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Aktuell im ArbRB

Cybercrime und Kurzarbeit - Zur Möglichkeit der Einführung von Kurzarbeit wegen eines Cyberangriffs (Schubert/Daub, ArbRB 2023, 155)

Der Beitrag geht der Frage nach, ob die Voraussetzungen der §§ 95 ff. SGB III zur Einführung von Kurzarbeit auch vorliegen können, wenn die Arbeit in einem Betrieb oder Betriebsteil durch einen Cyber-Angriff zum Stillstand kommt, und ob Kurzarbeit damit ein probates Mittel sein kann, um die wirtschaftlichen Einbußen eines Cyber-Angriffs abzufedern.

I. Der Begriff des Cyber-Angriffs
II. Kurzarbeit und Kurzarbeitergeld
III. Cyber-Angriff als Ursache eines „erheblichen Arbeitsausfalls“ i.S.d. § 96 Abs. 1 Satz 1 SGB III?

1. Unabwendbares Ereignis
a) Objektives Ereignis
b) Unabwendbarkeit – Cyber-Security-Compliance als Herausforderung
2. Vermeidbarkeit, § 96 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III
IV. Fazit


I. Der Begriff des Cyber-Angriffs

Die Bundesregierung definierte im Rahmen einer kleinen Anfrage der FDP zur wachsenden Bedrohung durch Cyber-Angriffe im Jahr 2019 den Begriff des Cyber-Angriffs als

„eine Einwirkung auf ein oder mehrere andere informationstechnische Systeme im oder durch den Cyberraum, der zum Ziel hat, deren IT-Sicherheit durch informationstechnische Mittel ganz oder teilweise zu beeinträchtigen“.

Wichtig ist hierbei, dass die bloße Beeinträchtigung der IT-Sicherheit häufig nicht alleiniges Ziel von Cyber-Angriffen ist. Meist wird es Angreifern darum gehen, durch die Beeinträchtigung der Sicherheit weitere Ziele zu erreichen, z.B. die Erlangung geschützter Informationen oder die Zahlung eines Lösegeldes.

II. Kurzarbeit und Kurzarbeitergeld
Sinn und Zweck des Kurzarbeitergelds ist die Erhaltung von Arbeitsplätzen bei Arbeitsausfällen in „ungünstigen Wirtschaftslagen“, welche die vorübergehende Verringerung der betriebsüblichen regelmäßigen Arbeitszeit mit entsprechender Entgeltkürzung erforderlich machen. Der individuelle Lohnausfall soll durch die solidarische Versicherungsleistung kompensiert werden und das Personal erhalten bleiben.

Die Gewährung von Kurzarbeitergeld unterliegt einem zweistufigen Verfahren:

1. Auf der ersten Stufe muss der Arbeitgeber oder die Betriebsvertretung den Arbeitsausfall gem. § 99 Abs. 1 SGB III anzeigen und die betrieblichen Voraussetzungen des Kurzarbeitergelds glaubhaft machen. Liegen diese Voraussetzungen vor, erteilt die zuständige Agentur für Arbeit dem anzeigenden Arbeitgeber unverzüglich den sog. Anerkennungsbescheid.

2. Diesem Anerkennungsverfahren schließt sich auf der zweiten Stufe das Leistungsverfahren an.

Beraterhinweis
Hierzu ist bei der Agentur für Arbeit ein Antrag auf Gewährung des konkreten Kurzarbeitergelds für die einzelnen Arbeitnehmer zu stellen. Dieses wird dann (grds.) im Anschluss entsprechend dem Antrag an den Betrieb ausgezahlt.

Die Anspruchsvoraussetzungen für das Kurzarbeitergeld folgen aus § 95 SGB III und werden in den §§ 96 bis 99 SGB III konkretisiert.

III. Cyber-Angriff als Ursache eines „erheblichen Arbeitsausfalls“ i.S.d. § 96 Abs. 1 Satz 1 SGB III?
§ 95 Satz 1 Nr. 1 SGB III fordert zunächst „einen erheblichen Arbeitsausfall mit Entgeltausfall“. Wann ein solcher vorliegt wird, definiert § 96 Abs. 1 Satz 1 SGB III. Erheblich ist der Arbeitsausfall danach, wenn ...
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 06.06.2023 11:10
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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