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Annahmeverzugslohn und böswilliges Unterlassen anderweitigen Erwerbs - Auskunftspflicht und taktische Folgen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer (Fröhlich, ArbRB 2023, 377)

Wird eine arbeitgeberseitige Kündigung im Kündigungsschutzprozess als rechtsunwirksam beurteilt, beendet sie das Arbeitsverhältnis nicht. Eine typische Folgefrage ist dann diejenige nach der Annahmeverzugsvergütung für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist bei einer ordentlichen Kündigung bzw. ab Zugang der Kündigungserklärung bei einer außerordentlichen und fristlosen Kündigung. In den Fokus geraten ist in jüngerer Vergangenheit die Frage der Anrechnung und des böswilligen Unterlassens anderweitigen Erwerbs, die in diesem Beitrag näher betrachtet wird.

I. Ausgangslage
1. Voraussetzungen des Annahmeverzugs
2. Anrechnung anderweitigen Verdienstes
II. Schwerpunkt: Böswilliges Unterlassen
1. Definition
2. Facetten des anderweitigen Verdienstes
a) Interne Verdienstchancen
b) Zumutbarkeit
c) Vollstreckbarer Titel
d) Allgemeiner A
rbeitsmarkt und Beweislast
III. Taktische Folgerungen
1. Arbeitnehmerperspektive
a) Meldung bei der Agentur für Arbeit
b) Eigeninitiative
2. Arbeitgeberperspektive
IV. Fazit


I. Ausgangslage


1. Voraussetzungen des Annahmeverzugs
Wenn ein Arbeitsverhältnis nach der Entscheidung im Kündigungsschutzprozess fortbesteht, der Arbeitgeber den Arbeitnehmer jedoch nach Ablauf der Kündigungsfrist bzw. ab Zugang einer außerordentlichen Kündigung mit sofortiger Wirkung nicht mehr tatsächlich beschäftigt, kann dem Arbeitnehmer nach § 615 Satz 1 BGB i.V.m. § 611a Abs. 2 BGB unter dem Aspekt des Annahmeverzugs ein Vergütungsanspruch zustehen.

Dieser Annahmeverzug (§§ 293 ff. BGB) tritt bei unwirksamer Arbeitgeberkündigung ein, ohne dass ein Angebot der Arbeitsleistung erforderlich wäre. Der Arbeitgeberkündigung ist nämlich zugleich die Erklärung immanent, dass der Arbeitgeber die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers nach Ablauf der Kündigungsfrist bzw. bei fristloser Kündigung ab deren Zugang nicht mehr annimmt.

Voraussetzung für den Vergütungsanspruch unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs ist (§ 297 BGB), dass der Arbeitnehmer nicht außerstande ist, die geschuldete Arbeitsleistung zu bewirken. Leistungsfähigkeit und Leistungswilligkeit des Arbeitnehmers sind vom Leistungsangebot und dessen Entbehrlichkeit unabhängige Voraussetzungen, die während des gesamten Zeitraums des Annahmeverzugs vorliegen müssen.

Beraterhinweis
Die Beweislast für diese Einwendung, dass der Arbeitnehmer im streitigen Zeitraum zur Leistung objektiv außerstande oder subjektiv nicht bereit war, trägt dabei der Arbeitgeber als Gläubiger der Arbeitsleistung.

2. Anrechnung anderweitigen Verdienstes
Wenn nach der Entscheidung des Arbeitsgerichts im Kündigungsschutzverfahren das Arbeitsverhältnis fortbesteht und der Arbeitnehmer auch nicht außerstande gewesen ist, die Leistung zu bewirken, kommt es auf die Anrechnungsvorschrift des § 11 KSchG an. Nach dieser Norm muss sich der Arbeitnehmer auf das Arbeitsentgelt, das ihm der Arbeitgeber für die Zeit nach der Entlassung schuldet, anrechnen lassen,

  • was er durch anderweitige Arbeit verdient hat,
  • was er hätte verdienen können, wenn er es nicht böswillig unterlassen hätte, eine ihm zumutbare Arbeit anzunehmen,
  • und was ihm an öffentlich-rechtlichen Leistungen infolge der Arbeitslosigkeit aus der Sozialversicherung, der Arbeitslosenversicherung, der Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II oder der Sozialhilfe ...



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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 09.01.2024 14:09
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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