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ArbRB-Blog

Das Gesetzgebungsverfahren zur „Altersbefristung“ läuft – und wirft Fragen auf

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Der Entwurf eines Gesetzes zur Stabilisierung des Rentenniveaus und zur vollständigen Gleichstellung der Kindererziehungszeiten (BR Ds. V. 15.8.2025 – 357/25), sieht unter anderem vor, dass das sog. Vorbeschäftigungsverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz – TzBfG für Personen aufgehoben wird, welche die Regelaltersgrenze erreicht haben, um die Rückkehr zu ihrem bisherigen Arbeitgeber zu erleichtern.

  • 41 Abs. 2 SGB VI -E lautet wörtlich:

„§ 14 Absatz 2 Satz 2 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes gilt nicht für Arbeitnehmer, die die Regelaltersgrenze erreicht haben, wenn mit befristeten Arbeitsverhältnissen nach § 14 Absatz 2 Satz 1 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes bei demselben Arbeitgeber

  1. die Voraussetzungen des § 14 Absatz 2 Satz 1 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes eingehalten werden und
  2. keine der folgenden Grenzen überschritten wird:
  3. a) eine Höchstdauer von insgesamt acht Jahren und
  4. b) die Anzahl von zwölf befristeten Arbeitsverträgen.
  • 14 Absatz 2 Satz 3 und 4 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes bleiben unberührt.“

Bedeutung des Vorbeschäftigungsverbots

Nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ist eine sachgrundlose Befristung nicht möglich, wenn zwischen den Vertragsparteien zuvor ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Grundsätzlich ist unerheblich, wie lange ein solches früheres Arbeitsverhältnis zu demselben Arbeitgeber zurückliegt. Nach einer  Entscheidung des BVerfG muss die Vorschrift aber einschränkend ausgelegt werden, wenn die mit dem darin bestimmten Verbot verbundene Einschränkung der Berufsfreiheit und Vertragsfreiheit der Arbeitsvertragsparteien unzumutbar ist. Das ist der Fall, wenn weder eine Gefahr der Kettenbefristung in Ausnutzung der strukturellen Unterlegenheit des Beschäftigten noch eine Gefahr für die soziale Sicherung durch eine Abkehr vom unbefristeten Arbeitsverhältnis als Regelbeschäftigungsform besteht. In diesen Fällen haben Arbeitgeber die Anwendung des Verbots in verfassungskonformer Auslegung der Norm auszuschließen (BVerfG v. 6.6.2018 – 1 BvL 7/14, ArbRB 2018, 195). Dies kann bei geringfügigen Nebenbeschäftigungen während der Schul- und Studienzeit, bei Werkstudierenden und studentischen Mitarbeitern im Rahmen ihrer Berufsqualifizierung oder bei einer erzwungenen oder freiwilligen Unterbrechung der Erwerbsbiographie, die mit einer beruflichen Neuorientierung oder einer Aus- und Weiterbildung einhergeht, der Fall sein.

Abgrenzung des vor Beschäftigungsverbots von den sonstigen Voraussetzungen der kalendermäßigen sachgrundlosen Befristung

Neben dem Vorbeschäftigungsverbot enthält das Gesetz für die kalendermäßige sachgrundlose Befristung weitere Voraussetzungen.

Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG  ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrags ohne sachlichen Grund nur bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig. Bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist die höchstens dreimaliger Verlängerung rechtmäßig. § 14 Abs. 2 Satz 3 TzBfG ermöglicht allerdings die Anzahl der Verlängerungen befristeter Arbeitsverträge oder die Höchstdauer der Befristung durch Tarifvertrag abweichend von § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG zu regeln.

Beschränkung der beabsichtigten Neuregelung auf die Lockerung des Vorbeschäftigungsverbots

Das Gesetzgebungsvorhaben bezieht sich allein auf inhaltliche Änderungen beim Vorbeschäftigungsverbots. Die sonstigen Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer sachgrundlosen kalendermäßige Befristung sollen nach derzeitigem Gesetzgebungstand beibehalten werden. Dies folgt daraus, dass nach § 14 Abs 2 Satz 1 TzBfG-E die Voraussetzungen des § 14 Absatz 2 Satz 1 TzBfG eingehalten werden müssen. Auch bei der neuen Altersbefristung ist demnach eine kalendermäßige Befristung ohne Sachgrund nur bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch nur die höchstens dreimaliger Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsverhältnisses denkbar, sofern ein Tarifvertrag nichts anderes vorsieht.

Dies ist auch so gewollt. In der Begründung des Gesetzesentwurf heißt es wörtlich:

„Da die einzelnen gemäß § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG sachgrundlos befristeten Arbeitsverträge auch nach Erreichen der Regelaltersgrenze die Voraussetzungen des § 14 Absatz 2 Satz 1 TzBfG einhalten müssen, kann die Höchstdauer von acht Jahren zum Beispiel nicht mit nur einem Arbeitsvertrag erreicht werden. Möglich ist aber zum Beispiel ein viermaliger Abschluss eines zweijährigen sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrages.“(BR Ds. v. 15.8.2025 – 357/25 S. 26).

Bewertung

Die Aufhebung des Vorbeschäftigungsverbots ist sowohl aus Sicht von Arbeitgebern als auch von Arbeitnehmern sinnvoll. Arbeitgeber können dringend benötigte Fachkräfte erneut bekommen; Arbeitnehmer erhalten die erleichterte Chance, bei ihrem früheren Arbeitgeber die Arbeit wieder aufnehmen zu können. Allerdings ist die Beibehaltung der Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 S.1 TzBfG praxisfremd und schränkt die gewünschte Flexibilität am Arbeitsmarkt wieder erheblich ein.

Ein sachgrundlos befristeter Vertrag kann im Rahmen der Altersbefristung zwar verlängert werden – jedoch nur maximal dreimal und das nur bis zu Gesamtdauer von zwei Jahren, sofern Tarifverträge keine abweichenden Regelungen enthalten. Jede dieser Verlängerungen darf nicht mit inhaltlichen Änderungen des Arbeitsvertrags einhergehen, da dies nach ständiger Rechtsprechung des BAG zur Unwirksamkeit der sachgrundlosen Befristung führen würde (BAG v. 21.3.2018 – 7 AZR 428/16).

Nach Ablauf der zwei Jahre des ersten Vertrags darf sich kein neuer sachgrundlos befristeter Vertrag mit identischem Inhalt unmittelbar anschließen, da dies faktisch eine weitere Verlängerung darstellen würde. Um ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu vermeiden, müsste entweder ein inhaltlich veränderter befristeter Vertrag (z. B. anderer Arbeitsplatz, andere Arbeitszeit oder Vergütung) abgeschlossen oder ein zeitlicher Abstand eingehalten werden, mag diese auch nur von sehr kurzer Dauer sein.

Es ist zu hoffen, dass diese Einschränkungen im weiteren Gesetzgebungsverfahren entfallen.

 

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