ArbG Berlin v. 7.5.2024 - 36 BV 10794/23
Kein Minderheitenschutz bei Betriebsratswahl allein für diverses Geschlecht zu Lasten anderer Minderheitengeschlechter
Das ArbG Berlin hat die Betriebsratswahl bei einem Anbieter von Software für E-Commerce-Unternehmen für unwirksam erklärt, weil die Zusammensetzung des Betriebsrats gegen gesetzliche Vorgaben zum Minderheitenschutz verstieß.
Der Sachverhalt:
Im Betrieb der Arbeitgeberin waren ausweislich der Wählerliste 45 Personen weiblichen Geschlechts, 56 Personen männlichen Geschlechts und 17 Personen diversen Geschlechts wahlberechtigt zu den anstehenden Betriebsratswahlen. Der zu wählende Betriebsrat sollte aus sieben Personen bestehen. Es standen zwei Listen zur Wahl. Liste I umfasste drei kandidierende Personen, wobei an erster und zweiter Stelle Männer und an dritter Stelle eine Frau stand. Liste II umfasste elf Personen, darunter an letzter Stelle eine Frau und auf den Plätzen zwei und drei Personen diversen Geschlechts. Im Wahlausschreiben gab der Wahlvorstand an, es müsse sich mindestens eine Person der Minderheitengruppe divers unter den zu wählenden Betriebsratsmitgliedern befinden. In seiner Niederschrift über das Wahlergebnis stellte er fest, es seien wegen des gesetzlich vorgesehenen Schutzes des Minderheitengeschlechts aus Liste I zwei Männer und aus Liste II drei Männer und zwei Personen diversen Geschlechts gewählt worden.
Das ArbG hat die Wahl für unwirksam erklärt. Gegen den Beschluss kann vom Betriebsrat Beschwerde zum LAG eingelegt werden.
Die Gründe:
Es liegt ein Verstoß gegen wesentliche Vorschriften des Wahlrechts und des Wahlverfahrens vor. Die Vorschriften aus dem Betriebsverfassungsgesetz und der dazugehörigen Wahlordnung über den Minderheitenschutz können nicht so ausgelegt werden, dass gegebenenfalls nur das dritte Geschlecht hiervon profitiert, das im Verhältnis von Frauen und Männern in der Minderheit befindliche Geschlecht hingegen gar nicht mit Mindestsitzen berücksichtigt wird. Dafür sprechen die Entstehungsgeschichte des § 15 Absatz 2 Betriebsverfassungsgesetz sowie die Gesetzessystematik. Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass das Wahlergebnis ohne den fehlerhaften Hinweis auf den zu wahrenden Minderheitenschutz im Wahlausschreiben anders ausgegangen wäre.
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