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Mehr Entgeltgleichheit durch die Entgelttransparenzrichtlinie - Warum Arbeitgeber jetzt mit der Vorbereitung auf das neue Recht beginnen müssen (Dzida/Römer, ArbRB 2024, 112)

Am 10.5.2023 hat die EU die Entgelttransparenzrichtlinie verabschiedet, die bis zum 7.6.2026 in nationales Recht umzusetzen ist. Sie zielt darauf ab, die Verwirklichung des Equal-Pay-Grundsatzes, d.h. des Anspruchs auf gleiches Entgelt für Frauen und Männer bei gleicher bzw. gleichwertiger Arbeit, zu stärken. Der Beitrag gibt einen Überblick über die wesentlichen Neuerungen und zeigt auf, warum es wichtig ist, dass sich Unternehmen bereits jetzt mit der künftigen Rechtslage auseinandersetzen.

I. Neuerungen durch die EntgTranspRL
1. Erweiterter Anwendungsbereich
a) EntgTranspG
b) EntgTranspRL
2. Einführung von geschlechtsneutralen Entgeltsystemen
a) EntgTranspG
b) EntgTranspRL
3. Umfassendere Informationsansprüche und -pflichten
a) EntgTranspG
b) EntgTranspRL
4. Neue Berichtspflichten
a) EntgTranspG
b) EntgTranspRL
5. Verbot entgeltbezogener Verschwiegenheitspflichten
6. Stärkung der Rechte von Arbeitnehmervertretungen
a) EntgTranspG
b) EntgTranspRL
7. Einführung von Sanktionen
II. Handlungsbedarf für Arbeitgeber
1. Umsetzungsaufwand
a) Datengrundlage und Auswertung
b) Umstellung auf geschlechtsneutrale Entgeltstrukturen
2. Projektplan
III. Fazit


I. Neuerungen durch die EntgTranspRL

Das Recht der Entgeltgleichheit steht vor einem grundlegenden Wandel. Zwar gilt seit Juli 2017 das Entgelttransparenzgesetz („EntgTranspG“), welches die Entgeltgerechtigkeit zwischen Männern und Frauen in Deutschland erhöhen sollte. Dieses spielt jedoch in der Praxis eine eher untergeordnete Rolle.

Die neue Entgelttransparenzrichtlinie („EntgTranspRL“) geht in vielerlei Hinsicht über die bestehenden Rechte und Pflichten unter dem EntgTranspG hinaus und wird daher spätestens mit der Umsetzung in nationales Recht bis zum Ablauf der Umsetzungsfrist am 7.6.2026 für zahlreiche Änderungen sorgen. Der Fortschritt bei der Entgeltgleichheit wird zu einer erheblichen bürokratischen Belastung der Arbeitgeber führen.

1. Erweiterter Anwendungsbereich

a) EntgTranspG

Unter dem EntgTranspG können derzeit Beschäftigte in Betrieben mit in der Regel mehr als 200 Beschäftigten einen individuellen Auskunftsanspruch geltend machen. Unternehmen ab 500 Beschäftigten, die lageberichtspflichtig sind, trifft ferner eine Berichtspflicht zur Gleichstellung und Entgeltgleichheit.

b) EntgTranspRL
Unter der EntgTranspRL sind künftig auch Bewerber berechtigt, Informationen über die Höhe des Entgelts oder eine etwaige Entgeltspanne sowie über entgeltrelevante Details der betreffenden Position zu erhalten (Art. 5 Abs. 1 EntgTranspRL). Zu den „entgeltrelevanten Details“ gehört etwa die Anwendbarkeit von Tarifverträgen.

Darüber hinaus können Beschäftigte zukünftig unabhängig von der Beschäftigtenanzahl im Betrieb Auskunft über Entgeltdetails verlangen (Art. 7 Abs. 1 EntgTranspRL). Schließlich sollen die Berichtspflichten unter der EntgTranspRL schon Unternehmen mit mind. 100 Beschäftigten treffen (Art. 9 EntgTranspRL).

2. Einführung von geschlechtsneutralen Entgeltsystemen

a) EntgTranspG

Aktuell besteht für Unternehmen keine Pflicht, ein allgemeines Entgeltsystem zu haben. Das EntgTranspG fordert lediglich, dass Entgeltsysteme, sofern sie etabliert sind, so ausgestaltet sein müssen, dass eine Benachteiligung wegen des Geschlechts ausgeschlossen ist (§ 4 Abs. 4 EntgTranspG).

b) EntgTranspRL
Nach der EntgTranspRL müssen Unternehmen geschlechtsneutrale Vergütungsstrukturen und Stellenbewertungssysteme haben (Art. 4 Abs. 4 EntgTranspRL). Diese Entgeltstrukturen sind in einer Weise auszugestalten, dass anhand objektiver, geschlechtsneutraler Kriterien beurteilt werden kann, ob sich Beschäftigte im Hinblick auf den Wert der Arbeit in einer vergleichbaren Situation befinden.

Beraterhinweis
Diese Kriterien dürfen weder in unmittelbarem noch in mittelbarem Zusammenhang mit dem Geschlecht der Beschäftigten stehen.

Sie umfassen Kompetenzen, Belastungen, Verantwortung und Arbeitsbedingungen und etwaige weitere Faktoren, die für den konkreten Arbeitsplatz oder die konkrete Position relevant sind. Soziale Kompetenzen dürfen nicht unterbewertet werden.

3. Umfassendere Informationsansprüche und -pflichten

a) EntgTranspG

Aktuell können Beschäftigte nach dem EntgTranspG einen Auskunftsanspruch lediglich alle zwei Jahre geltend machen. Der Auskunftsanspruch umfasst die Kriterien und das Verfahren, nach denen ihr Entgelt und das Entgelt für andere Tätigkeiten, ...
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 16.04.2024 15:42
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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