Otto Schmidt Verlag


Bundestag beschließt Gesetz zur digitalen Modernisierung von Versorgung und Pflege

Am 28. Mai 2021 hat der Bundesrat das "Gesetz zur digitalen Modernisierung von Versorgung und Pflege" (Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungsgesetz - DVPMG) gebilligt. 

I. Verfahren

18.05.2021 Beschlussdrucksache des Bundesrates
07.05.2021 Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestages
05.05.2021 Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit
17.03.2021 Gesetzesentwurf der Bundesregierung

         

II. Hintergrund und Ziele

Eine effiziente und qualitativ gute medizinische Versorgung der Versicherten kann angesichts der aktuellen und zukünftigen Herausforderungen im Gesundheitswesen und in der Pflege nur durch eine innovative digitale medizinische Versorgung sichergestellt werden. Die digitale Modernisierung in den Strukturen der Gesundheitsversorgung stellt aufgrund der stetig zunehmenden Entwicklung in Technologien und Gesellschaft einen dynamischen Prozess dar, was heißt, dass die umfangreichen bereits getroffenen Gesetzesregelungen fortlaufend an aktuelle Entwicklungen angepasst werden, ausgebaut und um neue Ansätze ergänzt werden müssen.

Mit dem Gesetz zum Schutz elektronischer Patientendaten in der Telematikinfra­struktur (PDSG) und dem Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) wurden zuletzt entscheidende Schritte unternommen, die Digitalisierung flächendeckend in der Versorgung zu etablieren. Der dafür notwendige Wandel in den Strukturen der Gesundheitsversorgung wurde mit hoher Dynamik vorangetrieben. So wurden insbesondere die digitale Infrastruktur für das Gesundheitswesen (Telematikinf­rastruktur), an die die meisten Arztpraxen inzwischen angeschlossen sind, weiter ausgebaut und die elektronische Patientenakte (ePA) als Kernelement der digita­len medizinischen Anwendungen weiterentwickelt. Insgesamt - auch mit den Re­gelungen zu den Digitalen Gesundheitsanwendungen, zum E-Rezept, zur Tele­medizin und zum Datentransparenzverfahren - wurde der Grundstein für eine in­novative digitale medizinische Versorgung gelegt.

Das DVPMG zielt auf die Förderung von alltagstauglichen digitalen Abläufen in der medizinischen Versorgung ab. Dafür müssen zum einen medizinische Informationen und Informationen über medizinische Angebote für Patienten*innen sowie Leistungserbringer möglichst jederzeit und standortunabhängig verfügbar sein. Zum anderen muss die sichere, vertrauensvolle und nutzerfreundliche sowie barrierefreie digitale Kommunikation zwischen Leistungserbringern und Patienten*innen sowie zwischen den Leistungserbringern untereinander unterstützt werden. Darüber hinaus müssen die bereits geschaffenen Strukturen und Angebote weiter schrittweise zu öffnen, um weitere Beteiligte zu erreichen.

III. Wesentliche Inhalte

Zur Erreichung des oben skizzierten Ziels wird das geltende Recht insbesondere um folgende wesentliche Maßnahmen ergänzt: 

  • Digitale Pflegeanwendungen finanzieren und digitale Beratung ermöglichen.
  • Digitale Gesundheitsanwendungen weiter in die Versorgung integrieren: Versicherte erhalten komfortable Möglichkeiten, Daten aus Hilfsmitteln und Implantaten in digitalen Gesundheitsanwendungen zu nutzen sowie Daten aus digitalen Gesundheitsanwendungen in ihre elektronische Patientenakte einzustellen. Die Leistungen von Heilmittelerbringern und Hebammen, die im Zusammenhang mit digitalen Gesundheitsanwendungen erbracht werden, werden künftig vergütet.
  • Telemedizin weiter ausbauen: Videosprechstunden und Telekonsilien werden weiter gestärkt, indem einerseits die Vergütung und die weiteren Rahmenbedingungen für die telemedizinische Leistungserbringung attraktiver gestaltet und andererseits die Versicherten zukünftig besser beim Auffinden von telemedizinischen Versorgungsangeboten unterstützt werden.
  • Telematikinfrastruktur anwendungsfreundlicher gestalten und Nutzungsmöglichkeiten erweitern: Weitere Gesundheitsberufe werden an die Telematikinfrastruktur angebunden. Die künftig auch bei Leistungserbringern kontaktlos einlesbare elektronische Gesundheitskarte soll als Versicherungsnachweis der Versicherten und nicht mehr als Datenspeicher dienen. Versicherte und Leistungserbringer erhalten ab 2023 digitale Identitäten, um sich z.B. für eine Videosprechstunde sicher zu authentifizieren. Die grenzüberschreitende Nutzung des E-Rezepts und einer elektronischen Patientenkurzakte als Weiterentwicklung der Notfalldaten wird vorbereitet.
  • E-Rezept und elektronische Patientenakte weiterentwickeln: Für den Bereich der häuslichen Krankenpflege, außerklinischen Intensivpflege, der Soziotherapie, der Heil- und Hilfsmittel, der Betäubungsmittel und weiterer verschreibungspflichtiger Arzneimittel werden elektronische Verordnungen eingeführt. Jeder Versicherte soll die Möglichkeit erhalten, sowohl Verordnungs- als auch Dispensierinformationen eingelöster Arzneimittelverordnungen komfortabel in seiner elektronischen Patientenakte einzustellen und diese als Arzneimittelhistorie zu nutzen. Darüber hinaus soll jeder Versicherte Rezepte in der Apotheke auch personenbezogen mit Identitätsnachweis abrufen können. Die Rezepteinlösung in Apotheken im europäischen Ausland wird ermöglicht.
  • Interoperabilität im Gesundheitswesen ganzheitlich fördern: Mit einer Verordnung des Bundesministeriums für Gesundheit sollen Bedarfe für die digitale Standardisierung im Gesundheitswesen identifiziert und Empfehlungen für die Nutzung von Standards, Profilen und Leitfäden in diesem Bereich entwickelt und fortgeschrieben werden. 
  • Digitale Gesundheitskompetenz und Patientensouveränität stärken durch verlässliche Informationen: Mit einem digitalen Portal informiert das Bundesministerium für Gesundheit zu relevanten Gesundheitsthemen, sodass nachhaltig das Wissen um Gesundheit erhöht und die Gesundheitskompetenz gestärkt wird. Informationen zur vertragsärztlichen Versorgung werden gebündelt und nutzerfreundlich transparent gemacht. Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen werden beauftragt, Basisdaten und qualitätsbezogene Daten der vertragsärztlichen Versorgung zum Zweck der Veröffentlichung zusammenzuführen und nutzbar zu machen. Dem Versicherten wird ermöglicht, über seine elektronische Patientenakte und das elektronische Rezept verlässliche Informationen direkt auf dem Portal abzurufen.
  • Kodierung seltener Erkrankungen in der stationären Versorgung verbessern.
  • Mitgliedschaft in Solidargemeinschaften gesetzlich anerkennen.


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 29.05.2021,
Quelle: Stamatia Kynigopoulou, Institut für Deutsches und Europäisches Arbeits- und Sozialrecht der Universität zu Köln