz 2 Satz 3 und 4 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes bleiben unberührt.“

Allerdings ist der Entwurf innerhalb der CDU/CSU umstritten. Dies liegt nicht an dieser Regelung, sondern an den Bestimmungen zum Zeitpunkt der Festschreibung der Rentenniveaus. Dieser Zeitpunkt wird von jungen Abgeordneten als zu spät kritisiert. Dieser Kritik haben sich mittlerweile zahlreiche Wirtschaftsverbände angeschlossen. Es ist damit nicht ausgeschlossen, dass dieses Gesetzesvorhaben – zumindest mit diesem Inhalt – scheitert.

5. Fazit

Das Aktivrentengesetz ist ohne die gleichzeitige Aufhebung des Vorbeschäftigungsverbots nahezu wertlos. Es stellt sich heraus, dass es ein Fehler war, die Änderung zum Vorbeschäftigungsverbot nicht mit in das Aktivrentengesetz aufzunehmen. Arbeitgebern ist zu empfehlen, die Änderung des § 41 Abs. 2 SGB VI abzuwarten, bevor sie eine Personalplanung für die Beschäftigung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern über das Rentenalter hinaus vornehmen. Eine Ausnahme ist die nahtlose Weiterbeschäftigung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern über die Regelaltersgrenze hinaus; hierbei müssen jedoch sorgfältig die Voraussetzungen des § 41 Abs. 1 Satz 3 SGB VI beachtet werden (ausführlich hierzu bereits: Kleinebrink, „Altersbefristung nach neuem Recht“, DB 2014, 1490).

Schreiben Sie einen Kommentar

Sie müssen sich einloggen um einen Kommentar schreiben zu können.