Aktuell im ArbRB
Missbrauch der im Rahmen von mobiler Arbeit gewährten Freiheiten - Was Arbeitgeber in Verdachtsfällen tun können (Bonanni/Fehlberg, ArbRB 2024, 173)
Die Covid-19-Pandemie ist beendet, das Thema „mobile Arbeit“ ist geblieben. Nach einem zumeist holprigen Start haben inzwischen viele Unternehmen – ggf. gemeinsam mit ihren Betriebsräten – Regelungen zur mobilen Arbeit getroffen. Das mobile bzw. hybride Arbeiten funktioniert in den meisten Fällen störungsfrei. Doch nun rücken vermehrt Fälle in den Fokus, in denen Arbeitgeber einen Missbrauch der im Rahmen der mobilen Arbeit gewährten Freiheiten vermuten. In diesem Beitrag zeigen die Autorinnen auf, wie Unternehmen auf Störfälle, insbesondere eine etwaige Untätigkeit, reagieren können.
1. Ausgangssituation
2. Problemaufriss
a) Nicht- oder Minderleistung bei mobiler Arbeit
b) Verschleiern der Abwesenheit durch Arbeitnehmer
3. Rechtliche Einordnung
4. Umgang mit Verdachtsfällen
a) Mitarbeitergespräch
b) Ziele vorgeben
c) Mobile Arbeit einschränken bzw. beenden
d) Überwachungsmaßnahmen
e) Abmahnung bzw. Kündigung
5. Fazit
1. Ausgangssituation
Mobiles Arbeiten ist mittlerweile aus dem Alltag vieler Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und auch der Unternehmen nicht mehr wegzudenken. Zuletzt arbeiteten rund 24 % der Beschäftigten jedenfalls zeitweise mobil bzw. im „Homeoffice“, in großen Unternehmen sind es laut einer Befragung des ifo Instituts sogar fast ⅓ der Beschäftigten. Zwar verfolgen viele Unternehmen – so etwa SAP und VW – aktuell das Ziel, Arbeitnehmer wieder „zurückzuholen“. Gleichwohl dürfte eine völlige Abkehr von mobiler Arbeit (vor allem von Arbeitnehmern) weder gewünscht noch angesichts der tatsächlichen Entwicklung und der hierzu getroffenen betrieblichen Regelungen realistisch sein.
Nachdem inzwischen in vielen Unternehmen „Policies“ oder Betriebsvereinbarungen zum mobilen Arbeiten etabliert worden sind und damit das Corona-bedingte „Chaos“ eingefangen wurde, rücken neben dem Thema „back to the office“ zunehmend Störfälle in den Fokus der Vorgesetzten bzw. Personalabteilungen. Hierbei geht es u.a. um Fälle, in denen der Arbeitgeber den Eindruck gewinnt, der Arbeitnehmer arbeite bei mobiler Tätigkeit gar nicht oder jedenfalls weniger, als er vorgibt bzw. nach den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen arbeiten müsste. Diese Thematik dürfte neben der wiederentdeckten Wertschätzung der Präsenzarbeit die „back to the office“-Befürworter beflügeln.
2. Problemaufriss
a) Nicht- oder Minderleistung bei mobiler Arbeit
Die weit überwiegende Anzahl der Arbeitnehmer erbringt bei mobiler Tätigkeit dieselbe Leistung wie bei einer Tätigkeit im Büro. Auch dürften geringfügige Unterbrechungen der Arbeitszeit, also z.B. statt eines kleinen Plausches in der Kaffeeküche das Starten der Waschmaschine o.Ä., von den meisten Arbeitgebern toleriert werden. Diese Fälle sollen daher auch nicht Gegenstand dieses Beitrags sein.
Es soll vielmehr um Fälle gehen, in denen Arbeitgeber Anhaltspunkte dafür haben, dass mobil arbeitende Arbeitnehmer während ihrer Arbeitszeit (zeitweise) alles andere tun, als die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Indizien hierfür können etwa eine wahrnehmbare, dauerhaft gesunkene Produktivität des Arbeitnehmers im Vergleich zur sonstigen Arbeitsleistung im Büro, aber auch eine schlechtere Erreichbarkeit sein.
Beraterhinweis
Da immer mehr Arbeitnehmer mit einem dienstlichen Smartphone ausgestattet sind, so dass eine Erreichbarkeit selbst unterwegs gewährleistet wäre, dürfte eine spürbare und anhaltend gesunkene Produktivität in der Regel das stärkere Indiz sein.
b) Verschleiern der Abwesenheit durch Arbeitnehmer
In der jüngeren Vergangenheit hört man immer wieder von technischen Tools, die es Arbeitnehmern erleichtern sollen, während der Arbeitszeit unbemerkt abwesend zu sein. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund interessant, dass aus der heutigen Arbeit Messengerdienste wie etwa MS Teams, Zoom, Slack o.Ä. kaum noch wegzudenken sind. Diesen Diensten ist gemein, dass sie die Verfügbarkeit und Aktivität des jeweiligen Users anzeigen, d.h., für Kollegen ist ersichtlich, ob ein Arbeitnehmer z.B. telefoniert oder aber abwesend, d.h. inaktiv, ist.
Beraterhinweis
Bei der Einführung von Messengerdiensten hat der Betriebsrat aufgrund der grds. bestehenden Möglichkeit, das Verhalten oder die ...