ArbG Köln v. 5.3.2024 - 10 Ca 1441/20
Zur hinreichenden Bestimmtheit eines Weiterbeschäftigungstitels
Ein Weiterbeschäftigungstitel ist nur dann hinreichend bestimmt und damit vollstreckbar, wenn ein Berufsbild angegeben ist (Anschluss an BAG v. 5.2.2020, 10 AZB 31/19). Ein Weiterbeschäftigungsantrag mit dem Zusatz "zu einer bestimmten Vergütung" ist unzulässig.
Der Sachverhalt:
Der Kläger und Gläubiger begehrt die Zwangsvollstreckung wegen des Weiterbeschäftigungstitels aus § 888 ZPO.
Mit Urteil vom 27.10.2022 war zu Aktenzeichen 10 Ca 1441/20 zu Ziffer 3) tituliert worden: "Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens weiter zu beschäftigen."
Das ArbG wies den Zwangsvollstreckungsantrag des Gläubigers vom 16.2.2024 zurück.
Die Gründe:
Es liegt kein vollstreckbarer Weiterbeschäftigungstitel vor.
Ein Arbeitnehmer hat mit erstinstanzlichem Obsiegen im Kündigungsschutzprozess als Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG regelmäßig auch Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung. Ein entsprechender Weiterbeschäftigungstitel setzt für seine Vollstreckbarkeit hinreichende Bestimmtheit voraus. Diese ist gegeben, wenn ein Berufsbild angegeben ist, in dem die Weiterbeschäftigung begehrt wird (BAG v. 5.2.2020 - 10 AZB 31/19). Diese - äußerst geringe - Mindestanforderung für einen hinreichend bestimmten und damit vollstreckbaren Weiterbeschäftigungstitel erfüllt der vorliegende Weiterbeschäftigungstitel nicht. Es fehlt an der erforderlichen Voraussetzung der Angabe eines Berufsbildes. Der Gläubiger kann auch nicht mit seinem Vortrag im Zwangsvollstreckungsverfahren gehört werden, er habe eigentlich vor knapp zwei Jahren einen ganz anderen Antrag stellen wollen. Die Besonderheit im Zwangsvollstreckungsverfahren besteht darin, dass es grundsätzlich allein auf den formellen Titel ankommt, ohne dass auf zusätzliche Erkenntnisse aus dem Erkenntnisverfahren zurückgegriffen werden muss.
Auch soweit nach der Rechtsprechung des BAG (s.o.) zusätzlich zur Entscheidungsformel noch auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Urteils zur Auslegung der Entscheidungsformel zurückgegriffen werden kann, ergibt sich hieraus vorliegend nichts anderes. Der titulierte Weiterbeschäftigungstitel deckt sich vollumfänglich mit dem ausweislich des Urteilstatbestandes gestellten Weiterbeschäftigungsantrag. Anhaltspunkte für eine abweichende Formulierung eines Weiterbeschäftigungsantrags bzw. Weiterbeschäftigungstitels lassen sich dem Urteil vom 27.10.2022 nicht entnehmen, weder im Tatbestand noch in den Entscheidungsgründen.
Im Übrigen entspricht die von den Gläubigervertretern im Schriftsatz vom 16.2.2024 vorgenommene abweichende Formulierung eines Weiterbeschäftigungsantrags ebenfalls nicht den - überschaubaren - Anforderungen an die korrekte Formulierung eines Weiterbeschäftigungsantrags. Dort wird die tatsächliche Beschäftigung "mit der bisher gezahlten Gesamtvergütung" begehrt, was zum einen erneut unbestimmt ist und zum anderen insbesondere keinen zulässigen Bestandteil eines Weiterbeschäftigungsantrags bzw. -titels darstellt. Eine Weiterbeschäftigung "zu einer bestimmten Vergütung" ist denklogisch ausgeschlossen, ein insofern fehlerhaft formulierter Weiterbeschäftigungsantrag unzulässig.
Mehr zum Thema:
Aufsatz:
Der Wiedereinstellungsanspruch als „kleiner Bruder“ des Kündigungsschutzes
Michael H. Korinth, ArbRB 2024, 60
ARBRB0063946
Rechtsprechung (siehe Leitsätze):
Zwangsvollstreckungsrecht Beschäftigungsanspruch Zwangsvollstreckung
BAG vom 05.02.2020 - 10 AZB 31/19
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