Otto Schmidt Verlag

Thüringer LAG v. 3.4.2023 - 4 Ta 33/23

Bei bewilligter PKH kann die Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten nicht wegen Mutwilligkeit verweigert werden

Wegen Mutwilligkeit i.S.v. § 114 Abs. 2 ZPO kann PKH insgesamt abgelehnt werden, nicht aber bei grundsätzlicher Bewilligung allein die Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten. In Nichtanwaltsprozessen richtet sich die Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten bei grundsätzlich bewilligter PKH allein nach § 121 Abs. 2 ZPO und damit nach dem Kriterium der Erforderlichkeit der Beiordnung. Die Frage der Erforderlichkeit darf nicht ausschließlich auf eine Beurteilung des Verhältnisses von Streitwert und Kostenrisiko reduziert werden.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin beantragte schriftlich beim ArbG Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten für eine Drittschuldnerklage über einen Betrag i.H.v. rd. 100 €. Gleichzeitig überreichte sie die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Hintergrund war eine Forderung familienrechtlichen Ursprungs (Trennungsunterhalt).

Das ArbG bewilligte PKH ohne Ratenzahlung und lehnte die Beiordnung der Anwältin ab mit der Begründung, diese Beauftragung eines Rechtsanwaltes zur Rechtsverfolgung sei mutwillig. Das ArbG half der gegen diesen Beschluss gerichteten sofortigen Beschwerde der Klägerin nicht ab und legte die Sache dem LAG vor. Dieses half der Beschwerde ab.

Die Gründe:
Der Klägerin ist, da PKH grundsätzlich rechtskräftig bewilligt ist, ihre Prozessbevollmächtigte als Rechtsanwältin gem. § 121 Abs. 2 ZPO beizuordnen, weil die Beiordnung erforderlich erscheint; die Frage der Mutwilligkeit i.S.v. § 114 Abs. 2 ZPO ist dabei unbeachtlich.

Wegen Mutwilligkeit i.S.v. § 114 Abs. 2 ZPO kann PKH insgesamt abgelehnt werden, nicht aber bei grundsätzlicher Bewilligung allein die Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten. In Nichtanwaltsprozessen richtet sich die Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten bei grundsätzlich bewilligter PKH allein nach § 121 Abs. 2 ZPO und damit nach dem Kriterium der Erforderlichkeit der Beiordnung. Die Frage der Erforderlichkeit darf nicht ausschließlich auf eine Beurteilung des Verhältnisses von Streitwert und Kostenrisiko reduziert werden.

Im Rahmen der Erforderlichkeit spielt auch eine Rolle, ob ein Selbstzahler vernünftigerweise einen Prozessbevollmächtigten beauftragt hätte. Dabei ist von einem Selbstzahler auszugehen, der (ggf. unvernünftigerweise) die Rechtsverfolgung trotz Missverhältnisses von Streitwert und Kostenrisiko aufgenommen hätte. Eine Partei, die (ggf. unvernünftigerweise) eine Rechtsverfolgung trotz Missverhältnis von Streitwert und Kostenrisiko aufnimmt, wird vernünftigerweise versuchen, diese erfolgreich zu gestalten und bei nicht trivialen Prozesssituationen (hier: Drittschuldnerklage) einen Prozessbevollmächtigten hinzuziehen. In solchen Fällen kann ggf. PKH wegen Mutwilligkeit versagt werden, nicht aber bewilligt und die Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten deshalb abgelehnt werden.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 24.04.2023 16:49
Quelle: Rechtsprechungsdatenbank Thüringen

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