Otto Schmidt Verlag

VGH Kassel v. 22.12.2023 - 8 B 77/22

Ladenöffnung: Keine Sonntags-Öffnung auch von ohne Personal betriebenen Verkaufsmodulen

Die von der Stadt Fulda verfügte Schließung von ohne Personal betriebenen Verkaufsmodulen an Sonn- und Feiertagen hat Bestand. Das „Feilhalten“ von Waren im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Hessischen Ladenöffnungsgesetzes setzt keinen persönlichen Kontakt mit einem Verkäufer voraus.

Der Sachverhalt:
Die Antragstellerin und Inhaberin einer Supermarktkette betreibt im Gebiet der Stadt Fulda Verkaufsmodule, die an sieben Tagen in der Woche rund um die Uhr geöffnet sind und zu denen die Kunden nach einer digitalen Kontrolle Zugang erhalten. Angeboten werden dort Waren des täglichen Bedarfs, die digital bezahlt werden. An Sonn- und Feiertagen wird in diesen Verkaufsmodulen kein Personal eingesetzt.

Mit Bescheid vom 8.10.2021 hatte die Stadt Fulda gegenüber der Antragstellerin mit sofortiger Wirkung verfügt, die im Stadtgebiet aufgestellten Verkaufsmodule insbesondere an Sonn- und Feiertagen zu schließen. Hiergegen wandte sich die Antragstellerin mit einem gerichtlichen Eilantrag, den das VG ablehnte.

Der VGH hat die Entscheidung des VG nunmehr bestätigt. Der Beschluss ist im verwaltungsgerichtlichen Instanzenzug nicht anfechtbar.

Die Gründe:
Nach § 3 Abs. 2 des Hessischen Ladenöffnungsgesetzes müssen Verkaufsstellen u.a. an Sonn- und Feiertagen für den geschäftlichen Verkehr mit Kundinnen und Kunden geschlossen sein. Verkaufsstellen sind nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Hessischen Ladenöffnungsgesetzes Ladengeschäfte aller Art, falls in ihnen von einer festen Stelle aus ständig Waren zum Verkauf an jedermann „feilgehalten“ werden.

Das VG ist zu Recht davon ausgegangen, dass die streitgegenständlichen Verkaufsmodule Verkaufsstellen im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Hessischen Ladenöffnungsgesetzes sind. Das „Feilhalten“ von Waren im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Hessischen Ladenöffnungsgesetzes setzt nach der gesetzlichen Definition dieses Begriffs keinen persönlichen Kontakt mit einem Verkäufer voraus. Es macht für das „Feilhalten“ von Waren keinen Unterschied, ob der Kunde die begehrte Ware aus einem Automaten oder aus einem Verkaufsregal bzw. von einem Verkaufstisch an sich nimmt; der Verkaufsvorgang setzt in beiden Fällen ein aktives Handeln des Kunden voraus, dem nicht zwangsläufig ein aktives Tun des Verkäufers gegenübersteht.

Richtig ist zwar das von der Antragstellerin vorgetragene Argument, dass bei einem Verzicht auf den Einsatz von Verkaufspersonal das dem Ladenschlussrecht zu Grunde liegende Ziel des Arbeitnehmerschutzes erreicht wird. Das Hessische Ladenöffnungsgesetz dient allerdings nicht allein dem Arbeitnehmerschutz, sondern auch dem Ziel, die Sonntage und staatlich anerkannten Feiertage als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung zu schützen. Es besteht auch keine Vergleichbarkeit zwischen dem Einkauf in den streitgegenständlichen Verkaufsmodulen und den auch sonn- und feiertags durchgängig möglichen Onlinebestellungen. Insbesondere hat der Onlinebestellvorgang keinerlei Außenwirkungen und ist daher nicht geeignet, die Sonn- und Feiertagsruhe der übrigen Bevölkerung zu beeinträchtigen.

Mehr zum Thema:

Kurzbeitrag:
BGH: Nur wirksame Verordnung kann Sonntagsöffnung von Geschäften legitimieren
René Rosenau, IPRB 2023, 154

Rechtsprechung:
Verfassungskonforme Auslegung der Ermächtigung zu Sonntagsöffnungen nach § 6 Abs. 1 Satz 1 BerlLadÖffG
BVerwG vom 16.03.2022 - 8 C 6.21

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 08.01.2024 16:10
Quelle: VGH Kassel PM Nr. 1 vom 4.1.2024

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