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Aktuell im ArbRB

Gewinnung von Fachkräften durch Vereinbarung eines besonderen Entlassungsschutzes - Welche vertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten bei der Probezeit und beim Kündigungsschutz gibt es? (Kleinebrink, ArbRB 2023, 185)

Arbeitgebern fällt es zunehmend schwer, gute Mitarbeiter zu bekommen. Ursache hierfür ist u.a. die demografische Entwicklung und der allgemeine Fachkräftemangel. Eine Möglichkeit, um für Bewerber attraktiver zu werden, besteht darin, ihnen bei der Gestaltung des Arbeitsvertrags entgegenzukommen und z.B. einen verbesserten Kündigungsschutz anzubieten. Bei den vertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten muss danach unterschieden werden, ob es sich um einen unbefristeten oder befristeten Vertrag handelt.

I. Unbefristetes Arbeitsverhältnis
1. Entfall oder Verkürzung einer Probezeit
a) Absehen von einer Probezeit
b) Verkürzung einer Probezeit
2. Begründung eines Kündigungsschutzes
a) Verkürzung der Wartezeit
b) Ausschluss der Wartezeit
c) Vereinbarung eines Kündigungsschutzes im Kleinbetrieb
3. Verstärkung eines bereits vorhandenen Kündigungsschutzes
a) Zeitlich begrenzter Ausschluss von fristgerechten Kündigungen
b) Zeitlich begrenzter Ausschluss bestimmter Kündigungsgründe
II. Befristetes Arbeitsverhältnis
1. Beibehalten des umfassenden gesetzlichen Schutzes zugunsten des Arbeitnehmers
2. Generelle Möglichkeit der ordentlichen Kündigung nur für den Arbeitnehmer
3. Möglichkeit der ordentlichen Kündigung nur für den Arbeitnehmer nach Ablauf einer Frist
III. Zusammenfassung


I. Unbefristetes Arbeitsverhältnis

Bei einem unbefristeten Arbeitsverhältnis sind insbesondere zwei Stellschrauben von Bedeutung, die es Arbeitgebern ermöglichen, arbeitsvertraglich einen Bewerber zu überzeugen, zu ihm zu kommen:

  • ein bisher nicht bestehender Kündigungsschutz kann begründet oder
  • ein bereits vorhandener Kündigungsschutz verstärkt werden.

Hiermit nicht zu verwechseln sind vertragliche Gestaltungen im Zusammenhang mit der Probezeit.

1. Entfall oder Verkürzung einer Probezeit
Nach § 622 Abs. 3 BGB kann während einer vereinbarten Probezeit, längstens für die Dauer von sechs Monaten, das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden. Tarifverträge sehen in vielen Fällen eine kürzere Dauer und/oder eine kürzere Kündigungsfrist vor.

Die Probezeit dient folglich nur dazu, für Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Kündigungsfrist zu verkürzen. Sie erweitert nicht den Kündigungsschutz des Arbeitnehmers. Entgegen einer in der Praxis weit verbreiteten Auffassung ist ein Entgegenkommen des Arbeitgebers bei der Probezeit aus Sicht des Bewerbers kein besonderer Vorteil.

a) Absehen von einer Probezeit
Eine Probezeit muss gesondert vereinbart werden. Unbedingt erforderlich ist sie im Arbeitsverhältnis aber nicht.

Beraterhinweis
Bei Vereinbarung eines Berufsausbildungsverhältnisses ist hingegen die Vereinbarung einer Probezeit zwingender Bestandteil des Vertrags. Nach § 20 BBiG beginnt das Berufsausbildungsverhältnis mit der Probezeit. Diese muss mindestens einen Monat und darf höchstens vier Monate betragen.

Sieht ein auf das Arbeitsverhältnis anwendbarer Tarifvertrag eine Probezeit vor, ist allerdings eine Verkürzung der Probezeit oder ein Verzicht auf sie nur dann nach § 4 Abs. 3 TVG zulässig, wenn der Tarifvertrag dies gestattet. Das in dieser Vorschrift geregelte Günstigkeitsprinzip greift nicht ein. Bei einer Verkürzung der Probezeit wird auch dem Arbeitnehmer die Möglichkeit genommen, das Arbeitsverhältnis mit einer...
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 04.07.2023 12:39
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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