Otto Schmidt Verlag

Aktuell im ArbRB

Hilfe mein beA klemmt! Die Ersatzeinreichung als Lösung - Anleitungen, Muster und nützliche Links zum Umgang mit Störungen (Mantel, ArbRB 2023, 188)

Was ist zu tun, wenn das beA nicht funktioniert: Darf ich das Dokument dann auf andere Weise einreichen? Wie oft bzw. innerhalb welcher Uhrzeiten muss ich versuchen, das Dokument elektronisch zu versenden? Und wie dokumentiere ich meine erfolglosen Übermittlungsversuche? Der Beitrag beantwortet diese und weitere praxisrelevante Fragen und stellt Musterformulierungen sowie nützliche Links zur Verfügung.

I. Voraussetzungen der Ersatzeinreichung
1. Störung technischer Art
a) Gesundheitliche Gründe
b) Bedienungsfehler
c) Sphäre der Störung bzw. Verschulden
2. Vorübergehende Störung
a) Vorhaltung erforderlicher Einrichtungen
b) Internetstörung bzw. Hotspot-Pflicht
c) Verlust der Passwörter bzw. der beA-Karte
d) „Vorschnelles Aufgeben“
aa) Rechtsprechung zum Fax
bb) Keine Übertragbarkeit der Rechtsprechung auf das beA
(1) Anzahl erforderlicher Übermittlungsversuche
(2) Übermittlungsversuche bis Mitternacht?
3. Dokumentation
II. Anforderung an die Ersatzeinreichung
1. Glaubhaftmachung
a) Anwaltliche Versicherung
b) Inhalt der Glaubhaftmachung
c) Zeitpunkt der Glaubhaftmachung
d) Muster
2. Nachreichen eines elektronischen Dokumentes
III. Fazit


I. Voraussetzungen der Ersatzeinreichung

Wenn das besondere Anwaltspostfach (beA) nicht funktioniert, ist die Ersatzeinreichung nach § 46 Satz 3 u. 4 ArbGG die Lösung. Voraussetzungen hierfür sind:

  • Es muss eine Störung technischer Art vorliegen,
  • diese muss nur vorübergehend sein und
  • aufgrund der Störung muss die Übermittlung unmöglich sein.

Beraterhinweis
Es kann enorm wichtig sein, Dokumente wirksam ersatzeinzureichen. Dies gilt insb. dann, wenn Fristen einzuhalten sind, bei denen keine Wiedereinsetzung möglich ist, z.B. Verjährungsfristen. Denn: Nur im Fall einer wirksamen Ersatzeinreichung zählt der Zugangszeitpunkt bei Gericht zur Wahrung der Frist (§ 167 ZPO).

1. Störung technischer Art
Die Störung muss technischer Art sein. Dies ist der Fall, wenn eine Störung der erforderlichen technischen Einrichtungen vorliegt, z.B. ein Serverausfall. Auch wenn das Kartenlesegerät ausfällt, liegt eine technische Störung vor, es sei denn, fehlende Updates sind hierfür ursächlich. Keine technische Störung liegt hingegen vor, wenn die Gründe für die Störung in der einreichenden Person liegen.

a) Gesundheitliche Gründe
Kann die funktionierende Technik aufgrund gesundheitlicher Gründe (z.B. Krankheit) nicht bedient werden, sieht der BGH hierin keine technischen, sondern persönliche Gründe.

b) Bedienungsfehler
In einem Bedienungsfehler sieht der VGH München ebenfalls keine Störung technischer Art.

In dem zu entscheidenden Fall suchte der Anwalt in der beA-Suchmaske nach „Verwaltungsgerichtshof“, Ort: „München“. Diese Suchanfrage war erfolglos, woraufhin der Anwalt den Schriftsatz per Fax einreichte. Der VGH führte aus, der Anwalt sei „aufgrund nicht ausreichender Schulung bzw. nicht hinreichender vorheriger autodidaktischer Befassung subjektiv nicht in der Lage (gewesen), die Übermittlung rechtzeitig vor Fristablauf umzusetzen. In diesem Fall liegt ein menschlicher und kein technischer Grund für das Scheitern der fristgemäßen elektronischen Übermittlung vor.“

Zur Auflösung: Der Anwalt hätte nach „Bayerischer Verwaltungsgerichtshof“ suchen müssen.

Beraterhinweis
Die Suche nach Justizbehörden ist teilweise schwierig und erfordert den genauen Namen. Bleibt Ihre Suche erfolglos, rate ich, vor den Suchbegriff ein „Sternchen“ (*) zu setzen. Dieses erweitert die Suche auf ähnliche Ergebnisse. Folgende Suchanfrage wäre erfolgreich gewesen: „*Verwaltungsgerichtshof“.

c) Sphäre der Störung bzw. Verschulden
Liegt eine technische Störung vor, spielt es keine Rolle, in wessen Sphäre die Störung liegt. Auch ein fehlendes Verschulden an der Störung ist nicht erforderlich, denn ein Ausfall der technischen Einrichtung soll Rechtssuchenden nicht zum Nachteil gereichen. Wer eine Störung aber bewusst provoziert, handelt rechtsmissbräuchlich.

2. Vorübergehende Störung
Die Störung muss von „vorübergehender“ Natur sein. Ob dies der Fall ist, ist im Einzelfall zu beurteilen.

a) Vorhaltung erforderlicher Einrichtungen
Für den Versand erforderliche Einrichtungen sind vorzuhalten. Strukturelle Mängel der IT-Infrastruktur und deren Einrichtung bewerten das Arbeitsgericht Frankfurt und das OLG Hamm in der Regel als nicht...
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 27.06.2023 14:48
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

zurück zur vorherigen Seite