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Weiterbeschäftigungsanspruch des abberufenen Geschäftsführers einer GmbH?

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Das Hessische Landesarbeitsgericht hat eine GmbH, deren Kündigung der Geschäftsführer nach § 174 BGB zurückgewiesen hatte und die aus diesem Grund unwirksam ist, zur Weiterbeschäftigung als Geschäftsführer verurteilt. Zur Begründung führt das Gericht lediglich aus, dass dem Kläger „gemäß § 611a BGB i.V.m. dem Arbeitsvertrag i.V.m. § 242 BGB i.V.m. Art. 1 und 2 GG beim Obsiegen des Kündigungsrechtsstreits ein Weiterbeschäftigungsanspruch“ zustehe. Die Beklagte habe „gegen diesen Weiterbeschäftigungsanspruch weder in der Berufungsbegründung noch im sonstigen Verlauf des Rechtsstreits Einwände erhoben“. Das Arbeitsgericht habe damit die Weiterbeschäftigung zu Recht ausgeurteilt (Hessisches LAG vom 28.4.2025 – 7 SLa 739/24). Die Beklagte hat gegen das Urteil beim BAG Revision eingelegt (AZ: 2 AZR 130/25).

Wenn es richtig ist, dass die Beklagte in der Berufungsbegründung gegen den bereits vom Arbeitsgericht ausgeurteilten Weiterbeschäftigungsanspruch keine Einwände erhoben hat, bedeutet dies nicht, dass die Berufung deswegen unzulässig gewesen wäre. Denn es genügt, dass die Beklagte das Urteil, mit dem die Unwirksamkeit der Kündigungen festgestellt wurde, bekämpft hat, da der Weiterbeschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers nur dann und so lange besteht, wie ein Gericht die Unwirksamkeit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses feststellt. Wäre also die Berufung im Hinblick auf die Kündigungsschutzklage erfolgreich gewesen, hätte das Landesarbeitsgericht, ohne dass sich die Beklagte mit einer eigenständigen Berufungsbegründung gegen die Verurteilung zur Weiterbeschäftigung wenden musste, das Urteil des Arbeitsgerichts auch insoweit abändern und die Klage abweisen müssen.

Aus dem Urteil ist ersichtlich, dass die Beklagte den Kläger auch als Geschäftsführer abberufen hatte. Der Tatbestand gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Geschäftsführer auch die Mitteilung über die Abberufung gemäß § 174 BGB zurückgewiesen hatte. Es spricht viel dafür, dass die Abberufung wirksam war. Im Tatbestand wird jedenfalls auf Korrespondenz mit dem zuständigen Amtsgericht (Handelsregister) Bezug genommen. Feststellungen dazu, ob die Abberufung eingetragen wurde, hat das Landesarbeitsgericht nicht getroffen.

Das Landesarbeitsgericht hätte prüfen müssen, ob in dieser Situation ein auf Weiterbeschäftigung als Geschäftsführer gerichteter Anspruch bestehen kann. Die Überlegung, dass sich dieser Anspruch aus dem als Arbeitsvertrag im Sinne von § 611a BGB eingeordneten Anstellungsvertrag ergebe, greift zu kurz. Denn eine Beschäftigung als Geschäftsführer ist ohne entsprechende Organstellung nicht möglich. Der Kläger hatte auch keinen Anspruch auf erneute Bestellung geltend gemacht. Insoweit gilt, was der BGH im Fall des ehemaligen Geschäftsführers und Intendanten der Kunst- und Ausstellungshalle in Bonn entschieden hat. Organ- und Anstellungsverhältnis sind nach dem Trennungsgrundsatz in ihrem Bestand voneinander unabhängig. Aus dieser rechtlichen Trennung folgt grundsätzlich, dass beide Rechtsverhältnisse nach den jeweiligen dafür geltenden Vorschriften beendet werden. Die Möglichkeit des jederzeitigen Widerrufs der Geschäftsführerbestellung nach § 38 Abs. 1 GmbHG gewährleistet der Gesellschaft im Bereich der Geschäftsführung eine weitgehende Organisationsfreiheit. Dieses Recht schließt im Regelfall einen „anstellungsvertraglichen Beschäftigungsanspruch“ hinsichtlich einer Tätigkeit als Geschäftsführer aus. Denn das Gesetz gewährt in § 38 Abs. 1 GmbHG dann, wenn im Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt ist, die jederzeitige Widerrufsmöglichkeit „unbeschadet der Entschädigungsansprüche aus bestehenden Verträgen“ (BGH vom 11.10.2010 – II ZR 266/08, ArbR 2011, 46 [Lunk]).

RA FAArbR Axel Groeger
www.redeker.de

RA FAArbR Axel Groeger ist Partner bei Redeker Sellner Dahs, Bonn. Er gehört zum festen Autorenteam des Arbeits-Rechtsberaters und ist Herausgeber des Handbuchs Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst.

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