Otto Schmidt Verlag

LSG Niedersachsen-Bremen v. 20.12.2023 - L 2 BA 59/23

Obstbauer kann Beitragspflicht für Erntehelfer nicht umgehen

Das LSG Niedersachsen-Bremen hat den koordinierten Beschäftigtentausch als Sparmodell für Sozialversicherungsbeiträge für unzulässig erklärt. Infolgedessen hat ein niedersächsischer Obstbauer rd. 58.000 € an Sozialversicherungsbeiträgen nachzuentrichten.

Der Sachverhalt:
Ausgangspunkt war die Klage eines niedersächsischen Obstbauern, der einen Betrieb für Apfelanbau führt und an einem weiteren Betrieb für Erdbeeranbau beteiligt ist. Seine Erntehelfer beschäftigt er formal ganzjährig im Apfelanbau; sie erhalten dort einen festen Monatslohn auf Basis eines Jahresarbeitsstundensolls. In der Zeit von Mai bis Juli wurden die Helfer jedoch im Erdbeerbetrieb eingesetzt. Auf den Lohn dieser Arbeit zahlte der Bauer keine Sozialversicherungsbeiträge, da er die Arbeit als zeitgeringfügige Aushilfstätigkeit betrachtete. Während der Apfelernte im Herbst verfuhr er bei jeweils wechselnder Arbeitsfreistellung mit den Beschäftigten des Erdbeerbetriebs in ähnlicher Weise.

Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) kam nach einer Betriebsprüfung zu dem Ergebnis, dass die Mitarbeiter nicht nur kurzzeitige Saisonaushilfen seien, sondern berufsmäßig Beschäftigte, für die rd. 58.000 € Sozialversicherungsbeiträge nachzuentrichten seien.

Hiergegen klagte der Bauer und meinte, dass in rechtlich selbständigen Betrieben eine Arbeitnehmertätigkeit im Hauptberuf und eine kurzzeitige Beschäftigung bei einem weiteren Arbeitnehmer möglich und erlaubt sei. Steigende Preise und politische Unsicherheiten würden eine angepasste Gestaltung notwendig machen.

Das LSG hat die Rechtsauffassung der DRV bestätigt.

Die Gründe:
Es ist auf die Berufsmäßigkeit der Helfer abzustellen, die eine Beitragspflicht für die gesamte Tätigkeit auslöst. Das praktizierte Modell verfolgt zielgerichtet das Bestreben, über wechselseitige betriebliche Absprachen und mittels langfristig geplanter und aufeinander abgestimmter organisatorischer und vertraglicher Maßnahmen rund ein Drittel des Jahreseinkommens der Arbeitskräfte der Beitragspflicht zur gesetzlichen Sozialversicherung zu entziehen. Die Gefahr der Altersarmut auf Seiten der Erntehelfer ist von den Arbeitgebern sehenden Auges hingenommen worden. Die sozialrechtlichen Vorgaben lassen keinen Raum für eine entsprechende Beitragsverkürzung.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 06.02.2024 14:31
Quelle: LSG Niedersachsen-Bremen PM vom 5.2.2024

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