Otto Schmidt Verlag

LAG Köln v. 16.5.2024 - 9 TaBV 24/24

Auch in Eilfällen keine Entscheidungskompetenz der Einigungsstelle vor formeller Rechtskraft des gerichtlichen Einsetzungsbeschlusses

Eine im Verfahren nach § 100 ArbGG gerichtlich eingesetzte betriebliche Einigungsstelle ist erst mit der formellen Wirksamkeit des arbeitsgerichtlichen Beschlusses wirksam errichtet. Wird sie gleichwohl vorher tätig, kann der Spruch der Einigungsstelle die fehlende Einigung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber nicht durch einen Spruch ersetzen.

Der Sachverhalt:
In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Fall ging es um die durch den Betriebsrat mitzubestimmende Dienstplangestaltung hinsichtlich der Kalenderwochen 19 bis 22 für die norddeutschen Filialen eines in Köln ansässigen Sportartikelhändlers. Das ArbG bestellte im Anhörungstermin vom 3.5.2024 gemäß dem Antrag der Arbeitgeberin einen in Niedersachsen ansässigen Rechtsanwalt zum Vorsitzenden der Einigungsstelle und setzte die Zahl der Beisitzer auf jeweils zwei pro Seite fest.

Noch vor der am 7.5.2024 erfolgten Zustellung dieses Beschlusses an den Betriebsrat lud der Einigungsstellenvorsitzende die Beteiligten und ihre Verfahrensbevollmächtigten mit einem am 3.5.2024, 20:46 Uhr versandten E-Mail-Schreiben zur Sitzung der Einigungsstelle am Samstag, den 4.5.2024 um 13:00 Uhr in seine Kanzleiräumlichkeiten.

Mit E-Mail-Schreiben vom 4.5.2024, 13.24 Uhr teilte der Rechtsanwalt des Betriebsrats dem Einigungsstellenvorsitzenden und den Vertretern der Arbeitgeberseite mit, dass von Seiten des Betriebsrats niemand an der Einigungsstellsitzung teilnehmen könne. Zudem wies er darauf hin, dass er den gerichtlich eingesetzten Einigungsstellenvorsitzenden unter keinen Umständen akzeptiere und im Auftrag des Betriebsrats sogleich Beschwerde gegen den Beschluss des ArbG einlegen werde.

Am 4.5.2024 tagte die Einigungsstelle bis 19:55 Uhr und genehmigte die Dienstpläne im Spruchwege, ohne dass die Betriebsratsseite vertreten war.

Auf die am 4.5.2024 um 22:19 Uhr bei dem LAG eingelegte Beschwerde des Betriebsrats hat das LAG den arbeitsgerichtlichen Einsetzungsbeschluss teilweise abgeändert und einen anderen Einigungsstellenvorsitzenden für die noch nicht durch Zeitablauf gegenstandslos gewordenen Dienstpläne bestellt. Gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Köln ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.

Die Gründe:
Obwohl die Einigungsstelle, deren Bestellung Gegenstand des vorliegenden Verfahrens war, bereits entschieden hatte, war das Gericht nicht daran gehindert, einen anderen Einigungsstellenvorsitzenden für die noch nicht durch Zeitablauf gegenstandslos gewordenen Dienstpläne zu bestellen. Da die gerichtliche Einsetzung einer Einigungsstelle eine Gestaltungsentscheidung ist, die ihrem Wesen nach erst mit Eintritt ihrer formellen Rechtskraft wirksam werden kann, ist die Einigungsstelle bis zu diesem Zeitpunkt nicht befugt, die streitige Angelegenheit zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber durch einen Spruch zu regeln. Dies gilt auch in eiligen Angelegenheiten. Der Eilbedürftigkeit hat der Gesetzgeber bereits durch die stark abgekürzten Fristen im gerichtlichen Einsetzungsverfahren Rechnung getragen.

Im Hinblick auf die im Laufe des Verfahrens aufgetretenen Zweifel an der Unparteilichkeit des vom ArbG bestellten Einigungsstellenvorsitzenden hat das LAG einen anderen Vorsitzenden für den Streit über die noch nicht durch Zeitablauf gegenstandlos gewordenen Dienstpläne bestellt.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 21.05.2024 13:24
Quelle: LAG Köln PM vom 17.5.2024

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