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Aktuell im ArbRB

Risiken und Nebenwirkungen einer Turboklausel - Wie unwiderruflich freigestellte Arbeitnehmer ggf. doppelt profitieren können (Schipp, ArbRB 2023, 149)

Sind sich die Parteien über eine Trennung einig, wird häufig eine sog. Turbo- oder Sprinterklausel vereinbart. Während der Freistellung kann der Arbeitnehmer aber auch schon bei einem anderen Arbeitgeber arbeiten, ohne die Freistellung vorzeitig zu beenden, so dass die Turboklausel ungenutzt bleibt. Kann der Arbeitnehmer dann doppelt verdienen und was wird aus dem Urlaub, der mit der Freistellung abgegolten werden sollte? Wer hier nicht aufpasst, kann Überraschungen erleben.

I. Üblicher Inhalt einer Turboklausel
II. Rechtliche Folgen einer Turboklausel

1. Unwiderrufliche Freistellung
2. Konkludente Anrechnungsvereinbarung
a) Auslegung einer Turboklausel
b) Konsequenzen für die Praxis
3. Urlaubs- und Freistellungsansprüche
a) Urlaub und Zeitguthaben während der Kündigungsfrist
b) Festlegung des Urlaubszeitraums durch Auslegung
c) Umgang mit Freistellungs- und Urlaubsansprüchen
III. Ergebnis


I. Üblicher Inhalt einer Turboklausel

Die Ausgangslage bei Verwendung einer Turboklausel ist regelmäßig dadurch geprägt, dass sich die Parteien über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses einig sind und bis zum Ablauf der Kündigungsfrist noch einige Zeit verbleibt, in der kein Arbeitseinsatz mehr erfolgen soll. Der Arbeitgeber stellt den Arbeitnehmer dann meist unwiderruflich frei.

Mit der Freistellung sollen regelmäßig zugleich noch offene Urlaubsansprüche und Ansprüche auf bezahlte Freistellung z.B. aus einem Stundenkonto erfüllt werden, ohne dass näher bestimmt wird, wann die zu bezahlende Freizeit genau gewährt werden soll.

Der Arbeitnehmer erhält das Recht, kurzfristig auszuscheiden, um ein neues Arbeitsverhältnis bei einem anderen Arbeitgeber begründen zu können. Um dafür einen Anreiz zu schaffen, wird die bis zum Ablauf der Kündigungsfrist noch offene Vergütung teilweise oder ganz kapitalisiert und als Abfindung ausgezahlt. Der Arbeitgeber erhofft sich hiervon auch gewisse Einsparungen, wenn von der vorzeitigen Lösungsmöglichkeit Gebrauch gemacht wird.

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Beispiel für eine Turboregelung

Die Parteien schließen folgenden Vergleich/Aufhebungsvertrag:

1. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endet aufgrund arbeitgeberseitiger, ordentlicher Kündigung vom ... mit Ablauf der Kündigungsfrist am xx.xx.202x.
2. Der Arbeitnehmer erhält bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung von x € brutto.
3. Der Arbeitnehmer wird bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unwiderruflich unter Anrechnung auf Urlaubsansprüche und unter Gewährung von Arbeitsstundenguthaben aus dem Guthabenkonto freigestellt. Die Freistellung erfolgt unter Fortzahlung der vereinbarten Vergütung.
4. Der Arbeitnehmer hat das Recht, das Vertragsverhältnis mit einer Frist von drei Tagen vorzeitig vor Ablauf der Kündigungsfrist durch einseitige Erklärung in Textform zu beenden. In diesem Fall erhält der Arbeitnehmer eine (zusätzliche) Abfindung i.H.v. x € für jeden vollen Monat der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
5. ...

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II. Rechtliche Folgen einer Turboklausel
Turboklauseln haben Auswirkungen auf eine Vielzahl von Rechten und Pflichten aus einem Arbeitsverhältnis. Sie betreffen u.a. den Vergütungsanspruch, die Arbeits- und Beschäftigungspflicht, Urlaubs- und Freistellungsansprüche, den Beendigungszeitpunkt des Arbeitsverhältnisses und Abfindungsansprüche.

1. Unwiderrufliche Freistellung
Die Bedeutung einer unwiderruflichen Freistellung wird dabei häufig unterschätzt. Die Freistellung hat zur Folge, dass der Arbeitnehmer ...
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 23.05.2023 17:26
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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