Otto Schmidt Verlag

LAG Düsseldorf v. 6.2.2023 - 4 Ta 27/23

Streitwert: Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit einer Betriebsratswahl

Ist gem. § 19 Abs. 1 BetrVG beantragt worden, die Wahl für unwirksam zu erklären, so ist der Antrag in der Regel dahin auszulegen, dass die Wahl unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt, d.h. sowohl dem ihrer Nichtigkeit als auch dem ihrer Anfechtbarkeit überprüft werden soll. Der ausdrücklich gestellte Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit einer Betriebsratswahl hat keinen höheren Wert als das Anfechtungsverfahren.

Der Sachverhalt:
Der Verfahrensbevollmächtigte des hier maßgeblichen Betriebsrats wandte sich gegen den Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 12.1.2023. Darin hat das Gericht den Gegenstandswert für das Verfahren, dass die Feststellung der Nichtigkeit der Wahl des 17-köpfigen Betriebsrats, hilfsweise ihre Anfechtung, zum Gegenstand hatte, auf 30.000 € festgesetzt. Dabei hat es im Ausgangspunkt den doppelten Hilfswert gem. § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG zugrunde gelegt und für jede Steigerungsstufe nach der Staffelung der § 9 BetrVG bis zu 17 Betriebsratsmitglieder (8 Stufen) jeweils den halben Hilfswert (8 x 2.500 € = 20.000 €).

Die Beschwerde machte unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BAG vom 17.10.2001 - 7 ABR 42/99 - geltend, dass im Falle der beantragten Feststellung der Nichtigkeit der Wahl im Ausgangspunkt ein weiterer Hilfswert zugrunde zu legen sei. Zudem handele es sich um eine besonders schwierige und aufwendige Angelegenheit, da die antragstellende Arbeitgeberin ihre Anträge auch auf die Verkennung des Betriebsbegriffs gestützt habe. Bei der bestehenden verzweigten Organisationsstruktur mit mehreren Betriebsstätten größerer Art handele es sich zumindest um eine schwierige Angelegenheit, die eine Erhöhung des Ausgangswertes rechtfertige.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Das LAG hat sie zurückgewiesen.

Die Gründe:
Eine Erhöhung des Gegenstandwertes war nicht veranlasst.

Für den Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit der Betriebsratswahl war ein zusätzlicher Betrag im Verhältnis zur bloßen Anfechtung der Betriebsratswahl nicht anzusetzen. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern des LAG Düsseldorf und steht im Einklang mit den Empfehlungen des Streitwertkatalogs (dort Ziffer II.13).

Der gegenteiligen und nicht näher begründeten Auffassung des BAG in der Entscheidung vom 17.10.2001 - 7 ABR 42/99 - kann nicht gefolgt werden. Die Geltendmachung der Nichtigkeit der Wahl ist zu jeder Zeit in jeder Form möglich. Sie ist nicht an ein bestimmtes gerichtliches Verfahren gebunden. Ist gem. § 19 Abs. 1 BetrVG beantragt worden, die Wahl für unwirksam zu erklären, so ist der Antrag in der Regel dahin auszulegen, dass die Wahl unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt, d.h. sowohl dem ihrer Nichtigkeit als auch dem ihrer Anfechtbarkeit überprüft werden soll. Aus diesem Grund ist es nicht gerechtfertigt, für den ausdrücklich gestellten Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit einen höheren Wert als für das gewöhnliche Anfechtungsverfahren festzusetzen.

Soweit die Beschwerde geltend gemacht hatte, dass das Verfahren besonders schwierig bzw. aufwendig gewesen sei, rechtfertigte dies im vorliegenden Fall ebenfalls keine Erhöhung des Wertes. Zum einen sehen weder die Rechtsprechung der Beschwerdekammern noch der Streitwertkatalog eine derartige Erhöhung vor. Ob sie im Rahmen von § 23 Abs. 2 Satz 2 RVG gleichwohl im Einzelfall geboten ist, konnte dahinstehen. Denn zum anderen konnte vorliegend aus der maßgeblichen Sicht bei Antragseingang eine solche Schwierigkeit bzw. ein solcher Aufwand nicht festgestellt werden.

Auch wenn die Schriftsätze im Umfang durchaus auf einen gewissen Schwierigkeitsgrad hindeuteten, war dieser nicht so außergewöhnlich, dass eine Anhebung angezeigt wäre. Dabei war zu berücksichtigen, dass die Wertfestsetzung stets an eine Pauschalierung der anwaltlichen Gebühren mit sich bringt und in dem einen Fall günstig, in dem anderen Fall ungünstig ausfallen kann. Das Argument, dass nicht nur die üblichen Wahlfehler, sondern auch eine fehlerhafte Betriebsabgrenzung als Anfechtungsgrund angeführt war, konnte nicht tragen. In vielen Anfechtungsfällen wird die unzutreffende Erfassung der Betriebsabgrenzung als Anfechtungsgrund angeführt. Darin liegt kein außergewöhnlicher Umstand.  Das Verfahren auf Betriebsabgrenzung gem. § 19 Abs. 2 BetrVG wird sogar geringer bewertet als das Wahlanfechtungsverfahren nach § 19 Abs. 1 BetrVG (im Ausgangspunkt nur der einfache Hilfswert).

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 14.04.2023 11:04
Quelle: Justiz NRW

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