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Aktuell im ArbRB

Verjährung von Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüchen (Oberthür, ArbRB 2023, 112)

Das Urlaubsrecht ist vollumfänglich unionsrechtlich überformt. Dies bringt eine seit Jahren anhaltende Fortentwicklung des nationalen Urlaubsrechts mit sich, die sich mit dem bloßen Blick ins Gesetz nicht mehr annähernd erkennen lässt. Kürzlich hat deshalb Ralf Steffan an dieser Stelle (ArbRB 2022, 381) ein Update zum Urlaubsrecht gegeben. Die dort erst angerissene Frage der Verjährung von Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüchen nach der Entscheidung des EuGH vom 22.9.2022 (C-120/21) hat der 9. Senat des BAG nunmehr für das nationale Urlaubsrecht beantwortet. Grund genug für ein kurzes Update zum Update.


1. Ausgangspunkt: EuGH vom 22.9.2022 – C-120/21

2. BAG v. 20.12.2022 – 9 AZR 266/20: Verjährung des Urlaubsanspruchs

a) Grundsatz: Gesetzliche Verjährungsfrist

b) Hinweispflicht des Arbeitgebers

c) Verknüpfung von Verjährung und Hinweispflicht

3. BAG v. 31.1.2023 – 9 AZR 456/20: Verjährung des Urlaubsabgeltungsanspruchs

a) Grundsatz: Gesetzliche Verjährungsfrist

b) Zumutbarkeit der Geltendmachung

4. BAG v. 31.1.2023 – 9 AZR 244/20: Verfall des Urlaubsabgeltungsanspruchs

5. Fazit


1. Ausgangspunkt: EuGH vom 22.9.2022 – C-120/21

Auf die Vorlage des BAG vom 29.9.2020 hat der EuGH entschieden, dass Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG und Art. 31 Abs. 2 GRCh (Grundrechte-Charta) dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, nach der der Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub nach Ablauf einer Frist von drei Jahren verjährt, deren Lauf mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem dieser Anspruch entstanden ist, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht tatsächlich in die Lage versetzt hat, diesen Anspruch wahrzunehmen.

Der Gerichtshof knüpft damit an seine bisherige Rechtsprechungslinie an, nach der Urlaubsansprüche durch Zeitablauf nur dann entfallen können, wenn der Arbeitnehmer in voller Kenntnis seiner Ansprüche untätig bleibt und den Urlaub verfallen lässt.

Fehlt es an dieser Kenntnis, die der Arbeitgeber durch die Erfüllung seiner Hinweispflichten aktiv vermitteln muss und auch nicht anderweitig relativieren darf, können Urlaubsansprüche nicht verfallen – nicht aufgrund der gesetzlichen Systematik der Befristung von Urlaubsansprüchen auf das Kalenderjahr und auch nicht aufgrund gesetzlicher Verjährungsfristen.

2. BAG v. 20.12.2022 – 9 AZR 266/20: Verjährung des Urlaubsanspruchs

a) Grundsatz: Gesetzliche Verjährungsfrist


Der 9. Senat des BAG hat diese Rechtsprechung aus Luxemburg nunmehr umgesetzt. Demnach unterliegt der gesetzliche Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub grundsätzlich der gesetzlichen Verjährung. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB beginnt gem. § 199 Abs. 1 BGB grundsätzlich mit dem Schluss des Jahres, in dem (...)
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 12.04.2023 09:58
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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