Hessisches LAG v. 20.11.2025 - 12 Ta 718/25
Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit: Halber Ausgangswert bei nur kurzfristigen Versetzungsmaßnahmen
Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit in einem Verfahren bezüglich einer personellen Einzelmaßnahme gem. §§ 99, 100, 101 BetrVG bemisst sich nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG. Bei Versetzungsmaßnahmen, die absehbar für keine längere Dauer als drei Monate beabsichtigt sind, ist es regelmäßig sachgerecht, einen halben Ausgangswert in Ansatz zu bringen, wenn nicht besondere Umstände einen vollen Ausgangswert rechtfertigen.
Der Sachverhalt:
Hintergrund des Ausgangsverfahrens ist die Versetzung des Mitarbeiters A zum 1.2.2025. Im Zeitpunkt der Antragstellung auf Zustimmung war bekannt, dass der Mitarbeiter zum 30.4.2025 aus dem Unternehmen ausscheidet. Die Antragsteller begehrten die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung des Arbeitnehmers A an den Standort B und erstrebten zudem die Feststellung, dass die vorläufige Durchführung der Versetzung aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist. Im Juli 2025 erklärten die Antragsteller das Verfahren für erledigt, da der Mitarbeiter zwischenzeitlich aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden war. Der Betriebsrat stimmte der Erledigungserklärung zu.
Das ArbG setze nach Anhörung der Antragsteller, ihrer Verfahrensbevollmächtigten und der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit nach § 33 RVG auf 7.500 € für das Verfahren fest und brachte hierbei den Zustimmungsersetzungsantrag mit einem vollen Ausgangswert (Hilfswert) nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG (5.000 €) in Ansatz und den Feststellungsantrag nach § 100 BetrVG mit einem halben Ausgangswert. Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde vertreten die Antragsteller die Auffassung, der Gegenstandswert sei auf lediglich 1.500 € und 750 € festzusetzen. Auf die Beschwerde der Antragsteller setzte das LAG den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit gem. § 33 RVG für das Verfahren auf 3.750 € fest.
Die Gründe:
Zutreffend hat das ArbG im Rahmen seiner Wertfestsetzung für das nichtvermögensrechtliche Verfahren nicht auf die Vergütung des Arbeitnehmers abgestellt, sondern auf den Ausgangswert nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG.
Allerdings ist der Bemessung des Zustimmungsersetzungsantrags mit einem vollen Ausgangswert vorliegend nicht zu folgen. Die Versetzung des Arbeitnehmers sollte wegen des feststehenden Beendigungsdatums für die Dauer von lediglich drei Monaten erfolgen. Eine derartig kurzzeitige personelle Einzelmaßnahme hat für die antragstellende Arbeitgeberin und für den Betriebsrat keinesfalls die Bedeutung, wie eine deutlich längere oder gar unbefristete Maßnahme. Hierüber besteht in der Rechtsprechung weitgehend Einigkeit. Eine Reduzierung des Ausgangswerts um die Hälfte ist bei einer kurzeitigen Versetzung, die im Ergebnis drei Monate nicht überschreitet, angemessen und geboten.
Diese Einschätzung steht auch im Einklang mit den Empfehlungen des Streitwertkatalogs, der unter Ziffer 14.4 die Bedeutung der Maßnahme in den Vordergrund stellt und die Möglichkeit der Bewertung mit einem Bruchteil des Hilfswert ausdrücklich erwähnt. Auch die wirtschaftliche Bedeutung der zeitlich befristeten Versetzung rechtfertigt vorliegend die Reduzierung des Ausgangswerts.
Ausgehend von den Empfehlungen des Streitwertkatalogs unter Ziffer 14.5 ist der Feststellungsantrag mit 50 % des Werts des Zustimmungsersetzungsantrags zu bemessen. Diese Bewertung ist schon deshalb sachgerecht, weil dem Feststellungsantrag die "gestaltende" Wirkung des Ersetzungsantrags fehlt. Im Übrigen wendet sich die Arbeitgeberin mit ihrer Beschwerde auch nicht gegen eine solche Festsetzung mit 50 % des jeweiligen Werts des Zustimmungsersetzungsantrags.
Mehr zum Thema:
Aufsatz
Personelle Einzelmaßnahmen und die Betriebsverfassung
Axel Groeger, ArbRB 2025, 318
ARBRB0083409
Kommentierung | BetrVG
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Ricken in Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, 11. Aufl. 2024
11. Aufl./Lfg. 04.2024
Kommentierung | BetrVG
§ 100 Vorläufige personelle Maßnahmen
Ricken in Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, 11. Aufl. 2024
11. Aufl./Lfg. 04.2024
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