Otto Schmidt Verlag

ArbG Köln v. 9.10.2025 - 12 Ca 2975/25

Unwirksame sachgrundlose Befristung eines Filmvorführers

Um die Ausnahme vom Gesetzeswortlaut zu billigen, genügt es nicht, wenn der Arbeitnehmer auf verschiedenen Arbeitsplätzen beschäftigt war. Vielmehr ist regelmäßig erforderlich, dass die in dem neuen Arbeitsverhältnis geschuldete Tätigkeit Kenntnisse oder Fähigkeiten erfordert, die sich wesentlich von denjenigen unterscheiden, die für die Vorbeschäftigung erforderlich waren.

Der Sachverhalt:
Die Beklagte betreibt Filmtheater samt Restauration. Der Kläger war bei ihr zunächst vom 28.8.2023 bis zum 27.8.2024 mit sachgrundlos befristetem Arbeitsvertrag als Filmvorführer in Teilzeit mit 20 Stunden pro Woche bei Zahlung eines Bruttostundenlohns von 12 € beschäftigt. Er hatte in dieser Zeit u.a. ein Format entwickelt, das er, gemeinsam mit der damaligen Kinoleitung der Beklagten, regelmäßig zweimal im Monat durchgeführt hat. Die Aufgaben umfassten Recherche, Materialerstellung, Moderationsvorbereitung, Moderation und Community Building.

Dem schloss sich nach Ausscheiden der vormaligen Stelleninhaberin ein weiterer sachgrundlos befristeter Arbeitsvertrag vom 25.7.2024 für den Zeitraum 1.9.2024 bis 31.8.2025 als Teilzeitkraft Marketing mit 20 Stunden pro Woche bei einem monatlichen Bruttolohn von 1.301 € an. Der Kläger hat in dieser Zeit auch vereinzelt Aufgaben als Filmvorführer und Servicekraft durchgeführt.

Am 24.4.2025 erhielt der Kläger eine außerordentliche Kündigung der Beklagten. Diese war allerdings nur von einer der beiden Geschäftsführerinnen ohne Vollmachtsurkunde unterzeichnet. Laut Handelsregister ist die Gemeinschaftsvertretung beider Geschäftsführerinnen vorgesehen. Der Kläger wies die Kündigung deshalb per Mail gem. 174 BGB zurück. Zudem hielt er die zweite sachgrundlose Befristung für unwirksam.

Das Arbeitsgericht hat der Klage auf Weiterbeschäftigung stattgegeben.

Die Gründe:
Das Arbeitsverhältnis war nicht durch die außerordentliche Kündigung beendet worden. Die Kündigung war bereits wegen Fehlens einer Vollmacht gem. § 174 S. 1 BGB unwirksam, so dass es auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes gem. § 626 Abs. 1 BGB nicht ankam.

Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis hat auch nicht aufgrund der Befristungsvereinbarung im Arbeitsvertrag vom 25.7.2024 mit Ablauf des 31.8.2025 geendet. Die Befristung war unwirksam, sie galt nicht nach § 17 Satz 2 TzBfG i.V.m. § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam. Der Kläger hatte rechtzeitig i.S.d. § 17 Satz 1 TzBfG Befristungskontrollklage erhoben. Die Befristung war auch nicht nach § 14 Abs. 2 TzBfG ohne Sachgrund gerechtfertigt, da der Kläger bereits zuvor in der Zeit vom 28.8.2023 bis zum 27.8.2024 bei der Beklagten beschäftigt war.

Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 TzBfG ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrags ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig. Bis zu dieser Gesamtdauer ist nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 TzBfG auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags zulässig. Nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ist die sachgrundlose Befristung eines Arbeitsvertrags nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat.

Zwar waren die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG genannten Voraussetzungen mit der Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses von zwei Jahren eingehalten worden. Der Befristung ohne Sachgrund stand jedoch das frühere Arbeitsverhältnis der Parteien vom 28.8.2023 bis zum 27.8.2024 entgegen. Die Anwendung des Verbots der sachgrundlosen Befristung nach einer Vorbeschäftigung bei demselben Arbeitgeber war entgegen der Ansicht des Beklagten nicht unzumutbar.

Es lag weder eine lang zurückliegende Vorbeschäftigung vor, noch eine von sehr kurzer Dauer, denn die Unterbrechung betrug wenige Tage und die Vorbeschäftigung erfolgte über ein Jahr. Es ging hier auch weder um Unterbrechungen der Erwerbsbiographie, die mit einer beruflichen Neuorientierung oder einer Aus- und Weiterbildung einhergeht, noch lag eine vorherige Nebenbeschäftigung vor. Beide Arbeitsverhältnisse wurden als Teilzeitbeschäftigungen mit jeweiligem Wochenumfang von 20 Stunden geführt.

Es war im vorliegenden Fall auch nicht von einer „ganz anders gearteten Tätigkeit“ auszugehen. Um diese Ausnahme vom Gesetzeswortlaut zu billigen, genügt es nämlich nicht, wenn der Arbeitnehmer auf verschiedenen Arbeitsplätzen beschäftigt war. Vielmehr ist regelmäßig erforderlich, dass die in dem neuen Arbeitsverhältnis geschuldete Tätigkeit Kenntnisse oder Fähigkeiten erfordert, die sich wesentlich von denjenigen unterscheiden, die für die Vorbeschäftigung erforderlich waren (BAG 17.4.2019 – 7 AZR 323/17). Das hier begründete neue Arbeitsverhältnis erforderte indessen keine Kompetenzen, die sich wesentlich von denjenigen unterschieden, die für die Vorbeschäftigung erforderlich waren.

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Aufsatz
Oliver Fröhlich
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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 10.11.2025 10:43
Quelle: Justiz NRW

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