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Private Smartphone-Nutzung am Arbeitsplatz - Ein Kündigungsgrund? (Laber, ArbRB 2023, 54)

Man kennt das ja: Nur kurz eine WhatsApp-Nachricht zwischen zwei Dienstbesprechungen lesen, die E-Mails checken oder schnell einen Blick auf Instagram und Facebook werfen. Dann ist der Akku leer und das Handy wird im Betrieb aufgeladen. Eine solche private Nutzung des Smartphones am Arbeitsplatz ist für die meisten Beschäftigten völlig normal. Gleichwohl: Ist das auch erlaubt? Und kann die private Nutzung des Smartphones am Arbeitsplatz gar ein Kündigungsgrund sein?

I. Umfang und Grenzen der Privatnutzung
1. Ausdrückliches Nutzungsverbot
a) Mitbestimmungsrechte
b) Rechtsfolgen von Verstößen
aa) Abmahnung
bb) Kündigung
2. Ausdrückliche Nutzungserlaubnis
3. Konkludente Erlaubnis bzw. Duldung
4. Fehlen einer Nutzungserlaubnis
II. Heimliche Aufnahme von (Personal-)Gesprächen
III. Aufladen des Smartphones am Arbeitsplatz
IV. Fazit


I. Umfang und Grenzen der Privatnutzung

Arbeitnehmer sind arbeitsvertraglich verpflichtet, ihren Aufgaben unter Einsatz ihrer vollen Leistungsfähigkeit ordnungsgemäß, d.h. insb. konzentriert und sorgfältig nachzugehen. Damit ist es unvereinbar, wenn ein Arbeitnehmer während seiner Arbeitszeit seine Tätigkeit unterbricht, um über sein Smartphone private Dinge zu regeln. Nach einem Beschluss des LAG Rheinland-Pfalz gehört es deshalb zu den selbstverständlichen Pflichten eines jeden Arbeitnehmers, während der Arbeitszeit von der aktiven und passiven Nutzung des Handys abzusehen.

1. Ausdrückliches Nutzungsverbot
Um den von der übermäßigen Nutzung von Smartphones ausgehenden Problemen – insb. eine fehlende Äquivalenz von erbrachter Arbeitsleistung und Vergütung und Schlechtleistungen infolge mangelnder Konzentration – vorzubeugen, können Arbeitgeber im Rahmen ihres Direktionsrechts (§ 106 GewO) grds. die aktive und passive private Nutzung von Smartphones während der Arbeitszeit untersagen.

Beraterhinweis
Der Arbeitgeber darf die private Nutzung des Smartphones nur während der Arbeitszeit und nur innerhalb der Betriebsräume untersagen. In den Pausen ist dies nicht möglich, da der Arbeitgeber kraft seines Direktionsrechts allein den Arbeitsprozess bestimmen kann. In den Pausen gibt es keinen Grund, das Smartphone grds. zu verbieten. Um den Interessen der Arbeitnehmer ausreichend Rechnung zu tragen, sollte zudem sichergestellt werden, dass deren Erreichbarkeit in kritischen Situationen (z.B. familiäre Notfälle) gewährleistet ist. Insoweit genügt aber bereits eine Erreichbarkeit über die Telefonanlage des Arbeitgebers.

a) Mitbestimmungsrechte
Nach zutreffender Auffassung unterliegt ein solches generelles Verbot des Arbeitgebers, während der Arbeitszeit private Smartphones zu nutzen, als bloße Weisung, die bei der Erbringung der Arbeitsleistung selbst zu beachten ist, nicht dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG.

Beraterhinweis
Möchte der Arbeitgeber hingegen bereits verbieten, Smartphones in den Betrieb mitzubringen, so besteht ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gem. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Entsprechendes gilt auch für die Weisung, Smartphones außerhalb des Arbeitsplatzes, etwa in einem Spind, aufzubewahren.

b) Rechtsfolgen von Verstößen
Liegt ein ausdrückliches Nutzungsverbot vor, so stellt die unzulässige Privatnutzung während der Arbeitszeit eine Verletzung der arbeitsvertraglichen Hauptpflicht, nämlich der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung, dar. Darüber hinaus verletzt der Arbeitnehmer dadurch auch seine Pflicht zu vertragsgetreuem Verhalten, was insbesondere im Rahmen einer vorzunehmenden Interessenabwägung regelmäßig zu seinen Lasten zu berücksichtigen ist.

aa) Abmahnung
Derartige Pflichtverletzungen kann der Arbeitgeber abmahnen und je nach Schwere und Dauer auch zum Anlass für eine verhaltensbedingte Kündigung nehmen. Die Pflichtverletzung des Arbeitnehmers wiegt dabei umso schwerer, je mehr er aufgrund der privaten Nutzung des Smartphones seine Arbeitspflicht in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht vernachlässigt. Entscheidend ist, dass sich der Arbeitnehmer die Zeiten, die er verbotswidrig am Arbeitsplatz mit privaten Dingen verbringt, als Arbeitszeit vergüten lässt. Soweit ein eindeutiges Nutzungsverbot besteht, kann eine Abmahnung entbehrlich sein, wobei es jedoch stets auf den Einzelfall ankommt.

bb) Kündigung
Soweit eine Verhaltensänderung trotz Abmahnung nicht anzunehmen ist, kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis sofort kündigen. In Ausnahmefällen erscheint sogar eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt. Diese kommt insb. in Betracht, wenn es nicht nur um eine pflichtwidrige private Nutzung geht, sondern der Arbeitnehmer gleichzeitig einen Straftatbestand verwirklicht hat oder wenn eine besonders exzessive Nutzung vorliegt. Eine solche exzessive Nutzung hat die Rechtsprechung bejaht, wenn sie dem Arbeitnehmer phasenweise keinen Raum mehr für...
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 21.02.2023 16:54
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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