Otto Schmidt Verlag


Grundsätzlich Pflicht zur Annahme des Home-Office-Angebots und verbindliches betriebliches Corona-Test-Angebot mindestens zweimal pro Woche

Mit dem 4. Bevölkerungsschutzgesetz und der Dritten Verordnung zur Änderung der Corona-ArbSchV werden die bestehenden Corona-Schutz-Maßnahmen in der Arbeitswelt zeitlich verlängern und teilweise verschärft. Nach den Neuregelungen müssen nicht nur Arbeitgeber, wenn möglich, ein Home-Office-Angebot machen, sondern Arbeitnehmer müssen dieses grundsätzlich auch annehmen. Den nicht ausschließlich im Home-Office Beschäftigten muss der Arbeitgeber nicht mehr nur einmal, sondern zweimal pro Woche ein Corona-Test anbieten. 

I. Verfahren

SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung (Corona-ArbSchV)

22.04.2021

Dritte Änderungsverordnung

19.04.2021 Referentenentwurf der Dritten Änderungsverordnung
15.04.2021 Zweite Änderungsverordnung
13.04.2021  Referentenentwurf der Zweiten Änderungsverordnung
11.03.2021 Erste Änderungsverordnung
10.03.2021 Referentenentwurf der Ersten Änderungsverordnung
 21.01.2021 Verordnung
20.01.2021 Referentenentwurf der Verordnung

Viertes Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite(Infektionsschutzgesetz - IfSG)

22.04.2021 Beschluss des Bundesrates 
21.04.2021 Gesetzesbeschluss des Bundestages
20.04.2021 Bericht des Ausschusses für Gesundheit
19.04.2021 Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit
13.04.2021 Gesetzesentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD

      

II. Hintergrund

Deutschland befindet sich in der dritten Welle der Corona-Pandemie. Die Infektionszahlen und die Inzidenzen steigen täglich in den letzten Wochen aufgrund des Auftretens von eigenschaftsveränderten, ansteckenderen Virusmutationen - insbesondere der Variante B.1.1.7. Diese Entwicklung erhöht auch das Infektionsrisiko in Betrieben. Denn nach einer aktuellen Studie der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf haben Regionen mit hoher Erwerbsquote für alle bisherigen drei Infektionswellen signifikant erhöhte Infektionszahlen gegenüber Regionen mit geringerer Erwerbsquote haben. Auch die Art der Erwerbstätigkeit hat einen erheblichen Einfluss auf das Infektionsgeschehen: In Regionen mit einem hohen Anteil von Beschäftigten im produzierenden Gewerbe sind die Infektionszahlen nochmals deutlich erhöht. Die erfolgreiche Eindämmung der fortschreitenden Verbreitung der gefährlicheren SARS-CoV-2 Virusmutationen erfordert also einerseits schärfere Maßnahmen zur Kontaktreduzierung in der Arbeitswelt und andererseits ein Screening durch regelmäßige Testungen am Arbeitsplatz.

III. Wesentliche Inhalte

Verlängerung der bestehenden Schutzmaßnahmen

Die Corona-Arbeitsschutzregelungen werden mit der Dritten Verordnung zur Änderung der Corona-ArbSchV bis zum 30.06.2021 verlängert. 

  • Arbeitgeber müssen weiterhin betriebliche Hygienepläne durchsetzen, die die Einhaltung eines Mindestabstands von 1,5 m. zu anderen Personen, das Tragen von medizinischem Mund-Nasen-Schutz oder Atemschutzmasken bei unvermeidbarem Kontakt, ausreichende Handhygiene, regelmäßiges Lüften usw. sicherstellen. 
  • Es gelten weiterhin die strengen betrieblichen Regelungen zur Kontaktvermeidung im Betrieb: Müssen Räume von mehreren Personen gleichzeitig genutzt werden, müssen pro Person 10 m² zur Verfügung stehen. In Betrieben ab 10 Beschäftigten müssen diese in möglichst kleine, feste Arbeitsgruppen eingeteilt werden; Kontakte zwischen den Gruppen sind zu vermeiden.

Neuregelung des Home-Office

Die Regelung zum Home-Office wird rangmäßig neu verortet und inhaltlich zum Teil geändert. Sie wird insbesondere aus der Corona-ArbSchV (§ 2 Abs. 4) entfernt und in das neu geänderte IfSG (§ 28b Abs. 7) eingefügt - was in Hinblick auf die Wesentlichkeitstheorie und den Gesetzesvorbehalt positiv anzusehen ist - und mit einem zweiten Satz ergänzt. Die Gesetzesvorschrift wiederholt, dass der Arbeitgeber den Beschäftigten im Fall von Büroarbeit oder vergleichbaren TätigkeitenHome-Office anbieten muss, "wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen.". Dazu wird es aber hinzugefügt, dass die Beschäftigten dieses Angebot anzunehmen haben, "soweit ihrerseits keine Gründe entgegenstehen". Die Begründung des Gesetzes nennt als Beispiele solcher Gründe etwa räumliche Enge, Störungen durch Dritte (Familienmitglieder) oder unzureichende technische Ausstattung. Zur Darlegung eines solchen Grunds soll es nach der Gesetzesbegründung ausreichen, dass der Beschäftigte auf Verlangen des Arbeitgebers diesem mitteilt, dass die Arbeit von zu Hause aus nicht möglich ist. Der Regelung soll also in der Praxis einen eher appellativen Charakter haben.

Neuregelung der Pflicht des Arbeitgebers zum Corona-Test-Angebot

Mit der Zweiten Änderung der Corona-ArbSchV wurde eine Pflicht für die Arbeitgeber eingeführt, in ihren Betrieben allen Beschäftigten, die nicht ausschließlich im Homeoffice arbeiten, regelmäßig ein Corona-Test (PCR bzw. Antigen-Schnelltest zur professionellen oder Selbstanwendung) anzubieten - die Kosten für die Tests tragen die Arbeitgeber. Diese Anforderung wurde mit der Dritten Änderung der Corona-ArbSchV verschärft. Genauer gesagt:

  • Die wöchentliche Frequenz von Testungen wird von einer auf zwei Testungen verdoppelt. Der Arbeitgeber muss allen nicht ausschließlich im Homeoffice Beschäftigten mindestens zweimal pro Woche ein Corona-Test anbieten (§ 5 Abs. 1 Corona-ArbSchV). Bislang - seit dem 20.04.2021 - mussten die Beschäftigten in der Regel mindestens einmal pro Woche ein Testangebot erhalten. Nur besonders gefährdeten Beschäftigten, die tätigkeitsbedingt häufige Kundenkontakte haben, körpernahe Dienstleistungen ausführen, oder in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht werden, mussten mindestens zweimal wöchentlich ein Corona-Test angeboten werden. Die Arbeitnehmer können weiterhin frei entscheiden, ob sie sich testen lassen oder nicht.
  • Der Arbeitgeber muss Nachweise über die Beschaffung von Tests - etwa z.B. schriftliche Bestellbestätigungen oder Vereinbarungen mit Dritten über die Testung der Beschäftigten - aufbewahren. Die Aufbewahrungspflicht gilt nunmehr bis zum 30.06.2021 - bislang galt sie nur für vier Wochen. Eine Pflicht des Arbeitgebers zur Beaufsichtigung des Tests und zur Bescheinigung eines negativen Testergebnisses ist nicht vorgeschrieben.

 

 


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 27.04.2021,
Quelle: Stamatia Kynigopoulou, Institut für Deutsches und Europäisches Arbeits- und Sozialrecht der Universität zu Köln